Akt 1:

Schöne neue Welt:

 

Teilnehmende Abenteurer:

Garoth MacThorne (Ljosgard, Mensch, Alba, Hexenjäger, Grobschmied),

Armadia (Ljosgard, Mensch, Alba, Wildläuferin, Jägerin),

Lathana Tyrell (Ljosgard, Mensch, Alba, Bardin, Botin),

Thorandor (Ljosgard, Mensch, Alba, Schamane, Wirt)

 

Ljosgard (Midgard): Alles begann in dem kleinen und scheinbar unbedeutenden Weiler Goldmoor. Dieser gehört bis heute zum Clangebiet der MacTurics, welcher vom nahe gelegenen Burgherrn Regis MacTuric geführt wird. Dieser raue und weitestgehend naturbelassene Landstrich liegt weit im Norden Albas, etwas oberhalb des Flusses Devern und noch an den Ausläufern des Pengannion-Massivs gelegen. Es ist Hochsommer und das dritte Jahr in Folge herrscht über weite Teile des Nordens eine extreme Dürre an.

An der Türe des Grobschmieds Garoth klopft es. Es waren zwei Wachen des hiesigen Fürsten, welche die Steuern eintreiben wollten. Zu aller erst wunderte sich Garoth über die gestiegenen Steuern und versuchte verzweifelt diese mit der Begründung zurzeit weniger Einnahmen erzielt zu haben zu unterschlagen. Doch es half nichts. Aufgrund der Dürre waren scheinbar auch die Ausgaben des fürstlichen Domizils gestiegen, was die Steuererhöhung rechtens machte. Garoth gab schließlich nach und zahlte brav seine Steuern. Die Wachen verschwanden daraufhin wieder.

Etwas später in der Wirtsstube, die von Torandor geführt wurde, trank die stumme Waldläuferin Amadia genüsslich ein Bier zu ihrer Mittagspause. Auch hier traten nun die Steuereintreiber ein und verlangten die Gelder für den Fürsten. Als diese wieder gingen beschwerten sich zwei der Dörfler, der Schäfer Henri und Weber Noel, über die gestiegenen Kosten. Sie wehklagten, dass ihre Einkünfte zurzeit hinten und vorne nicht ausreichen würden. Amadia hatte Mitleid mit ihnen und überreichte ihnen ein wenig Geld aus ihrer eigenen Tasche. Auch wenn beide ihre Spende zu Beginn nicht annehmen wollten, so bestand die Waldläuferin doch darauf.

Wenig später ging Amadia dann wieder ihrer eigentlichen Arbeit nach. Sie schlich durch den Wald und verfolgte unauffällig einem Reh, bis sie es mit ihrem Bogen erlegen könnte. Als sie dann dabei war das Reh noch vor Ort auszunehmen, preschte ein sehr groß gewachsener Wolf an ihr vorbei und rannte zum nahe gelegenen See. Amadia ließ ihre Beute links liegen und verfolgte den Wolf. Aus einem sicheren Versteck konnte sie beobachten, wie der Wolf auf zwei Dörfler zu schnellte und das ihr bekannte Mädchen Libella mit seinem Maul packte und daraufhin tiefer in den Wald eilte. Amadia sprang sofort auf und rannte zu der anderen Person herüber. Es war Libellas Vater Harold. Amadia deutete ihm in Richtung des Dorfes. Er sollte Hilfe holen und jagte dann dem Wolf hinterher. Durch dichtes Gestrüpp immer tiefer in den Wald verfolgte sie ihm. Doch eines kam Amadia sehr merkwürdig vor. Auf dem Weg waren keine Blutspuren zu sehen. Allem Anschein nach hatte der Wolf Libella nicht gebissen.

Im Dorf schlug Harold hektisch und außer Puste die Türe zur Schankstube auf und keuchte den Anwesenden den Vorfall vor. Schnell fanden sich einige Freiwillige, die mutig ihre Unterstützung anboten. Es waren der Grobschmied Garoth, die fürstliche Botin Lathana und der Schankwirt der Stube und Schamane Thorandor. Schnell packten sie ihre Habe und rüsteten sich aus, damit Libellas Vater ihnen den Weg weisen konnte.

Unterdessen verfolgte Amadia den großen Wolf bis zur ehemaligen und verbarrikadierten Mine. Das Betreten dieses Bereichs wurde laut den Bestimmungen, welche Fürst Regis Vater einst erlassen hatte, mit dem Tode bestraft, weshalb alle Untertanen sich bis heute diesem Erlass fügten. Doch von der ehemaligen Barrikade, die einst den Eingang verschlossen hielt war nicht mehr viel übrig. Und es schien fast so, als wäre diese von innen her aufgesprengt worden. Da der Wolf mit Libella ins Innere der alten Mine eilte, musste Amadia ihm folgen, trotz Androhung der Todesstrafe. Doch sie hatte leider kein Licht dabei und es wäre auch mehr als unüberlegt sich in der absoluten Finsternis einem Wolf alleine zu stellen. Vor Ort suchte sie verzweifelt nach Materialien, um sich eine improvisierte Fackel herzustellen, aber fand keine.

Wenig später kamen Harold und seine Unterstützer am See, dem Ort des Vorfalls, an. Während sie nach Spuren suchten kam ihnen bereits Amadia entgegen. Sie bat die Gruppe noch um ein wenig Geduld, um Fackeln von einem ihrer in der Nähe gelegenen Hochsitze zu holen und wies ihnen dann den Weg zum Versteck des Wolfs.

Dann kamen sie gemeinsam an der stillgelegten Mine an. Keiner verschwendete Zeit mit den Gedanken an die ihnen drohenden Strafen. Als sie ihre Fackeln dann entzündeten, begaben sie sich gemeinsam ins Innere. Doch bereits nach kürzester Zeit gabelte sich der Weg vor ihnen. Amadia deutete die Spuren am Boden und somit schlugen sie den rechten Durchgang ein. Dieser endete in einem Abstieg mit einer Leiter in die Tiefe. Obwohl Amadia kurz haperte, da sie überlegte, wie es einem Wolf möglich war eine Leiter zu steigen, so waren doch die Spuren am Boden eindeutig. Sie stiegen herab und fanden sich in einer etwas größeren Höhle wieder. Dort stand ein massives hölzernes Pumpenrad, welches der Entwässerung von Grundwasser diente. Da es außer Betrieb und nicht mehr gewartet war, stand es still, sodass die tieferen Ebenen dieser Mine mit Wasser vollgelaufen waren. Es fiel ihnen schwer, wenn nicht unmöglich, den Spuren zu folgen, da der Boden aufgewühlt war. Sie entschieden sich vorerst getrennt die Gänge zu inspizieren. Dabei fiel ihnen auf, dass an den Wänden überall etwas golden im Schein ihrer Fackeln glitzerte. Schnell war ihnen klar, dass dies einst eine Goldmine war. Doch warum hatte man diese Mine stillgelegt, wenn deren Ressourcen noch nicht erschöpft waren? Dann schließlich fanden sie am Ende eines der Gänge eine Ziegelwand, in der ein Loch klaffte. Und schon wieder stellte man sich eine Frage: Warum hatte man einen Gang hier versiegelt? Um etwaige Verletzungen durch lose und plötzlich herunterfallende Ziegel zu vermeiden, vergrößerten sie kurzerhand das Loch mit den hier herum liegenden Spitzhacken, ehe sie weiter voran drangen.

So folgten sie diesem Stollen eine ganze Weile, bis sie urplötzlich vor einer noch gut erhaltene reich verzierte Flügeltüre standen. Leise öffneten sie diese und dahinter tat sich ihnen ein größerer Raum auf. Da vernahmen sie auch schon eine ihnen unbekannte Stimme, weshalb sie beschlossen ihre Fackeln zu löschen. Das war aber nicht weiter tragisch, da dieser Raum durch ein in der Mitte stehendes ungefähr vier Meter hohes, rundes Tor erhellt wurde, in dessen Mitte eine senkrechte Fläche aus Wasser schimmerte. Der Raum selbst war aus perfekt behauenen Steinen errichtet und von Säulenreihen zur Rechten und zur Linken gesäumt. Das merkwürdige und ansonsten schmucklose Tor stand an der Wand auf der gegenüber liegenden Seite des Eingangs, aus der sie kamen. Vor dem Tor wanderte ein gut gekleideter Mann hin und her und monologisierte lauthals vor sich hin, während die scheinbar unverletzte Libella voller Furcht auf dem Boden kauerte. Viel konnte die Gruppe aus dem schallenden Gerede dieses Fremden nicht verstehen, da er einen allen unbekannten albischen Dialekt sprach. Nur, dass jetzt der Moment für seine Rache gekommen war. Er würde diesem reinen Kind nun das Herz bei lebendigem Leibe heraus schneiden, um es seinem Mentor zu opfern, damit dieser ihm die Kraft gäbe, diesen „Typ“ von Bord zu jagen. Da dieser Fremde so selbstsicher vor sich hin monologisierte, hatte er die Gruppe Abenteurer scheinbar bis jetzt auch noch gar nicht bemerkt. Diesen Umstand nutzten sie aus, um sich weiter an den Fremden im Schutze der Säulen heran zu pirschen.

Dann verschwand der Fremde außer Sicht hinter einer anderen Säule. Noch ehe sie sich umschauten, kam aus einer der schattigen Nischen der große Wolf hervor gesprungen und verbiss sich blutrünstig in Garoth. Als die anderen gerade in Begriff waren ihrem Kameraden zur Hilfe zu eilen, verwandelte sich der Wolf binnen eines Augenblicks vor ihnen wieder in den aristokratisch gekleideten Fremden zurück. Er hatte natürlich die Anwesenheit der Gruppe bemerkt und versuchte dann die derzeitige Situation zu schlichten. So stellte er sich ihnen als Kapitän und Hexerkönig Angmar des Heljard-Inselreichs vor. Dies sagte jedoch niemandem etwas, obwohl er zu selbstsicher schien, als dass er ein Lügner wäre. Nach einigen gegenseitigen Anschuldigungen fing Angmar an darüber zu verhandeln, dass er auch gerne bereit wäre ein anderes Kind zu opfern, wenn sie es ihm brächten. Dann könnten sie das Mädchen gerne mitnehmen. Die Geduld der Gruppe platzte zeitgleich, sodass sie mit ihren Waffen, wie auf ein Signal hin zeitgleich losstürmten. Es entbrannte ein hitziger Kampf, in dem Angmar diesen unerfahrenen Abenteurern allerhand Zauber entgegen warf. Doch am Ende konnte auch er der geballten Macht und den zahlreichen Hieben nicht stand halten und erlag seinen multiplen Verletzungen schließlich. Harold rannte zu seiner Tochter und nahm sie in seine Arme. Er konnte nicht in Worte fassen, wie sehr er den Rettern seiner Tochter danken wollte und verließ daraufhin den Raum in Richtung Ausgang.

Nachdem die Bisswunde von Garoth versorgt war, untersuchte er den Leichnam von Angmar und fand hierbei einen Brief, welchen er an sich nahm. Derweil schauten seine Gefährten sich dieses Tor genauer an. Es schien aus einem ihnen unbekannten Metall erschaffen worden zu sein und wies keinerlei Spuren von Verzierungen oder Korrosion auf. Lathana näherte sich dieser senkrechten Wasserfläche und meinte dann salzige Meeresluft zu riechen. Dabei war das nächst gelegene Meer, die Waelingsee, doch bestimmt einen strammen Fußmarsch von fünf Tagen entfernt. Doch die salzige Luft schien direkt aus dem Tor zu kommen. Vorerst streckte Lathana ihre rechte Hand in das Nass, ehe sie ihren Gefährten zulächelte und dann hindurch schritt. Garoth, Thorandor und Amadia erschraken wegen ihrer Tat. Doch sie konnten die fürstliche Botin nicht allein einer Gefahr aussetzen. Also nahmen sie ihren Mut zusammen und folgten Lathana durch das Tor.

Myrkgard: Als sie die andere Seite des Tores verließen, fanden sie sich in einem dunklen, länglichen und hölzernen Raum ohne Fenster wieder. Der Raum schaukelte leicht – sie mussten sich wohl im Bauch eines Schiffs befinden. Der Boden war leicht klebrig und rutschig zugleich. Erst jetzt realisierten sie die Dutzenden von Leichen, die hier verstreut lagen und den mit Blut benetzten Boden.

Schnellen Schrittes eilten sie die kleine Treppe hinauf auf das Deck. Auch hier war der Boden gesäumt von Leichen. Doch am Bug erkannten sie einen in einer schwarzer Kutte gekleidete Mann mit Hut, welcher mit seiner rechten Hand einen Matrosen am Halse packte und diesen mit Leichtigkeit würgend in die Luft hievte. Verwirrt von dieser Situation versuchten die Abenteurer, nachdem sie sich zu erkennen gaben, den Schwarzen von seiner Tat abzubringen. Jedoch ohne Erfolg. Hämisch grinsend brach der Schwarze das Genick des Matrosen und warf ihn über Bord, ehe er sich den Neuankömmlingen zuwandte. Förmlich stellte er sich dann in aller Seelenruhe und unbekümmert seiner Taten vor. Sein Name lautete Miriel und war Diplomat und Richter zugleich. Lachend gab er zu, beeindruckt von der Gruppe zu sein, da sie sich bis jetzt seinen Blicken entziehen konnten. Dafür wäre er so gnädig und würde sie am Leben lassen, damit sie auf diesem Schiff den Freitod wählen könnten. Denn mit nur vier Personen wäre es ihnen ohnehin unmöglich ein Schiff dieser Größe in einen sicheren Hafen zu steuern. Von einer Sekunde zur anderen sprossen Miriel zwei große schwarze Flügel an seinem Rücken und flog hinauf zu einer über diesem Schiff schwebenden schwarzen Galeere mit Doppelbug. Natürlich dachte keiner von ihnen an einen Freitod. Da sie aber auch keine weiteren Risiken eingehen wollten, beschlossen sie durch das Tor wieder in ihre Heimat zurück zu kehren.

Ljosgard: Wenige Augenblicke später befanden sie sich wieder im Säulenraum und beratschlagten, was nun zu tun sei. Da sich keiner von ihnen mit dieser Art von Tormagie auskannte und sie auch keinen Mechanismus zur Deaktivierung erkennen konnten, ließen sie vorerst vom Tor ab, in der Hoffnung, das Problem würde sich von allein beheben. Aber wenn man schon einmal ohne Zeugen in einer Goldmine war, dann dürfte man natürlich eine solche Gelegenheit nicht verstreichen lassen. So schnappten sie sich abermals die Spitzhacken und schlugen einen Sack voll Golderz aus den Wänden.

In Goldmoor angekommen, luden sie ihren Sack Golderz in der Schmiede von Garoth MacThorne ab. Dann beschlossen sie ihre Heldentat und ihren Sieg über einen scheinbaren Werwolf feiern zu wollen. Dafür lud sie Thorandor zu einen Umtrunk in seine Taverne ein.

Doch aus diesem kleinen Umtrunk wurde in Windeseile eine große Feier. Harold hatte nämlich in der Zwischenzeit einigen anderen Dorfbewohnern von den Rettern seiner Tochter berichtet, weshalb alle Gäste hellauf begeistert von den neuen Helden des Dorfes waren. Und der Gastraum war so gefüllt, wie er seit langer Zeit nicht mehr war. Harold bedankte sich tausend Mal bei ihnen am Abend und versprach, wenn sie sich für die Wahl des Dorfsprechers aufstellen lassen würden, dann würde seine Stimme ihnen gehören. Thorandor hatte diese in seinen Augen eher unwichtige Wahl schon längst vergessen, obwohl dieses Schreiben schon seit längerer Zeit an der Eingangstüre seiner Taverne heftete. Er sprang auf und setzte kurzerhand seinen Namen auf das Schreiben. Genau unter den Namen Ishas, des derzeitigen Dorfsprechers. Garoth folgte ihm, trug jedoch Amadias Namen ein.

Am darauf folgenden Tag untersuchte Garoth in seiner Schmiede das gefundene Golderz. Er kam aber zu dem Ergebnis, dass es sich um Katzen- oder Narrengold handelte und nahezu wertlos war (1). Darum ging er seiner gewohnten Arbeit nach, denn einige Auftragsarbeiten hatte er noch zu erledigen.

Nach vollendetem Tageswerk suchte Garoth Dorfsprecher Isha auf und zeigte ihm das bei Angmar gefundene Schreiben. Aber selbst Isha, welcher im Dorf als sehr gebildet galt, konnte nur wenig damit anfangen. Seiner Meinung nach war das Schreiben in einem merkwürdigen altvalianischen Dialekt geschrieben worden. Den Inhalt konnte er nur sehr schwer entziffern, nur dass es von der Überbringung von Maschinenöl (?) und irgendetwas mit einem Imperium und Hilfe von Verbündeten handelte. Isha entschuldigte sich daraufhin, weil er bei dieser Angelegenheit Garoth nicht besser helfen konnte.

Einige Tage später durchstreifte Amadia, wie an fast jedem Tag, die umliegenden Wälder, um nach dem Rechten zu sehen. Da erblickte sie in einiger Entfernung aus Richtung der Mine eine Frau und einen vor sich hin fluchenden Zwerg. Beide waren ungewöhnlich gekleidet, so wie Angmar und Miriel. Aus sicherer Distanz beobachtete sie die beiden Fremden vorerst nur.

In der Zwischenzeit beschloss Thorandor, welcher das andauernde Wehklagen der Bauern, als auch die anhaltende Hitze nicht mehr länger ertragen konnte, etwas gegen diese Sommerhitze und Dürre unternehmen. Da er neben seiner Tätigkeit als Wirt auch ein ausgebildeter Schamane war, ging er auf die umliegenden Felder und führte zu Ehren seines Totems einen Regentanz auf. Ein kalter Hauch umgab ihn daraufhin und so konnte er gewiss sein, dass sein Totem seine Bitte erhörte.

Mittlerweile war Amadia zu der Ansicht gelangt, das von den beiden Fremden, die sich im Wald herum trieben, keine Gefahr ausging. Daher verließ sie ihr Versteck und zeigte sich den Zweien. Nach einer kurzen Begrüßung stellten sie sich gegenseitig vor. Die Frau hieß Christine und der Zwerg hörte auf den Namen Barok. Sie erzählten, dass sie durch ein Tor in diese Welt kamen, welches sich im Bauch eines herrenlos treibenden Schiffes befand. Die Geschichte kam Amadia mehr als bekannt vor. Christine erzählte, dass sie mehr über diesen Ort, wo sie gelandet waren, herausfinden wollten und gegebenenfalls an einem Handel interessiert waren, während ihr zwergischer Begleiter nach dem Weg zum nächsten Gasthaus fragte. Trotz der etwas schwierigen Kommunikation, aufgrund des merkwürdigen Dialekts der beiden und der Stummheit der Waldläuferin, konnten sie sich doch irgendwie untereinander verständigen. So wies Amadia ihnen den Weg nach Goldmoor.

Garoth war gerade dabei einen großen Hammer zu schmieden, als er seinen Blick zum Waldes schweifen ließ. Dabei erspähte er seine Kumpanin Amadia in Begleitung zweier Fremder in Richtung des Dorfes ziehen.

Keine halbe Stunde später saßen Thorandor, Garoth, Lathana und Amadia gemeinsam mit Christine und Barok an einem Tisch der Taverne. Sie hatten sich sogleich bekannt gemacht. Nachdem Christine von dem Tor erzählte, gaben auch die Gefährten ihre Erfahrung mit dem Tor zum Besten, während der Zwerg vielmehr am hiesigen Bier Interesse zeigte und einen Humpen nach dem anderen vernichtete. Diese gegenseitigen Erzählungen führten aber schließlich zum gegenseitigen Vertrauen zwischen den beiden Parteien. Christine sagte, dass sie dem Widerstand angehörten und für die Befreiung ihrer Welt gegen das Valianische Imperium kämpften. Auch waren sie an Informationen über diese Ljosgard genannte Welt interessiert, denn schon der Landesname Alba sagte ihnen nichts. Zwar waren sie etwas erstaunt darüber, dass es Valian auch in dieser Welt gäbe, aber hier und jetzt Valian keine Kriege sondern Handelskontakte mit anderen Ländern pflegte. Garoth zeigte ihnen dann das bei Angmar gefundene Schreiben und Christine konnte ihnen einige Einzelheiten, welche darin genannt wurden, als auch ihre Erfahrungen auf Myrkgard erläutern. So waren die fliegenden schwarzen Galeeren die Hauptstreitmacht des Valianischen Imperiums gegen die freien Völker. Diese Galeeren galten als unbesiegbar und wurden nur mit hochrangigen Magiern und Beschwörern bemannt. Zudem waren die schwarzen Galeeren in der Lage mittels eines magischen Antriebs direkt und ohne Zeitverlust an die schwarzen Türme, die entlang der Grenzen des Imperiums errichtet worden waren, versetzt zu werden. Miriel war und ist bis zum heutigen Tag der Diplomat und Richter der Kolonien auf Vesternesse. Aufgrund seiner Taten würde er auch nur „der Schlächter“ genannt werden und seine Kräfte würden die Grenzen der menschlichen Vorstellungskraft sprengen. Bevor sie sich wieder in ihre Welt verabschiedeten fragte Christine noch nach einem Handel, da ihre Gruppierung einige Dinge dringend benötigte. Dazu gehörten Verpflegung, Holz, Leinenstoff, Pech, Schrauben und Werkzeuge. Obwohl Garoth ein Schmied war, war ihm der Begriff Schraube ein Rätsel. Doch Barok hatte in einer seiner Taschen ein Anschauungsobjekt dabei und übergab ihm diese Schraube. Da sie unterschiedliche Währungen hatten, einigte man sich auf eine Bezahlung in Form von Naturalien.

Noch am selben Abend schaute sich Garoth zuhause diese Schraube genauer an. Er hatte weder eine Ahnung, wofür man ein solches Ding eigentlich gebrauchen würde, noch wie er solch ein filigranes Gewinde herstellen sollte. Doch am besten ist immer noch learning by doing. Also heizte er sein Schmiedefeuer an und versuchte sich an dieser doch ungewöhnlich schwierigen Herausforderung.

Der nächste Tag brach herein. Thorandor suchte früh am Morgen das Haus des Webers Noel auf. Noel bekam beinahe einen Herzinfarkt, als ihm Thorandor erklärte seinen gesamten Vorrat an Leinenstoff aufkaufen zu wollen. Etwa zeitgleich ging Lathana zum Waldrand und fällte einen Baum. Die ganze erste Tageshälfte würde sie wohl damit verbringen das Holz für die Bestellung klein zu hacken. Nur gut, dass die Waldläuferin nichts davon mitbekam. Amadia nutzte nämlich die Zeit, um Nahrungsmittelvorräte im Wald aufzutreiben.

Nach dem Mittagessen bat Lathana Schäfer Henri um einen etwas größeren Gefallen. Doch einem der neuen Dorfhelden konnte er keinen Gefallen abschlagen. So gingen sie bewaffnet mit einem Karren voller Seil, einer Schaufel und Eimern zum unweit entfernten Moor. Lathana band das Seil um ihre Hüfte und watete in den Schlick hinein, während Henri das andere Ende des Seiles sicherte. Dann machte sie sich an die schmutzige Arbeit Pech aus dem Untergrund zu schaufeln und in die bereitstehenden Eimer zu füllen.

Am späten Nachmittag hatten alle die geforderten Vorräte neben dem Eingang der Taverne angehäuft und legten eine Pause im Inneren ein. Dann trafen Christine und Barok mit einer Hand voll Helfer bei ihnen ein. Sie bedankten sich bei ihnen für die Vorräte, auch wenn die von Garoth hergestellten Schrauben bei den Käufern keine Freude auslösten. Wie versprochen bezahlten sie die Abenteurer mit Naturalien, wie einem Fässchen mit zwei Kilogramm Tabak, zwei Flaschen Rum, einem großen, geschliffenen Rubin, einem Sextanten und fünf Kilogramm Salz.

Die Abenteurer baten ihre neuen Freunden aber noch bei dem Transport der Güter durch das Tor behilflich zu sein. Freudig nahmen sie diese Bitte an.

Myrkgard - politische Situation
Myrkgard - politische Situation

rot - gehört zum Valianischen Imperium

orange - Verbündete oder Pufferstaaten des Imperiums

 

Myrkgard: Abermals auf dem Schiff in der anderen Welt. Irgendwo im Golf der Blauen Wellen. Einige Helfer verfrachteten die Güter unter Deck, andere übergaben still die toten Matrosen dem Meer und reinigten die Oberflächen. Am Bug des Schiffes wurden Taue angelegt, welche zu einem anderen Großsegler führten und dort befestigt wurden. Der Widerstand hatte vor dieses schwer beschädigte Schiff in den Hafen von Herena zu bringen und dort wieder in Stand setzen zu lassen. Kleinere Reparaturen würden sie unterwegs schon erledigen. Bei der Insel Herena handelte es sich um ein eigenständiges Kleinkönigtum, welches dem Imperium gegenüber tributpflichtig war. Aber die Mitarbeiter der zuständigen Hafenbehörde würden gegen einen kleinen Obolus bei Mitgliedern des Wiederstandes gerne mal ein Auge zudrücken. Ansonsten hielte sich dieses kleine Reich mit dem An- und Verkauf von diversen Waren über Wasser. Der dort residierende König hieße Berian und wäre für seine teils unmenschlichen Herangehensweisen bekannt. Doch verließe er viel zu selten seine Festung, um zu wissen, was auf seiner Insel tatsächlich vor sich gehe.

An der Reling stehend und die untergehende Sonne beobachtend, erklärte Christine den Abenteurern diese Welt. Seit etwas über 800 Jahren befand sich diese Welt im Krieg mit dem Valianischen Imperium. Und dieses Imperium hatte mittlerweile beinahe alle Länder um das Meer der Fünf Winde besetzt. Zudem hätten die Valianer viele Verbündete. Das unabhängige Land Orcadu beispielsweise wird von Orks regiert, galt aber seit jeder als wichtiger Verbündeter des Imperiums und dient diesem auch als Pufferstaat gegen das Vereinte Königreich von Clanngadarn. Schon bei dem Gedanken daran, dass sich die verschiedenen Stämme der Twyneddin verbündeten und Clanngadarn vereinigt hatten, brachte Amadia einem Würgereiz nahe. Doch Christine erzählte weiter. Regem Eferu, Erainn auf Midgard, war großteils von Valian unterworfen worden. Die restlichen Landstriche wären daraufhin in hunderte von mehrheitlich unbedeutenden Fürstentümern zerfallen. Rawindra hieße hier auf Myrkgard Sritara, ein mit Valian verbündeter Staat unter Führung von Schlangenmenschen. Der Inselstaat Gismolok war ebenso ein wichtiger Verbündeter Valians unter der Herrschaft von Vampiren. Die Tegarische Steppe auf Sirao wurde weitestgehend entvölkert, da die Barriere zwischen der Totenwelt und der Welt der Lebenden dort zerbrach. Der Grund dieses Unglücks wurde bis heute nicht gelüftet. Im Norden der Welt existieren aber zwei Großreiche, die die Wissenschaften vorantrieben und sich mit aller Macht Valian entgegenstellten. Dabei handelte es sich um das Vereinte Königreich von Clanngadarn und um das Zweikronenreich. Im letzteren könnte aber keine Magie gewirkt werden, weshalb Valians Truppen dort seit Langem keine Offensiven mehr starteten. Schließlich setzte Valian bis heute auf die Kraft der Magier. Der Grund für diese Magielosigkeit im Zweikronenreich war eine gewaltige magische Eruption vor einigen Jahrhunderten während der Götterkriege. Neben der Magie wurden dabei auch die meisten Götter der Menschen und das gesamte Pantheon der Zwerge vernichtet. Aber niemals dürfte man einen Zwergen darauf ansprechen, da sie sehr ungehalten reagieren würden.

Zurzeit stoppte aber die Expansion Valians, da sie in den vergangenen Jahren erstaunlich viel Landgewinn hatten und sich nun um den Ausbau der Infrastrukturen kümmerten. Aber auch die kleineren freien Länder, auf die Valians Blick zurzeit nicht gerichtet wäre, litten unter dieser allgemein angespannten Lage. Sie würden im Schatten Valians in immer kleinere Fürstentümer zerfallen und zusehends auch an Macht verlieren, was auch an dem Einfluss von Valians Richtern und „Diplomaten“ läge. Als das alles noch nicht genug wäre, verfügte das Imperium über hunderte oder gar tausende von hochrangigen Magiern, die ganze Dämonenheere heraufbeschwören könnten. Doch am schlimmsten hätte es die Elfen getroffen, denn die Valianer liebten kandierte Elfenohren. Daher wären spezialisierte Elfenjäger immerzu auf der Jagd nach den Mitgliedern dieses langlebigen Volkes. Angeblich gäbe es auch Lager, in denen versucht werden würde Elfen zu züchten, um die hohe Nachfrage zu decken. Doch Christine hoffte, dass dies nur ein Gerücht war.

 

Akt 2:

Die dunkle Seite von Herena:

 

Teilnehmende Abenteurer:

Brandon MacBeorn (Ljosgard, Mensch, Alba, Händler, Kremer),

Marilyn MacManson (Ljosgard, Mensch, Alba, Waldläuferin, Bäuerin)

 

(Anmerkung: das Ende von Akt 2 spielt parallel zu Akt 3)

 

Ljosgard: Vor einigen Jahren lernte der Krämer Brandon MacBeorn auf einem seiner Verkaufstouren im Norden Albas die Bäuerin Marilyn MacManson kennen. Es war Liebe auf den ersten Blick und so kam es, dass sich Brandon bei Marilyn niederließ. Seitdem bewirtschafteten sie zu zweit ein kleines Gehöft in Goldmoor und hegten den Wunsch künftig den ewigen Bund der Ehe einzugehen.

In den vergangenen Tagen bemerkten sie jedoch, wie immer mehr Menschen aus ihrem Dorf in den Wald zur verbotenen Mine gingen. Darunter waren auch einige fremdländisch Gekleidete, die im Ort Handel trieben. Dazu gehörten auch die Waldläuferin Amadia, die fürstliche Botin Lathana, der Schmied Garoth MacThorne und auch der hiesige Ortssprecher Thorandor.

Von einem Tag auf den anderen war es aber dann doch ruhig geworden und beide dachten sich nichts dabei. Während Brandon dann an einem frühen Morgen Feuerholz für den kommenden Winter auf dem Hof hackte, bemerkte er den kleinen Unruhestifter Luis eilig in Richtung der Mine gehen.

Die Neugierde packte das künftige Paar und so folgten sie dem Dorfjungen zur ehemaligen Mine, verloren ihn dann aber aus den Augen. Vom Waldrand aus bei der Mine sahen sie, wie eine Schar Männer gerade den Bereich um die eigentlich gesperrte Mine rodeten. Zudem wurden aus dem Inneren des Stolleneingangs große Käfige nach draußen geschafft und dort aufgereiht. Aufgrund der Größe der Käfige schlussfolgerte Brandon, dass sie für Bären gemacht sein mussten.

Marilyn erinnerte sich an eine Geschichte ihres mittlerweile verstorbenen Großvaters (20). Dieser war vor langer Zeit hier als Bergarbeiter für den Vater von Fürst Regis MacTuric tätig. Eines Tages stießen sie bei der Errichtung eines neuen Stollens auf ein bereits bestehendes Gewölbe mit einer alten torähnlichen Konstruktion. Nach einem ihr unbekannten Zwischenfall ließ dann der damalige Fürst auf Anraten seines Beraters und Hofmagiers diese Mine sperren. Niemand der damals Eingeweihten durfte seitdem über diesen Fund berichten. Marilyns Vater hatte sich aber wohl nicht daran gehalten.

Als Marilyn diese Geschichte ihrem künftigen Gatten erzählte, meinte Brandon hinter einem Baum in einiger Entfernung eine Frau in einem rosafarbenem Kleid zu sehen. Als Brandon sie auf diese Frau aufmerksam machen wollte, war sie bereits verschwunden. War es nur eine Einbildung gewesen?

Beide beschlossen auf die Arbeiter zuzugehen und sie darüber in Kenntnis zu setzten, dass dies ein vom hiesigen Fürsten gesperrter Bereich wäre und sie nichts hier zu suchen hätten. Wie sollte es in dieser Situation anders kommen? Die Arbeiter überwältigten und fesselten die beiden und zerrten sie dann in das Innere der Mine. Beide verbrachten aneinander gefesselt einige Stunden in einem halb verschütteten Nebenraum des Säulenraumes. Durch einen schmalen Durchgang wanderte ihr Blick auf dieses eigenartige Tor, welches die Arbeiter bepackt mit Säcken voller Erz und Kisten mit Holz immerzu passierten.

Sie versuchten mehrere Male mit den fremden Arbeitern Kontakt aufzunehmen, jedoch wurden sie wie durch einen Befehl hin von ihnen strikt ignoriert. Als die Fremden zusammenpackten und ihre Arbeit niederlegten, wurden auch sie durch das Tor geführt.

Myrkgard: In Begleitung der Fremden kamen sie in einer großen Lagerhalle heraus. Danach wurden sie Wachleuten übergeben, die sie unsanft auf ein Fuhrwerk warfen. Und allmählich dämmerte es ihnen, dass sie sich nun in einer anderen Welt befanden. Das Fuhrwerk verließ diese Stadt und fuhr einige Zeit am Ufer eines Meeres entlang, bis sie eine andere Hafenstadt erreichten. Auch wenn diese Leute sich in einer dem albischen ähnliche Sprache unterhielten, so waren beide zu angsterfüllt, um ein Gespräch mit den Wachen zu suchen.

Das Fuhrwerk machte irgendwann vor einem großen und prunkvollen Gebäude halt. Es war das Gildenhaus von „Diener des Adels“, einer Sklavenjägergilde! Die Wachen trennten sie und führten sie dann hinein.

Brandon wurde in die Katakomben des Gildenhauses gebracht, von seinen Fesseln befreit und danach in eine Zelle mit anderen männlichen Gefangenen geworfen. Schnell lernte er seinen Mithäftling Barok gut kennen. Er war ein etwas ruppiger Zwerg, welcher nur davon sprach, was er am liebsten mit diesen Wachen anstellen würde. Gemeinsam planten sie ihre Flucht und setzten sofort ihren gehegten Plan in die Tat um. Einer der anderen Insassen, ein gut ausgebildeter Schauspieler, täuschte hervorragend eine Lebensmittelvergiftung vor. Die herbeieilende Wache rief zwei seiner Kollegen herbei und forderten die Insassen auf sich an die Rückwand der Zelle zu stellen. Sie kamen dieser Aufforderung nach und die Wachen schlossen das Verlies auf. Doch darauf waren sie vorbereitet und warfen ihre noch am Leib getragene Habe in Richtung der Türe, um das Zuschließen zu erschweren und überrumpelten im selben Moment die Wachen. Nachdem sie ihre Peiniger entwaffneten und in ihre alte Zelle sperrten, rüsteten sie sich in der nahen Wachstube aus.

Da nahezu alle Nebenräume verschlossen waren, schlichen sie ungesehen die Stufen ins pompöse Erdgeschoss empor. Brandon und Barok betraten leise eine Schreibstube, doch auch hier war niemand zu sehen. Allem Anschein nach waren die Bediensteten hier bereits in ihrem Feierabend. Brandon durchsuchte den Raum und stieß dabei auf ein überaus detailreiches Gemälde. Barok belehrte ihn, dass es sich hierbei nicht um ein Gemälde, sondern um eine Fotografie handelte. Aber davon hatte dieser noch nie etwas gehört, doch für ausschweifende Erklärungen war jetzt nicht die richtige Zeit. Bei ihrer Durchsuchung fand Barok schließlich einen Ordner, welchen ihn sehr interessierte. Darin befanden sich vertrauliche Geheimdienstunterlagen, die er kurz überflog.

 

Berichte von vor zwei Monaten:

Staat Virilia: Durch ein Attentat starb das amtierende Herrscherpaar. Ihre minderjährige Tochter Shelle trat in ihre Fußstapfen und wurde gekrönt. Direkt nach der Krönung gab sie bekannt, dass sie ihren Familiennamen Katunis ablegt und sich von nun an „von Virilia“ nennen würde. Dies war ein Name den jeder Bürger dieses Staates frei tragen durfte. Zudem rief sie eine Bildungs- und Kulturreform nach Vorbild Hassias aus.

Staat Orcadis: Der dortige Herrscher entsandte seine Händler in die Nachbarstaaten, um dort Eisen einzukaufen und Handelsverträge abzuschließen. Die meisten Herrscher waren aber an Handels-abkommen mit Orks nicht interessiert und ließen die Händler herauswerfen.

Staat Wyeningar: Die Staatsform dieses Landes war seither eine Magokratie. Doch im Gegensatz zu einer Demokratie waren hierbei nur der Magie fähige Bewohner wahlberechtigt. Nun hatte deren Regierung öffentlich und unter lautem Jubel der Bevölkerung eine Magiskratur ausgerufen. Eine Diktatur der Magier, die der Staatsform Valians ähnelte.

Staat Habirien: Eine schlimme Katastrophe ereignete sich ohne Vorwarnung inmitten einer der bevölkerungsreichsten Städte des Landes. Binnen eines Augenblicks kamen hierbei mehr als 10.000 Menschen zu Tode. Die Ursache bleibt weiterhin unklar. Humanitäre Hilfe erhielt Habirien sowohl von den freien Völkern, als auch von deren neutralen Partnern. Um der Ursache der Katastrophe auf den Grund zu gehen schickte das Valianische Imperium Beobachter ins Land. Zudem entsandte das Imperium zwei menschliche Legionen von Chryseia aus in die Nordlande, um Habirien und die angrenzenden Länder zu stabilisieren. Die Führung Prussias äußerte Bereitschaft zur Hilfe beim Wiederaufbau.

Gottesstaat Larinia: Die staatlichen Priesterinnen des Landes haben angefangen ihren Glauben nun auch in die angrenzenden Staaten zu tragen. Von verschiedenen Seiten aus wurde berichtet, dass Menschen von ihnen teils mit Zwang zum Konvertieren gebracht wurden. Auch von Hexenverbrennung war die Rede. Ob und wie weit Valian dieses Verhalten gegenüber Magiewirkern weiterhin toleriert oder akzeptiert kann noch nicht beantwortet werden.

Valianisches Imperium: Zeugen berichteten vom Aufstellen gewaltiger Dämonenhorden im chryseischen Zentralland. Vermutlich dient dieses Heer der Niederwerfung der bulugischen Stämme, damit Valian seine Herrschaftsansprüche im Süden weiter ausbauen kann.

Staat Prussia: Es herrschen viele Gerüchte um eine angeblich grassierende Seuche und hunderte von vermissten Personen. Leider liegen derzeit keine handfesten Beweise vor und die Oberhäupter Prussias dementierten entsprechende Behauptungen.

 

Aktuelle Berichte:

Staat Prussia: Das dritte Jahr in Folge führen prussische Universitäten und Unternehmen die Liste neuer Patente an. Es gibt auch Anzeichen dafür, dass nicht alle neue Erfindungen und Forschungsergebnisse veröffentlicht und dem Valianischen Imperium gemeldet werden. Bisher ist unbekannt, wie es zu diesem plötzlichen wissenschaftlichen Aufschwung kommen konnte. Es wird auch nicht mehr lange dauern, bis Prussia technologisch dem Zweikronenreich Konkurrenz machen wird. Vor kurzem kam es aufgrund von Grenzstreitigkeiten zu einem Gefecht mit dem Heer der Allianz freier Städte. Obwohl das prussische Heer 1:4 unterlegen war obsiegten sie. Auf der Seite der Allianz gab es keine Überlebenden, welche von der Bewaffnung des prussischen Heeres berichten konnten. Prussia schweigt weiterhin zu diesem Vorfall. Außerdem berichteten Fahrende Händler von prussischen alchemistischen oder magischen Apparaturen zum Bändigen von Feuer und Wasser. Zudem gab es mehrere Sichtungen eines großen Drachens in den Wolken. Trotz des Bündnisses mit dem Imperium scheinen viele valianische Gelehrte und Politiker aufgrund dieser vermehrten Vorkommnisse der Meinung zu sein, dass Prussia zu einer Gefahr werden könnte. Daher entsandten sie Beobachter ins Land. Zuletzt entsandte das Landwirtschaftsministerium Prussias vermehrt Händler in die Nachbarstaaten, um Gülle zur Bodendüngung wegen der teils verheerenden Trockenheit der vergangenen Jahre einzukaufen.

Valianisches Imperium: Mit seinem Teleskop entdeckte ein Astronom ein seltsames, baumartiges Gebilde im Empyrëum zwischen den Sternen. Seit der Erfindung des Teleskops wurde noch nie von einem Solchen Fund berichtet. Der Entdecker kann sich vieler Preise und Auszeichnungen sicher sein.

Stadtstaat Julista: Oberhaupt und Seherin Jul verkündete spontan die Abschaffung von Sklaverei und Sklavenhandel. Die ehemaligen Sklaven würden fortan als freie Bürger betrachtet werden und über die Vorteile aller Gesetze verfügen. Ihnen und deren ehemaligen Haltern würde der Stadtstaat in den kommenden Jahren großzügige finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, bis sich diese neue Gesellschaftsform vollends etabliert haben würde. Julista würde fortan nur noch Tributzahlungen in Form von Geld oder anderen Waren an Valian übergeben.

Königreich Faridun: Der amtierende König starb durch ein Attentat. Dieser Vorfall erinnerte an das Attentat auf das Herrscherpaar in Virilia vor zwei Monaten. Diese Tat destabilisierte das ohnehin schon schwer geschädigte Land. Kurz darauf entbrannte ein Streit zwischen den mächtigsten Clans und Familien um die Königskrone, welcher weit über eine Fehde hinaus ging.

Vereinigtes Königreich von Clanngadarn: Das Land hat mit dem Bau von mehreren Dutzend neuer Festungsanlagen entlang ihrer Grenzen begonnen. Bisher kann noch nicht von deren späteren Bemannung berichtet werden.

Zweikronenreich: Die Zentralregierung hat ein Schiff mit einer Expeditionscrew entsandt. Bisher haben sich alle Verantwortlichen bezüglich dieser Expedition verdeckt gehalten. Vor wenigen Tagen feierte das Land den ersten Stapellauf eines Schiffes mit metallener Außenverkleidung.

Chryseia: Angeblich kam es in der Nähe von Thalassa zu einer missglückten Beschwörung. Bei dieser tauchte ein humanoid wirkendes Wesen mit Knochenmaske auf. Wenig später erschütterten diverse Explosionen magischen Ursprungs den Ort, wodurch es zu insgesamt zwölf Todesopfern kam. Von diesem Wesen fehlte seither jede Spur. Die Aufräumarbeiten sind noch immer im Gange. Dabei wurden auch Trümmerteile einer torähnlichen Konstruktion gefunden, welche aus einem bisher unbekannten Metall gefertigt waren. Zur genauen Analyse werden diese in den kommenden Tagen nach Candranor verschifft. Der zuständige Regionalrichter Chryseias wurde mit der Klärung des Falls beauftragt, doch nachdem dieser angeblich doch eine Spur dieses Wesens fand und die Verfolgung aufgenommen hatte, verschwand dieser von der Bildfläche. Statthalter Gabrant von Thalassa wurde daher als neuer Richter Chryseias eingesetzt. Gerüchten in der Bevölkerung nach könnte Gabrant vermutlich hinter dem plötzlichen Verschwinden des alten Regionalrichters stecken, da dieser nun durch eine Beförderung davon profitierte.

 

Nachdem Barok diese Berichte gelesen hatte, steckte er sie sich ein. Gemeinsam mit Brandon und den anderen männlichen Flüchtlingen verließen sie im Schutze der Dunkelheit der Nacht dieses Gildengebäude am Pier und suchten den geheimen Unterschlupf der Klingen auf. Der Zugang zu den Klingen befand sich in Herena-Stadt, der anderen Stadt auf der Insel, in dem sich auch das Lagerhaus mit dem Tor befand.

Unterwegs klärte Barok Brandon über die Klingen auf. Die Klingen waren eine Untergrundorga-nisation, welche für Geld Aufträge für beinahe jeden Auftraggeber und jede Nation erfüllten. Deren Mitglieder waren gleichermaßen Spione, Assassinen, Attentäter und Ermittler. Doch Barok versicherte Brandon ein guter Freund des hiesigen Sprechers der Klingen zu sein und diesem absolut vertrauen würde. Außerdem wäre der Widerstand ein viel zu guter Kunde für die Klingen, weshalb sie sie niemals verraten würden.

Kontinent Vesternesse (Myrkgard)
Kontinent Vesternesse (Myrkgard)

Am Eingang zum Unterschlupf begrüßte Barok den maskierten Sprecher der Klingen. Sein Name lautete Merowinger. Sein tatsächlicher Name war höchstwahrscheinlich ein anderer. Merowinger bat die Gruppe herein und lud Barok und seinen neuen Freund zu einem kleinen Umtrunk ein. Dabei war Barok erfreut zu sehen, dass einigen seiner Männer die Flucht gelang und hier untergetaucht waren.

Nachdem Barok und Brandon bei Wein und Bier Merowinger von ihren Erlebnissen berichteten und den Ordner mit den Geheimdienstunterlagen übergaben, gab auch der Sprecher einige Informationen über die derzeitige Situation bekannt.

Zurzeit stand nämlich König Berian von Herena mit dem Rücken zur Wand. Er musste die Forderungen und Tributzahlungen Valians erfüllen, doch die Wirtschaftsleistung Herenas reichte dafür nichts aus. Deswegen fing er an sein eigenes Volk zu versklaven und zu verkaufen, normale Bürger, welche die gestiegenen Steuern nicht mehr bezahlen konnten. König Berian konnte sich daher nur noch mit gewaltsamer Unterdrückung und einer Schreckensherrschaft mit grausigen Strafen an der Macht halten. Zudem hätte er, wie bereits häufiger in der Vergangenheit, einen Großteil seiner Soldaten mit seinen drei Schiffen fortgeschickt, um unachtsame Menschen in den Nachbarländern zu entführen und zu versklaven. Daher stünden ihm zurzeit neben seiner Leibgarde und den Stadtwachen nur noch zwei Dutzend Wachen zur Verfügung. In Notsituationen würde die Sklavenjägergilde ihm aber auch ihre Männer stellen. Ein Informant erzählte Merowinger am vergangenen Morgen, dass König Berian aber nun einen Ausweg aus aus seiner misslichen Lage fand und nun leichter an potentielle Sklaven käme. Darum hätte er Brieffalken zu den Schiffen gesandt, damit diese wieder den Hafen von Herena anliefen. Der König spielte zudem mit dem Gedanken irgendwann in den kommenden Monaten ein Gipfeltreffen mit den Herrschern der anderen Ländern Vesternesses abzuhalten. Es ist aber ungewiss, wie viele von ihnen dieser Einladung folgen werden, da es kein Geheimnis war, dass Berian auch in den umliegenden Ländern Einwohner versklavte. Daher war es ein Rätsel, was der König mit diesem Gipfeltreffen überhaupt bezwecken möchte. Aber für diese Veranstaltung hatte er bereits mit dem Bau eines großen Wohnturms an seiner Festung begonnen. Dieser sollte bereits in den kommenden Wochen fertiggestellt werden. Doch diese Informationen brachten Brandon bei der Suche nach seiner Frau nicht weiter. So hakte er mehrfach nach, wie es ihm möglich wäre, Marilyn zu befreien. Merowinger sagte ihm, dass es am kommenden Abend eine Versteigerung auf dem Sklavenmarkt im Süden der Insel geben würde. Vielleicht würde dort Marilyn angeboten werden. Aber dort einzudringen wäre viel zu gefährlich, erklärte Merowinger.

Einige Stunden vorher: Marilyn wurde mit einigen anderen Frauen aus dem Gildenhaus geführt. Die Wachen forderten sie auf ein Fuhrwerk zu besteigen, damit sie zum Sklavenmarkt gebracht werden und dort an den Meistbietenden versteigert werden könnten. Marilyn war Angst und Bange als Sklave zu enden und bettelte die Wache um ihre Freiheit an. Erst als sie erwähnte, dass sie aus einer anderen Welt kam und sehr wichtige Informationen über die Länder dort besäße, schaute die zuständige Wache in ihre Unterlagen. Tatsächlich war Marilyn aufgrund ihrer Herkunft als eine wichtige Sklavin gekennzeichnet worden. Umgehend trennte die Wache Marilyn von den anderen Frauen und brachte sie wieder in das Gildenhaus.

Dort wurde Marilyn zu Hemford, dem Oberhaupt der Sklavenjägergilde gebracht. Hemford wirkte auf sie wie eine aristokratische Persönlichkeit, der bei jeder moralisch verwerflichen Sache sofort ein Geschäft witterte und dabei, trotz seiner höflichen Art, auf Menschen wie sie herab schaute. Seine Neugierde versuchte sie mit allerhand Informationen zu befriedigen, um so dem Schicksal als Sklaven zu entgehen und ihre Freiheit zurück zu erhalten. Auch wenn es schon spät am Abend war, lauschte dieser gespannt den Erzählungen von Marilyn. So erzählte sie ihm von Ljosgard, ihrer Heimat und den Machtstrukturen Albas. Doch Hemford hatte noch andere Angelegenheiten zu erledigen und so ließ er sie in das Verlies für politische Gefangene in einem Obergeschoss des Hauses bringen.

Das Verlies war ein sehr großer Käfig, der in einer großen Schreibstube stand. Nachdem die Wachen den Käfig mit einem Vorhängeschloss sicherten, löschten sie die Laternen im Raum und verließen diesen. Es gab dort nur noch einen einzigen Mitgefangenen. Ein Mann, der sich ihr als Angmar, der Hexerkönig des Heljard-Inselreich, vorstellte. Er fand es höchst amüsant, dass er eine so freundliche „Mitbewohnerin“ bekam und erzählte ihr als Zeitvertreib, wie er hier landete. Vor einigen Tagen fand er auf einer einsamen Insel ein magisches Tor. Er witterte ein lukratives Geschäft, wenn er dieses an einen Magieinteressierten verkaufen würde. Daher ließ er dieses Tor bergen und von seiner Crew auf sein Schiff verladen. Bei der Überfahrt wurden sie jedoch von einer zufällig den Weg kreuzenden fliegenden schwarzen Galeere eingeholt und von Richter Miriel angegriffen. Während seine Crew sich schützend vor ihn stellte, rannte er unter Deck, um seine magischen Utensilien zu holen. Dabei erkannte er, dass sich das Tor in der Zwischenzeit aktiviert hatte. Miriel folgte ihm schlachtend unter Deck und richtete auch dort ein Blutbad an. Da Miriel all seine Zauber blockte, sah er nur noch eine Möglichkeit zu überleben. Er sprang durch das Tor und fand sich in einem Gewölbe, welches von Säulen getragen wurde, wieder. Miriel nahm wohl an, dass er den Tod gefunden hatte, denn er folgte ihm nicht. In dieser neuen Welt angekommen, versuchte er eiligst in seiner Wergestalt als Wolf, die er wie ein Animagus kontrollieren konnte, ein passendes jungfräuliches Opfer zu finden. Nachdem er Erfolg hatte, brachte er dieses zum Tor. Gerade als er das Mädchen seinem Mentor opfern wollte, um mehr Kraft im Kampf gegen Miriel zu erhalten, wurde er von einer räudigen Bande angegriffen und getötet. Doch dies war nicht so schlimm, wie es sich anhörte, denn er hätte das Rätsel der Unsterblichkeit bereits vor langer Zeit gelöst. Als sich seine Wunden wieder regeneriert hatten wachte er auf. Allerdings wären die Männer dieses Königreichs bereits vor Ort, fesselten ihn und brachten ihn hierher. Er hätte diese Männer für gewöhnlich problemlos besiegen können, doch nach seiner natürlichen Wiederbelebung wäre er zu entkräftet gewesen. Obwohl Marilyn vor allem der letzte Teil mit dem entführten Mädchen aufgrund der Erzählungen in ihrem Heimatdorf bekannt vorkam, schien dieser Miriel doch irgendwie ein angenehmer und offener Zeitgenosse zu sein. Und mit seiner Hilfe könnte sie womöglich entkommen.

Im Versteck der Klingen war Brandon mehr als enttäuscht und verärgert darüber, dass weder die Klingen, noch Barok ihm bei der kurzfristigen Befreiung von Marilyn unterstützen wollten. Barok wollte viel lieber weitere Informationen im Vorhinein einholen oder gar einen Plan schmieden, den König zu stürzen. Als Brandon gerade im Begriff war den Unterschlupf zu verlassen, kamen zwei Männer Baroks auf ihn zu. Sie hatten seine Geschichte mitangehört und boten ihm ihre Unterstützung an.

Der nächste Morgen brach herein und reiche Kaufleute und Interessierte fanden sich zur Versteigerung der Sklaven im Auktionshaus ein. Die meisten Wachen der Gilde bewachten den Haupteingang, als auch den riesigen Verkaufsraum. Brandon und seine beiden Unterstützer nutzten die Gunst der Stunde, brachen eine kleine Türe im Hintergrund des Hauses auf und verschafften sich somit Zutritt. Sie wollten so wenig Aufmerksamkeit wie nur irgend möglich auf sich ziehen, die Sklaven befreien und dann schleunigst verschwinden. So betraten sie die erste Halle, doch sie war gänzlich leer. In der dahinterliegenden zweiten Halle erblickten sie dann Käfige mit den weiblichen Sklaven für die Auktion. Schleunigst machten sie sich daran die Frauen zu befreien. Doch auch wenn Brandon jede Ecke dieser Halle nach Marilyn absuchte, so gab es keine Spur von ihr. Eine der Frauen wurde auf die verzweifelte Suche Brandons aufmerksam und erzählte ihm, dass am vergangenen Abend eine Marilyn unter ihnen war. Doch Marilyn wurde von einer Wache wieder in das Gildenhaus der „Diener des Adels“ gebracht. Dies brachte Brandon beinahe zum Verzweifeln. In der Nähe der Käfige entdeckten sie auf einer Kiste liegend noch Listen mit den Schätzungen der Sklavenpreisen. Pro Frau würde die Gilde demnach zwischen 5.000 und 15.000 Goldstücke von den Käufern erhalten. Zwanzig Prozent davon gingen dann direkt an das Königshaus.

Im Auktionsraum nebenan hatte der Sprecher gerade seine Eröffnungsrede beendet, als prompt die Türe aufging und eine Wache den Lagerraum betrat, um die erste Sklavin zu holen. Die Wache wurde Zeuge der Sklavenbefreiung und rief um Hilfe. Als Brandon die Wache niederschlug, eilten bereits weitere Trupps an Wachen herbei und irgendjemand läutete eine Warnglocke. Schnell traten sie den Rückzug an, doch die Stadtwachen unter Führung des Lageristen der Gilde hatten zwischenzeitlich die aufgebrochene Türe bemerkt und den Hinterhof umstellt. Brandons Trupp sah nur noch einen Ausweg aus dieser misslichen Lage. Sie mussten mit aller Macht die Linie der Stadtwachen durchbrechen und ihr Heil in der Flucht durch die teils schmalen Spalten zwischen den Häuserzeilen suchen. Der Lagerist forderte sie auf ihre Waffen niederzulegen, während die Wachen eigenartige Magierstecken auf sie richteten. Gerade in diesem brenzligen Augenblick stürmte Barok mit seinen Mannen heran und fiel den Stadtwachen in den Rücken. Brandon erschrak, als aus den Magierstecken unter lautem Donnern Qualmwolken auf sie zu fegten. Doch er berappelte sich, zog mit seinen Begleitern die Waffen und nahmen die Stadtwachen in die Zange. Brandon bemerkte, dass die Wachen ihre Stecken nur einmal verwendeten und dann mit Messern, die an der Front ihrer Strecken befestigt waren, zum Nahkampf übergingen. Das Gefecht mit seinen Donnerschlägen führte zu Panik bei den Bietern der Auktion, weshalb hunderte von Kaufleuten chaotisch aus dem Haus stürmten. Im Gefecht konnte Brandon zum Lageristen aufstoßen und streckte ihn mit seinem Kurzschwert nieder. Auf der anderen Seite des Hofes näherten sich dann gemächlich zwei Gardisten, welche ebenfalls über diese Magierstecken verfügten, legten sorgsam an und feuerten ihre Waffen auf die Aufrührer ab. Durch einen Kopftreffer starb Brandon auf der Stelle und sackte stark blutend zu Boden (20/100). Der Zwerg hatte bereits Geschichten über diese zwei Gardisten gehört. Trotz ihres noch jungen Alters gehörte dieses Geschwisterpaar nämlich zur Elite der königlichen Garde. Barok erkannte, dass er mit seinen Männern und den Frauen in der derzeitigen Situation keine Chance hatte, da die Wachen jederzeit Verstärkung bekommen könnten. Sie durchbrachen die feindlichen Linien und rannten davon. Während des Gemetzels wurde jedoch eine Laterne umgetreten und das Feuer des Lampenöls sprang daraufhin auf einen Heuwagen über, der wiederum einen Anbau des Auktionshauses entzündete. Als Barok dachte in sicherer Entfernung zu sein, blickte er noch einmal zurück. Das ganze Auktionshaus brannte lichterloh!

Etwa zeitgleich hörten die Wachen im Gildenhaus der Sklavenjäger die Alarmglocke des Auktionshauses und eilten voll bewaffnet dorthin. Angmar war mittlerweile ausgeruht und öffnete mit einem kleinen Zauber das Schloss der Zelle. Für nicht jeden Spruch benötigte man spezielle Materialien – das wussten die Wachen wohl nicht. Noch als Angmar vor sich hin monologisierte und mit seinen Künsten prahlte, gingen sie zum Fenster herüber. In der Ferne brannte das Auktionshaus lichterloh und dann erspähte Angmar sein Schiff am Pier des Hafens liegend. Sofort traten sie die Flucht an. Als Marilyn auf dem Weg nach draußen zufällig durch einen Türspalt sah, meinte sie Luis, einen Jungen aus ihrem Dorf, zu erkennen und bat Angmar ihn zu befreien. Doch dafür hatte er keine Zeit und erklärte ihr, dass sie sich irren müsste.

Einen Tag später saßen Angmar und Marilyn in neuer Verkleidung in einer Hafenkneipe. Er gab ihr den Auftrag eine neue Crew anzuheuern. Sie stellte sich daraufhin, trotz der Anfeindung des Wirtes, auf einen Tisch und hielt eine Hassrede auf den König. Wer in Freiheit leben wollte, der sollte ihnen folgen. Die Rede kam mehr als gut an und stachelte die teils verbitterten Frühstückstrinker auf.

Nachdem einige Freiwillige ihre Familien versammelt und ihre Habe gepackt hatten, gingen sie wie eine zu allem bereite Front zum Pier. Die drei Wachen wurden von der erzürnten Marilyn und ihrem Gefolge überrumpelt und ins Meer geworfen. Den Anweisungen von Angmar folgend machten sie sein mittlerweile repariertes Schiff klar und stachen in See.

Marilyn wandte sich nun an Angmar. Er wollte zurück zu seinem Höhenpalast auf den Heljard-Inseln. Dort würde ihm schon etwas einfallen, wie er diese Sklaventreiber, die ihn, den großen Hexerkönig, vorführten. Seine Peiniger würden allesamt für ihre Taten bluten. Marilyn war begeistert von Angmar. Auf ihn heraufschauend verschrieb sie sich ihn auf Ewiglich. So hoffte sie hinter sein Geheimnis der Unsterblichkeit zu gelangen, um dann Brandon auf Herena zu befreien.

Als der Tag sich dem Ende zuneigte, lichteten sie den Anker. Angmar wusste bereits, dass Marilyn von der anderen Welt stammte und so erzählte er ihr eine kleine Geschichte. Das Auftauchen von anderen Wesen aus fremden Welten, die nicht beschworen wurden, könnten seinem Wissen nach das erste Zeichen für die beginnende Konvergenz sein. Und diese könnte den vierten Kataklysmus einläuten. Marilyn verstand seine Worte nicht.

 

Akt 3:

Kindesentführer:

 

Teilnehmende Abenteurer:

Garoth MacThorne (Midgard, Mensch, Alba, Hexenjäger, Grobschmied), Armadia (Ljosgard, Mensch, Alba, Wildläuferin, Jägerin),

Lathana Tyrell (Ljosgard, Mensch, Alba, Bardin, Botin),

Thorandor (Ljosgard, Mensch, Alba, Schamane, Wirt),

Sledge MacHammer (Ljosgard, Alba, Mensch, Söldner, Grubschmied)

 

Ljosgard: Da die Schiffe von Barok und Christine laut den letzten Informationen noch einige Tage brauchten, um den Hafen von Herena zu erreichen, waren die Abenteurer in ihrer Heimat mit ihren eigenen Dingen zugange. Auch wenn sich der ein oder andere ab und zu die Frage stellte, warum man bereits seit einiger Zeit nichts mehr von ihren neuen Freunden auf Myrkgard hörte.

Die Wahl zum Dorfsprecher hatte bereits stattgefunden und Thorandor konnte diese mit klarer Mehrheit für sich entscheiden. Das lag unter anderem auch daran, da Harold unentwegt von der Rettung seiner Tochter berichtete und somit Werbung für ihn machte. Der alte Dorfsprecher Isha war ein guter Verlierer gewesen und gratulierte Thorandor bei der Verkündung der Wahl. Eines morgens kam unverhofft seine erste Aufgabe als Sprecher. Schweinebauer Marek suchte ihn nämlich auf und berichtete ihm, dass ihm in der vergangenen Nacht ein Schwein entflohen war. Auf seiner Suche kam Marek am Hof von Tierwirt Wallace vorbei. Dort war ihm aufgefallen, dass auf dessen Wiese sich nun ein Schwein mehr im Schlamm suhlte. Das war seines! Als er Wallace daraufhin zur Rede stellte und ihn des Schweinediebstahls beschuldigte, kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung und der Tierwirt verharrte darauf, dass es seines wäre. Darum wandte er sich nun an den neuen Dorfsprecher, um diese Angelegenheit zu klären. Thorandor schien innerlich zu verzweifeln, da man ihn wegen solch einer Lappalie aufsuchte. Doch er musste einschreiten und folgte Marek zum Hof von Viehwirt Wallace. Dieser erklärte dem Dorfsprecher, dass das herrenlose Schwein ihm in der Nacht zugelaufen war und er es nicht gestohlen hatte. Das hätte er vorher schon Marek gesagt. Marek sollte zusehen, dass er Abends seine Gatter richtig schließt. Für Thorandor war die Sache nun klar. Er bestimmte, dass Marek das Schwein wieder haben durfte. Darüber hinaus ordnete er an, dass alle Nutztiere von nun an gebranntmarkt werden müssten.

Amadia durchstreifte derweil den Wald. Auf einmal bemerkte sie ein seltsames Wimmern und ging dem nach. Auf einer kleinen Lichtung fand sie dann ein verletztes, kleines Wolfsjunges, das mit einem seiner Vorderpfoten in einer Bärenfalle steckte. Diese Art von Falle kannte Amadia nicht. Und auch die Tatsache, dass hier noch jemand anderes ohne ihr Einverständnis jagte oder das des Fürsten, machte sie wütend. Sie näherte sich langsam dem verängstigten Jungtier und befreite es. Danach brachte sie es in ihre Jagdhütte und behandelte die Wunden des Tieres. Das Tier spürte wohl, dass Amadia ihm helfen wollte und wehrte sich daher nicht gegen die Behandlung. Nachdem sie die Wunden versorgte, suchte Amadia Thorandor auf. Sie unterrichtete ihn über die Wilderei im Wald und bat den Schamanen ihr bei der Gesundbehandlung des Wolfjungen behilflich zu sein.

Lathana ging zur Burg von Fürst Regis MacTuric. Leider war der Fürst immer noch nicht zugegen, da er einer Einladung der MacRathgars folgte, um die derzeitigen Grenzstreitigkeiten beizulegen. Daher wandte sie sich nun an den Schreiber und Verwalter der Burg, Marius. Marius war ein valianischer Gelehrter gewesen, den der Zufall in den Norden Albas führte. Bei ihm ließ sie Thorandor als neuen Dorfsprecher von Goldmoor eintragen. Bei dieser Gelegenheit bat Marius die Botin eine kleine Truhe mit 300 Goldstücken in den Weiler zu bringen. Das Geld sollte dem Ausbau der Siedlung dienen. Lathana müsste aber in den kommenden Tagen eine Liste einreichen, aus der ersichtlich wäre, wofür die Gelder eingesetzt werden. Nachdem sie sich verabschiedet hatten ging sie noch zu Hundezüchter Brann MacTuric. Er hatte einen neuen Wurf Bulldoggen, für die sich Lathana interessierte. Für 120 Goldstücke kaufte sie ihm ein Bulldoggenweibchen ab. Sobald Brann mit dem Abrichten fertig wäre, könnte sie es abholen kommen.

Eine Woche später spürte Garoth abends starke Schmerzen genau an der Stelle, an die ihn der Wolf gebissen hatte. Da kein Mittel schmerzstillend wirkte verließ er das Haus, um sich mit einem Spaziergang etwas abzulenken. Es war eine schöne Vollmondnacht. Ohne Erinnerungen an die vergangenen Stunden erwachte Garoth morgens vor seiner Haustüre. Seine Kleidung war zerfetzt und blutbefleckt. Doch er selbst hatte keine Wunden! Und was waren das für Kratzspuren an seiner Türe? Etwas steckte in seiner Kehle und nach einem kurzen Hustenreiz spuckte er eine Feder aus. So durfte ihn niemand aus dem Dorf sehen. Schnell eilte er in sein Haus und machte sich frisch. Noch völlig verwirrt von der derzeitigen Situation, klopfte es an seiner Eingangstüre. Es war der Nachbarsjunge Luis, der einen faustgroßen Stein in seinen Händen hielt. Er fragte Garoth freudig, ob dies Golderz wäre. So genervt konnte Garoth das Erz aber nicht einschätzen und schickte ihn fort.

Nach Monaten in der Ferne als angeheuerter Söldner erreichte Sledge MacHammer schließlich wieder seine Heimat. Sowohl sein Haus, als auch seine Schmiede waren noch immer so, wie er sie verlassen hatte. Nachdem er sich wieder häuslich eingerichtet und seine Schmiede auf Vordermann gebracht hatte, ging er auf die Straße, um im Ort nach dem Rechten zu sehen. Da traf er auf eine fremde aber überaus freundlich wirkende Frau. Ihr Name lautete Minda MacMurdock und war eine Heilerin, die aus Landsend von der albischen Ostküste stammte. Sie traf erst vor einigen Augenblicken in Goldmoor ein und suchte den hiesigen Dorfsprecher. Seine Chance bei dieser Frau witternd, erklärte Sledge ihr bei ihrer Suche behilflich zu sein.

Es war bereits ein Monat seit der Entdeckung des Weltentores vergangen. Amadia befand sich auf Wildschweinjagd, als sie bemerkte, dass der Wald vor der Goldmine großflächig gerodet war und sich dort viele Menschen aufhielten. Sie mussten es auch gewesen sein, die diese Bärenfallen aufgestellt hatten. Ungesehen trat sie den Rückzug an.

Die erlegte Bache brachte sie daraufhin in die Wirtsstube von Thorandor. Zufälligerweise waren auch Lathana und Garoth anwesend. Daher berichtete sie ihnen sogleich von ihrer Entdeckung bei der Mine. Sledge, der sich ebenfalls dort aufhielt, weil er Minda mit dem Dorfsprecher Thorandor bekannt machte, wurde aufgrund ihrer Erzählungen hellhörig. Da die Gruppe in Sledge aufgrund seiner Kampffertigkeiten als Söldner eine potentielle Hilfe sah, weihten sie ihn in das Geheimnis um das Tor in der Mine ein und beantworteten ihm all seine Fragen. Doch ein überstürztes Handeln dort wäre zu voreilig, weshalb sie beschlossen am heutigen Tage dort noch nicht zu intervenieren.

Am Tag darauf schmiedete Garoth Amadias Rundschild um, während Sledge versuchte Minda zu verführen. Der Dorfsprecher gab Minda nämlich die Erlaubnis ein altes und leerstehendes Haus am Waldrand im Süden des Dorfes zu beziehen. Wegen der langen Dürreperiode der letzten Jahren waren nämlich viele Dorfbewohner fortgezogen, da sich die Bewirtschaftung ihrer Höfe nicht mehr rentierten. Auch wenn Minda Sledge gegenüber überaus aufgeschlossen war, so musste sie ihn dennoch vertrösten. Sie bat ihn um ein wenig Zeit, bis sie ihr neues Haus renoviert und einen Kräutergarten angelegt hatte. Für Sledge stellte dies kein Problem war. Er würde ihr sogar bei der Reparatur des Dachstuhls helfen. Dann stieß Ledergerber Corvin hinzu und fragte sie, ob sie seinen Sohn Luis sahen. Seit heute Morgen wäre dieser spurlos verschwunden. Sledge kannte Luis noch von früher. Luis spielte ihm des Öfteren Streiche, weshalb Sledge nicht so gut auf ihn zu sprechen war. Wegen der Anwesenheit Mindas wollte Sledge aber nicht so abweisend reagieren und sagte ihm, dass er ihn nicht gesehen hatte und er sich an den Dorfsprecher wenden sollte.

Als sich wenig später die Abenteurer allesamt in der Schänke trafen, um zu beraten, wie sie mit den Fremden vor der Mine umzugehen hatten, war Corvin bereits vor Ort und sprach mit Dorfsprecher Thorandor. Laut Corvin hatte sein Sohn Luis angeblich Gold gefunden, doch er wüsste nicht wo. Dies erinnerte Garoth an sein Treffen mit Luis. Hätte er das Verschwinden des Kindes womöglich sogar verhindern können? Der Gruppe war aber klar, dass Luis das Golderz nur aus der alten Goldmine haben konnte. Aber Amadia schlug vor zuerst bei ihm zuhause nach Spuren zu suchen. Derweil sollte Corvin im Schankraum warten. Da sie befürchteten es abermals mit Entführern zu tun zu bekommen, rüsteten sie sich kurzerhand aus und zogen dann los.

Bereits vor dem Haus von Corvin erkannten sie einen kleinen Trampelpfad, der über die Wiesen und in den Wald in Richtung der Goldmine führte. Der Pfad deutete darauf hin, dass in den vergangenen Tagen dieser Weg häufig begangen wurde. Die Fußspuren waren klein und tief. Luis musste demnach schwer beladen gewesen sein. Diese tieferen Spuren führten aber nicht zur Haustüre, sondern um das Haus herum zu einem Unterstand. Da Corvins Frau nicht zuhause war, erlaubten sie sich diesen zu öffnen und fanden darin viele Leinensäcke voller Golderz.

Was wäre wenn Luis wieder zur Mine gegangen war und dort den Fremden in die Hände fiel? Sie mussten zur Mine, soviel stand fest. Nachdem sie sich ausrüsteten und Sledge sein treues Ross zu Viehzüchter Wallace am Dorfrand brachte, brachen sie auf.

So kamen sie an der Mine an und wurden Zeuge des selben Anblicks, wovon Amadia ihnen bereits einen Tag zuvor berichtete. Rund einhundert Meter um den Mineneingang herum war der Wald abgeholzt worden. Im Zentrum dieses lichten Bereich war ein großes Holzfällerlager errichtet errichtet worden und überall lagen Werkzeuge herum. Etwas entfernt war eine Abraumhalde aufgeschüttet worden. Es war Gesteinsmaterial aus der Mine. Direkt neben dem Stolleneingang waren große Käfige aufgereiht. Sledge sprach aus, was alle dachten. Diese Käfige mussten aufgrund ihrer Größe und Höhe her für Menschen bestimmt sein. Und das nun ein Kind verschwand, welches sich hier herum getrieben hatte, konnte kein Zufall sein. Während Lathana, Garoth, Sledge und Thorandor in die Mine gingen, lief Amadia zurück zum Waldrand, spannte ihren Bogen und legte sich auf die Lauer, um ihren Gefährten den Rücken zu decken. Kaum hatte die Gruppe die Mine betreten, da erblickten sie Fackelschein auf sich zukommen. Es waren insgesamt achtzehn Arbeiter. Von der Kleidung her war aber kein Vorarbeiter unter ihnen. Auf die Frage, was sie hier machten antworteten sie, dass sie im Namen König Berians vom Königreich Herena hier Ressourcen wie Holz und Golderz sammelten. Da sie weder eine Christine noch einen Zwerg namens Barok kannten, vermuteten sie, dass die Arbeiter wohl nicht dem Widerstand sondern einer anderen Fraktion angehörten. Auf Nachfrage erklärten die Arbeiter jedoch nicht dem Valianischen Imperium zu dienen. Die Käfige wären angeblich auch für Tiere gedacht. Aber die Gruppe hatte ihre Lüge um die Käfige bereits durchschaut. Bevor es zu einem Kampf kommen sollte, wirkte Lathana „Macht über das Selbst“ auf sich (1). Leider war sie beim Wirken unvorsichtig und beherrschte verse-hentlich ihren eigenen Geist anstatt sich selbst zu stärken. Ihre Gefährten bemerkten, dass Lathana sich nicht mehr rührte und sie, sollte es zu einer Auseinandersetzung kommen, nun ein Kämpfer weniger waren. Auch die Arbeiter hatten dies wohl bemerkt, weshalb sie ihre Werkzeuge und Fackeln kampfbereit erhoben und sich den Abenteurern vorsichtig näherten. Sledge, Garoth und Thorandor packten Lathana und zogen sich zum Waldrand zurück.

Im Schutze der Bäume meinte Slegde, dass es vielleicht besser wäre den Fürsten zu informieren. Lathana hatte sich mittlerweile wieder von ihrem Zauber erholt und erzählte ihm, dass sich der Fürst zurzeit auf einer Reise befände und man ihm daher nicht informieren könnte. Sie müssten diese Angelegenheit wohl selbst lösen. In der Zwischenzeit hatten die illegal agierenden Arbeiter ihre Tätigkeiten wieder aufgenommen. Amadia erzürnte diese Frevelei abermals, zielte auf einen der Arbeiter und schoss. Der Pfeil traf einen von ihnen am Oberschenkel und dieser stürzte unter lautem Schreien zu Boden. Die anderen Arbeiter rannten daraufhin zu ihrem Kumpanen, um ihm zu helfen. Als sie dann seine Verletzung sahen, erkannten sie den Angriff und zogen sich in das Innere der Mine zurück. Dann war es still geworden und niemand verließ mehr die Mine. Diesen Umstand wollten die Abenteurer ausnutzen, um im Dorf einen Mob Freiwilliger zusammen zu trommeln, um dann mit Verstärkung diese Fremden zu vertreiben. Nur Amadia und Thorandor blieben zurück. Während Amadia wie ein Falke seine Beute den Höhleneingang nicht mehr aus den Augen ließ, ging Thorandort einige Meter in den Wald hinein. An einem ruhigen Ort führte Thorandor dann einen schamanistischen Tanz auf, um sowohl sein Totem als auch die hiesigen Naturgeister auf diese Naturzerstörung aufmerksam zu machen.

Die Verstärkung aus Goldmoor war noch nicht eingetroffen, als ein adlig gekleideter Heer mit langer Robe aus dem Eingang der Mine trat. Amadia zielte auf ihn, doch wollte sie vorher noch sehen, ob er eine Gefahr darstellte. Als dieser keine entsprechenden Anstalten unternahm, senkte sie ihren Bogen. Der Fremde schritt selbstsicher über die gerodete Fläche und rief mehrfach in den Wald hinein. Er war wohl eine Art Unterhändler. Nachdem niemand auf sein Rufen reagierte setzte er sich einfach auf einen Baumstumpf und wartete.

Lathana, Garoth und Sledge waren mittlerweile im Dorf angelangt und hatten sechs Dorfbewohner für ihre Sache mobilisieren können. Darunter war auch Luis Vater Corvin. Als sie sie über ihre Sichtung an der Mine aufklärten und dabei die Käfige für Menschen erwähnten, erzürnte Corvin. Wutentbrannt nahm er eine Holzfälleraxt und rannte blind vor Zorn allen voraus in den Wald. Sledge folgte ihm, um ihn zu bremsen. Corvins überstürztes Handeln drohte nämlich ihren Plan zu Nichte machen. Aber Corvin war nicht zu bremsen. Während Sledge teils Probleme hatte sich durch das Unterholz zu schlagen schien es, als ob der Wald selbst Corvin einen Weg bereiten würde und für ihn alle Hindernisse beseitigte (die Naturgeister hatten Thorandors Bitte erhört).

An der Mine erblickte Amadia den aus dem Wald stürmenden Corvin. Dessen Blick wanderte kurz auf die Käfige und dann auf den Fremden. Mit erhobener Axt rannte nun Corvin lauthals schreiend auf den Fremden zu. Der Unterhändler erschrak, sprang auf und versuchte zu fliehen. Dabei verhedderte sich der Saum seiner Robe am einem großen Ast und stürzte zu Boden (die Naturgeister machten Ernst). Der Fremde hielt seine Arme schützend vor sich, als Corvin mit der Axt ausholte. In diesem Moment schritten sowohl Thorandor als auch Sledge in die Szenerie ein und versuchten mit Worten Luis Vater zu besänftigen. Erst das Argument, dass ein Toter nicht mehr den Aufenthaltsort seines Sohnes preisgeben konnte, führte bei Corvin zu einem Sinneswandel. Doch seine Wut brauchte ein Ventil. Als der Fremde gerade durchatmete und meinte noch glimpflich davon gekommen zu sein, schlug Corvin ihm mit dem Ende des Axtgriffes ins Gesicht und schickte ihn unsanft in das Reich der Träume. Wenig später kamen Lathana, Garoth und die Freiwilligen aus dem Dorf hinzu.

Als der Fremde wieder zu Bewusstsein kam, fand er sich auf einem Stuhl gefesselt im Wirtshaus von Thorandor wieder. Auf Nachfragen gab er sich als Ramenthur zu erkennen. Er war hier um einen offiziellen Vertrag zwischen einem Lageristen von Herena und den hiesigen Bewohnern abzuschließen, da die hierher beorderten Wald- und Bergarbeiter angegriffen wurden. Nun sollte er auf Befehl von König Berian hin diesen Streit schlichten. Sein Königreich wäre zudem auf Sklaven angewiesen, da sie monatlich Sklaven oder hohe Tributzahlungen an Valian abgeben müssten. Falls sie dies nicht täten, dann würden sie gezwungen werden ihre Eigenständigkeit aufzugeben und als ein Protektorat des Imperiums enden. Lathana fragte ihn, ob er ihre Freunde Christine und Barok kennen würde. Sie wären mit zwei Schiffen unterwegs nach Herena gewesen. Doch diese beiden Namen kamen Ramenthur nicht bekannt vor. Aber vor kurzem wären zwei Schiffe auf Befehl seines Königshauses hin beschlagnahmt und dessen Besatzung inhaftiert worden. Darunter war auch ein bockiger Zwerg gewesen. Aber Ramenthur wechselte das Thema und unterbreitete ihnen ein in seinen Augen verlockendes Angebot. Wenn sie im Dienste seines Königreichs auf Sklavenjagd gingen, dann würde es sich für sie in finanzieller Hinsicht mehr als auszahlen. Sie würden in den Adelsstand erhoben werden und ein Leben in Saus und Braus genießen. Corvin konnte sein Gequatsche nicht mehr mit anhören und fragte nach dem Verbleib seines Sohnes. Erst auf die Androhung von Gewalt hin gab der Unterhändler zu, dass die Männer der Sklavenjägergilde bereits einige Menschen hier verschleppt hatten. Als Thorandor seinen „Gast“ knebelte, bat Corvin unter Tränen die Abenteurer nach Herena zu gehen und seinen Sohn zu retten.

Mit Ramenthur im Schlepptau begaben sie sich abermals in die Mine. Dort bemerkten sie, dass die fremdländischen Arbeiter im vergangenen Monat ganze Arbeit geleistet hatten. Die Gänge im Inneren des Bergwerkes wurden ausgebaut und verbreitert. Zudem wurde in einem neuen Gang eine große hölzerne Rutsche errichtet, um das oben geschlagene Holz direkt zum Säulenraum mit dem Tor zu befördern. Darüber hinaus hatten sie einige neue Stollen in den Berg getrieben, um das Goldflöz abzubauen. Als die Gruppe vor dem Tor stand, lösten sie die Fesseln von Ramenthur und nahmen ihm den Knebel aus dem Mund. Sie rechneten fest damit, dass nach dem Zwischenfall mit den Arbeitern nun das Tor auf der anderen Seite bewacht sein würde. Und falls sie aggressiv und mit ihrem geknebelten Unterhändler dort auftauchen sollten, würden sie vermutlich ein falsches Zeichen vermitteln. So gingen sie durch das Weltentor.

Myrkgard: Die Abenteurer schritten auf der anderen Seite heraus und fanden sich in einer großen Lagerhalle wieder. Sofort wurden sie von drei Wachen in Plattenrüstungen gestellt. Zwei von ihnen hatten Hellebarden. Die dritte Wache zog ihren Säbel, erhob das Wort und fragte, was sie hier wollten. Es schien fast so als ob die Wachen nicht mit einem Besuch aus der anderen Welt rechneten, obwohl sie einen Unterhändler zu ihnen gesandt hatten. In dem Moment gab Ramenthur den Befehl zum Angriff. Die Gefährten zogen ihre Waffen, um sich gegen die besser ausgerüsteten Wachen zur Wehr zu setzen. Ein hitziger Kampf entbrannte. Ramenthur nutzte diese Gelegenheit, um sich davon zu stehlen. Amadia bemerkte dies, löste sich von ihrem Gegner und jagte Ramenthur durch Gänge voller Kisten hinterher. Sie konnte ihn einholen und auf den Boden werfen. Als Amadia danach ihren Kameraden zur Hilfe eilen wollte, begann Ramenthur die Kisten an einer Wand des Lagerhauses empor zu klettern, um zu einem Fenster zu gelangen. Genervt zerrte sie ihn herunter und schlug ihn bewusstlos. Als zwei der Wachen den Tod fanden, rannte die dritte Wache in Richtung Ausgang. Die Abenteurer mussten seine Flucht um jeden Preis vereiteln und stellten ihn, als er gerade die Türen des Lagerhauses öffnen wollte. Doch trotz der Übermacht konnte sich diese Wache aller Angriffe erwehren und sogar Lathana so schwer verletzen, dass sie zu Boden ging. Diese Wache rechnete fest mit ihrem Sieg, bis Amadia heranstürmte und ihm einen solch heftigen Schildhieb verpasste, dass nicht nur sein Leben ausgehaucht wurde, sondern auch ihr Schild zerbrach (1).

Nachdem Lathanas Wunden versorgt waren durchsuchten sie die Halle nach brauchbaren Gegenständen. Dabei fand Sledge ungefähr fünfzig Säcke voller Golderz, die sie mit gemeinsamen Kräften durch das Tor zurück in den Säulenraum auf Ljosgard warfen. Ramenthur erwachte langsam und somit mussten sie bereden, was sie nun mit ihm anstellten. Immerhin handelte es sich bei ihm um eine falsche Schlange, die jede Chance zur Manipulation und Flucht ausnutzte. Doch einfach töten konnten sie ihn nicht, da er eine viel zu wertvolle Geisel war. Sie beschlossen ihn in einen armseligen Sklaven zu verwandeln, damit er selbst einmal fühlte, in welcher Gesellschaft er überhaupt lebte. Sie zerrissen seine Kleidung, beschmutzten ihn und brachen ihm zuletzt den Kiefer und knebelten ihn zudem, damit er nicht mehr um Hilfe rufen konnte. So gebeutelt banden sie ihm ein Seil um den Hals, um ihn leichter hinter sich her zu führen. Ramenthur gab jeden Widerstand auf und schien seinen Lebenswillen verloren zu haben.

Inselkönigreich Herena (Myrkgard)
Inselkönigreich Herena (Myrkgard)

Aus den verschiedenen Schreiben, welche sie dann noch an unterschiedlichen Orten des Lagerhauses entdeckten, konnte die Gruppe noch wichtige Informationen erhalten. Die durch das Tor verschleppten Menschen wurden als Sklaven abgeführt und in einem Lager in der militärischen Hafen- und Handwerkerstadt mit anderen Gefangenen vorläufig inhaftiert. Gute Sklaven sollten bei der nächsten Auktion, die einmal wöchentlich stattfand, an reiche Kaufmannsleute und fahrende Händler versteigert werden, um mit deren Erlös die Tributzahlungen an das Valianische Imperium zu finanzieren. Sklaven minderer Qualität sollten aber mit Glück direkt als Arbeitssklaven nach Valian oder Chryseia überführt oder mit Pech in Einzelteilen den dortigen Dunklen Meister überreicht werden, damit diese sie für ihre magischen Experimente oder für Rituale verwenden könnten. Diese Einzelteile stellten für die valianischen Magiergilden essentielle Ressourcen dar, um deren Wissen der Magie zu erweitern und in neue Höhen zu führen. Daher würde das Viarchat am Ende eines jeden Monats ein Schiff entsenden, um diese besonderen Waren abzuholen. Allem Anschein nach wurden in diesem Königreich Sklaven nicht nur als Menschen niedriger Ordnung, sondern tatsächlich nur als Waren betrachtet. Obwohl Ramenthur nicht mehr sprechen konnte, fragten sie ihn nun, ob er berechtigt war Sklaven in Freiheit zu entlassen. Blutend und unter Tränen wackelte dieser nur mit seinem Kopf. Bei ihrer weiteren Suche fanden sie noch eine Karte der Insel Herena, die ihnen vielleicht weiterhelfen könnte. Das in Ljosgard abgebaute Goldzerz sollte ebenfalls nach Südwind abtransportiert und dort verarbeitet werden.

Ihre Idee sah nun wie folgt aus: Sie wollten das Zuhause von Ramenthur aufsuchen, sein ganzes Geld an sich nehmen und dann inkognito an der Sklavenversteigerung teilnehmen. Doch zwischenzeitlich war Ramenthur jenseits von gut und böse und nahm seine Umwelt nicht mehr wahr. Selbst auf die Androhung seines Todes reagierte er nicht. Daher verwarfen sie ihren Plan.

Durch den Inhalt der Schriftstücke hatte sich auch ihre Vorstellung von König Berian entscheidend geändert. Wo sie vorher noch der Ansicht waren, dass dieser mit dem Rücken zur Wald stand und für die Freiheit seines Volkes zu Sklavenhandel griff, war dieser in ihren Augen jetzt nur noch ein einfacher Scherge Valians. Sonst hätte er auf der anderen Seite des Weltentores Hilfe gesucht, anstatt sich alles einfach zu nehmen.

Sie verließen das Lagerhaus und gingen auf die breiten mit Kopfsteinpflaster ausgelegten Straßen von Herena-Stadt. Die Stadt erschien ihnen viel fremder, als sie es sich bisher vorstellten. Die Häuser waren allesamt drei- bis vierstöckige Fachwerk- und Ziegelsteinbauten. Viele Pferdekutschen und Gespanne waren unterwegs und die Menschen trugen seltsame Kleidung. An den Seiten der Straßen waren neben reich verzierten und schmiedeeisernen, mannshohen Laternen noch kleine Erhöhungen angebracht, um Fußgänger und Fuhrwerke räumlich voneinander zu trennen. Da wurden sie auch schon Zeuge davon, wie eine Pferdekutsche mit einem großen Käfig die Straße langsam herunterfuhr. Im Käfig waren einige Kinder eingepfercht. Sie weinten lauthals, doch dies schien kaum jemanden zu stören. Zumindest unternahm niemand etwas dagegen. Bewacht wurde dieses Gespann von zehn Soldaten. Eine Frau bettelte auf Knien die Wachen an ihre Tochter frei zu lassen. Die Wache erklärte ihr daraufhin, wer seine Steuern nicht zahlte, der müsste laut geltendem Recht mit seinen Kindern zahlen. Die Frau hätte immerhin die Möglichkeit bis zur nächsten Sklavenauktion Geld aufzutreiben und dann ihre Tochter zurück zu ersteigern. Dann schubste er diese Frau in den Dreck am Straßenrand. Auch wenn die Abenteurer dieser Frau am liebsten geholfen und die Kinder befreit hätte, so wäre ein Kampf gegen diese Übermacht an Soldaten am lichten Tag und auf der stark frequentierten Straße ein Fehler, der sicherlich mit ihrem Tod enden würde. Betrübt von ihrer Machtlosigkeit gingen sie ihres Weges.

 

Akt 4:

Geisterbeschwörung und Wiederauferstehung:

 

Teilnehmende Abenteurer:

Shaw (Ljosgard, Mensch, Alba, Ordenskrieger, Verwalter),

Lyra, die rote Priesterin (Ljosgard, Alba, Priesterin, Rechtsgelehrte),

Semiramis (Ljosgard, Aran, ???, ???)

 

(Anmerkung: Akt 4 spielt parallel zu Akt 5, das Ende überschneidet sich mit Akt 6)

 

Ljosgard: Weit im Norden Albas zur Grenze Clanngadarns hin lag das Kloster „Gnade des reinigenden Feuers“. Die dort lebenden und arbeitenden Mönche und Priester dienten hauptsächlich dem albischem Feuer- und Schmiedegott Thurion. Da das Herrschaftsgebiet von Regis MacTuric hier nur spärlich besiedelt war, bauten sie ihr eigenes Obst und Gemüse ringförmig um diese Klosteranlage an und züchteten ihr eigenes Vieh. Und gegen herum streunende Wölfe oder gar marodierende Barbaren oder Banditen waren die Kleriker auch gewappnet, denn ein teils drei Meter hoher Ringwall umschloss die Anlage. Nur selten kam ein Händler vom angrenzenden Clangebiet der MacFeochs vorbei. In jüngster Zeit wurde dieses wilde Grenzland sogar noch weiter heruntergewirtschaftet, da Fürst Regis ihnen den Geldhahn zudrehte. All seine Gelder flossen nämlich zurzeit in die Instandsetzung der östlichen Grenzbefestigungen zum Schutze eines bevorstehenden Übergriffs durch die MacRathgars, mit denen er eine Fehde austrug. So standen dem Kloster nur noch die wenigen Gelder, denen ihr die Kirgh gab, als auch Spenden von Gläubigen zur Verfügung.

Das Kloster "Gnade des Reinigenden Feuers"
Das Kloster "Gnade des Reinigenden Feuers"

Eines Nachts hatte die Feuerpriesterin einen merkwürdigen Traum. Alles schien surreal. Sie lag wach im Bett ihrer Stube und konnte nicht mehr schlafen. Daher stand sie aus ihrem Bett auf und zog sich an. Gleichzeitig hatte der Ordenskrieger Shaw denselben Traum. Auch er lag wach in seinem Bett im Gemeinschaftsraum der Ordenskrieger, denn irgendetwas schien ihn vom Schlafen abzuhalten. Seine Glaubensbrüder schliefen noch. So ging er zu ihnen hin und versuchte sie zu wecken. Doch als er sie wachrütteln wollte, griff er durch sie hindurch. Völlig verwirrt trafen sich etwas später Shaw und Lyra auf dem Wehrgang vor den Schlafsälen. Ihnen war bereits bewusst, dass sie träumten. Dennoch erstaunte es sie, denselben Traum zu erleben. Als sie so miteinander sprachen schauten sie aus einem der Fenster hinaus in die Nacht. Dann setzte plötzlich das Geläut der Klosterglocken ein und hunderte rot brennender Sternschnuppen fielen durch den dunklen wolkenverhangenen Himmel zu Boden. Doch bei genauerem Hinsehen entpuppten sich diese Sternschnuppen als brennende Engel, die auf dem Boden aufschlugen. War dies der Anfang vom Ende aller Tage?

Unsanft wurden alle Bewohner des Klosters aus ihrem Schlaf gerissen, als die Turmglocken ertönten. Verwirrt verließen Shaw und Lyra ihre Bettstätten und trafen sich abermals im Wehrgang. Beide hatten beim Aufwachen ihre Alltagskleidung und Shaw sogar seine Rüstung an. Diese hatten sie doch in ihrem gemeinsamen Traum angezogen! Oder war es am Ende gar kein Traum gewesen? Erst jetzt realisierten sie, als sie aus dem Fenster blickten, das gewaltige twyneddische Heer auf einem Hügel vor den Toren des Klosters. Das mussten bestimmt fünftausend Krieger mitsamt Belagerungsgeräten sein! Beide rannten die Treppe hinunter in den Eingangsbereich. Beim Anblick dieses heranmarschierenden Heeres hatten bereits viele ihrer Glaubensbrüdern- und schwestern ihre Hoffnung aufgegeben und knieten betend und flehend am Boden. Shaw und Lyra öffneten die Eingangspforte und preschten ins Freie. Ihr Ziel waren die Stallungen für die Pferde gewesen. Doch auf dem Weg dorthin kamen ihnen bereits die ersten schwer bewaffneten Trupps der Twyneddin entgegen. Sie wandten sich schnell in die andere Richtung und versuchten nun über die Streuobstwiesen zu fliehen. Sie waren leichter bepackt als ihre Verfolger und konnten einen guten Vorsprung aufbauen. Dann erreichten sie den Ringwall. Als sie gerade dabei waren diesen per Räuberleiter zu erklimmen, pfiff ein Pfeilhagel über sie hinweg. Die Götter hatten aber über sie ihre Schützenden Hände ausgebreitet, denn der gesamte Bereich um sie herum war gespickt von hunderten von Pfeilen und sie waren mittendrin und unverletzt (beide 20). Als sie von der Mauer sprangen, stürzten hinter ihnen die Hauptgebäude des Klosters unter dem Dauerfeuer der feindlichen Katapulte krachend ein und begruben ihre Glaubensbrüder unter sich. Wie von der Biene gestochen rannten die zwei Überlebenden über die Wiesen und näherten sich unaufhörlich dem rettenden Waldrand. Doch bevor sie diesen erreichen konnten hörten sie das Brüllen von Männern und das immer lauter werdende Galoppieren einer Reiterei hinter sich. Beide spürten plötzlich stechende Schläge in ihren Rücken, ehe sie blutüberströmt zu Boden stürzten und die Reiterschar über sie hinweg fegte. Dann wurde es schwarz.

Vor dem Himmelstor: Von einer Sekunde auf die andere standen Shaw und Lyra in einer gänzlich weißen und von Licht durchfluteten Wolkenlandschaft. Eine angenehme und meditative Stille herrschte. Beide trugen nichts weiter als einfachste Bettlerkleidung. Doch diese Kleidung entsprach nicht ihrem Geschmack. Sie hatten diesen Gedanken noch nicht einmal zu Ende gedacht, da trug Lyra auf einmal wieder ihre feuerrote Robe und Shaw eine goldene Vollrüstung. Vor ihren Augen öffnete sich dann ganz langsam die goldene Himmelspforte der albischen Nachwelt. Beide konnten es nicht erwarten endlich persönlich mit ihren Göttern in Verbindung zu treten, als auf einmal etwas Dunkles die Wolkendecke unter ihnen durchbrach, sich um ihre Füße schlang und sie in die Tiefe zog.

Karst: Abermals veränderte sich die Umgebung, denn plötzlich standen sie inmitten einer trostlosen und schroffen Gesteinswüste. Der Himmel war mit bauchigen schwarz-roten Wolken verhangen, so dicht, dass kaum Licht den Boden erreichte. Sie standen im Zentrum eines großen Beschwörungs-kreises. Mit eigener Kraft war es ihnen nicht möglich gewesen diesen zu verlassen. Eine Frau in langen schwarzen Gewändern schlich um diesen Kreis herum und sprach zu ihnen. Ihr Name war Semiramis. Sie war es, die diese beiden kürzlich verstorbenen Seelen beschwor, da sie ihre Hilfe benötigte. Diese wüstenartige Welt wurde ihr von einem einsam herumziehenden Mann, den sie hier traf, als Karst beschrieben. Eine Welt am Ende der Zeit, die viele anderen Welten verband, ähnlich einem Knotenpunkt im Empyrëum. Sie selbst stammte einst aus Aran, ehe sie durch einen Dämon unter dem Nachtschlangenteich in Eschar den Tod fand. Doch ihre Seele kam nie in ihre eigene Nachwelt, denn in den Augen der Götter war sie nur ein Spielball. Ihre Seele wurde für die Herausgabe eines anderen Toten eingetauscht, wodurch sie in die Hölle der KanThai gelangte. Dort erhielt sie dann aus der Welt der Lebenden den Auftrag den Schlüssel für die Höllenpforte zu bergen und heraus zu schmuggeln. Dies gelang ihr durch die Hilfe von Weltenreisenden. Wie es im Vertrag vereinbart war durfte sie danach die Höllen der nahen Chaosebenen verlassen und verfügte seither über die Fähigkeit mit ihren Händen sämtliche Pforten der Höllen mit nur einer einzigen Berührung zu öffnen. Nun war sie schon eine ganze Zeit durch die Höllen gereist, um eine Möglichkeit zu finden mit ihrem derzeitigen Wissen wiedergeboren zu werden. Und schließlich fand sie sie. In der chryseischen Hölle gäbe es ein Tor der Wiedergeburt, welches jedem offen stand. Die Höllenstrafen stünden für sie, die einen anderen Glauben hätten, auch keine Gefahr da. Doch auf dem Weg lauerten gefährliche dämonische Wächter und genau dafür bräuchte sie ihre Unterstützung. Wenn sie einwilligten, dann könnten auch sie durch das Tor gehen. Falls ihr Tod maximal ein Tag her wäre, dann würden ihre Seelen von alleine wieder in ihre alten Körper einfahren. Da sowohl Shaw als auch Lyra noch eine Rechnung mit den Twyneddin offen hatten, nutzten sie diese Gelegenheit zur Wiedergeburt und willigten in den Vertrag ein. Semiramis ließ den Bannkreis um den Ort der Beschwörung fallen, damit sich Lyra und Shaw wieder frei bewegen konnten. Doch Semiramis betonte auch, dass sie vermutlich auf dem Weg keine so große Hilfe sein würde, da sie nur noch über fünf große Siegel verfügte.

Semiramis führte die zwei in eine felsige Ebene, auf der sich nur ein großes freistehendes schwarzes Tor befand. Auf dem dicken steinigen Türrahmen tanzten rotglühende Zeichen, die sich für die Leser so anordneten, dass die Inschrift lesbar wurde.

 

Durch mich geht man hinein zur Stadt der Trauer.

Durch mich geht man hinein zum ewigen Schmerze.

Durch mich geht man zu dem verlorenen Volke.

Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren!

 

Semiramis legte ihre Hände auf die Torflügel und diese begannen sich langsam unter lautem Knirschen zu öffnen. Dahinter lag eine gänzlich andere aber genauso trostlose Welt. Semiramis passierte die Schwelle und die anderen beiden folgten ihr.

Chryseische Hölle: Hinter ihnen schlugen die schweren Türflügel wieder zu und mit einem Krachen rastete das Schloss ein. Sie waren nun in einer riesigen Höhle, deren Ende sie nur erahnen konnten und befanden sich auf einem kleinem Plateau über dem eigentlichen Boden. Obwohl dies eine Höhle war und Sonnenlicht nicht eindringen konnte, herrschte hier ein gleichmäßiges Dämmerlicht vor.

Sie kletterten hinab und starteten ihre Reise. Tausende von rastlos Wandernden schritten hier umher, die von Schwärmen von Insekten auf ewiglich gepeinigt wurden und die ihnen Höllenqualen bescherten. Doch sowohl die Toten, teils noch menschlich und andere skelettiert, als auch die Insekten, schienen sie nicht wahrzunehmen. So überquerten sie dieses schier endlose Feld. In der Ferne konnten sie eine Höllenstadt erkennen, aus der unaufhörliches Jammern und Wehklagen erklang. Diese Stadt war aber nicht ihr Ziel und so führte Semiramis sie in einem großen Bogen um eben diese herum. Da erspähte Lyra den Geist eines chryseischen Ritters mit Waffen und Rüstung. Sie dachte, dass diese ihnen hier eine große Hilfe wäre und machte sich sogleich daran, ihn auszurauben. Dem Ritter schien dies weder zu stören noch überhaupt zu bemerken. Vielleicht war er auch schon zu lange hier und hatte jedwede Wahrnehmung verloren. Dabei bemerkte sie, dass, obwohl der Ritter ein Geist war, sie ihn dennoch wie feste Materie berühren konnte. Semiramis erklärte dies damit, dass auch sie ein Geist war und keinen festen Körper mehr besäße. In dieser Welt würden andere Gesetze gelten.

Die Umgebung änderte sich. Rechts und links des Weges standen unzählige Pfähle, an denen stöhnende Menschen hingen. Einige Glückliche waren mit Seilen an sie gebunden, während andere mit langen Nägeln durchbohrt an ihren Pfählen hingen. Dies war das Feld der Ungläubigen. Am Ende des Feldes erhob sich ein gewaltiges Bergmassiv, in dessen Mitte eine steile Schlucht klaffte. Der Weg führte direkt hinein zur Schlucht, doch gab es ein Problem. Den Eingang zur Schlucht versperrte ein großes Tor und davor schob ein Minotaurus Wache. Die Gruppe wollte es erst einmal mit Worten versuchen und ging zu dem Wächter hin. Als dieser fragte, was sie im Tal der Wollüstigen wollten, erklärten sie ihm, dass sie Büßer wären und die dahinter liegenden Strafen verdient hatten. Diese Aussage reichte dem Minotaurus offenbar. Er öffnete ihnen das Tor und ließ sie passieren.

Die Schlucht öffnete sich zu einem Tal hin. Dichte Nebelschwaden zogen umher und erschwerten die Sicht. Manchmal konnte man kaum den Vordermann erkennen und so rückten sie näher zusammen. Schemen tauchten im Nebel auf und verschwanden sogleich wieder und ab und zu rannte eine nackte Person angsterfüllt an ihnen vorbei. Es war fast so, als ob die Seelen hier vor irgendetwas Unsichtbaren davon liefen, doch sie selbst erkannten nichts. Shaw hatte sich das Tal der Wollüstigen irgendwie anders vorgestellt.

Schließlich öffnete sich das Tal zu einer weiteren trostlosen und offenen Ebene. Aber wenigstens hatten sich die Nebelschwaden verzogen. Es wurde bitterkalt und ihr Atem kondensierte in seichten Schwaden vor ihren Gesichtern. Wieso hatten sie überhaupt einen Atem und spürten Kälte? Sie wollten Semiramis nicht fragen, da sie bestimmt nur wieder antworten würde, dass hier andere Regeln gelten würden. Überall auf dem Boden waren dick gefressene Menschen festgefroren und ein eisiger Nieselregen brannte sich auf der Haut ein. Ein fetter und halb erfrorener Mann am Boden streckte seine rechte Hand hilfesuchend nach Lyra aus. Schnell trat sie seine Hand fort, ignorierte ihn und schritt weiter, als ob nichts gewesen wäre. Warum sollte sie, die sie dem albischen Pantheon diente, einem Menschen fremden Glaubens helfen? Wenn er hier in der Hölle war, dann hätte er es auch verdient! Dann sahen sie zwei andere am Boden fest gefrorene Fette. Sie waren so nah beieinander, dass der eine seinem Vordermann bereits das Fleisch vom Unterkörper bis zum Becken abgenagt hatte und lediglich abgelutschte Knochen übrig ließ. Der Angenagte schrie erbärmlich und war unfähig sich zur Wehr zu setzen. Ekelhafte Kannibalen!

Irgendwann ließen sie diese eisige Einöde hinter sich und betraten eine weitreichende Ebene. Hier liefen die Büßer unentwegt und mit unzähligen Lasten bepackt auf ihrem Rücken und in ihren Händen umher. Ihnen war es nicht möglich ihre Gewichte aus eigenem Willen heraus abzulegen und so traten einige auf die Gruppe zu und baten sie sie von ihrer Last zu befreien oder ihnen wenigstens einen kleinen Teil davon abzunehmen. Die Abenteurer ließen sich nicht davon beirren und verneinten diese Bitten. Zu ihrem Glück, denn hätten sie die Lasten der Sünder auf sich genommen, so hätten sie stellvertretend für sie ihre Strafen absitzen müssen.

Wenig später kamen sie an einem reißenden Fluss an. An einem Anleger hatte ein kleines Schiff festgemacht. Der knöcherne Fährmann sprach aber kein einziges Wort und reagierte gar nicht auf die Gruppe. Aber Lyra erinnerte sich an eine alte chryseische Sage, die von einem Fährmann in den Tiefen der Hölle handelte. Sie holte den gestohlenen Lederbeutel mit dem Geld des Ritters heraus und überreichte dem Fährmann drei Goldstücke. Eines für jede Person. Ohne Worte löste der Fährmann daraufhin das Tau und ließ das Schiff den Fluss hinuntertreiben. Trotz der starken Strömung und den aus dem Wasser herausragenden Felsen beherrschte der Fährmann sein Schiff perfekt und es lag sogar so gut im Wasser, dass niemand drohte von Bord zu fallen.

Das Schiff brachte sie tiefer in die Hölle. Als sie dann durch ein tiefes Tal fuhren griffen drei geflügelte Wesenheiten mit grässlichen Fratzen und langen messerscharfen Krallen an. Sofort zogen Lyra und Shaw ihre Waffen und stellten sich ihnen entgegen. Während der Auseinandersetzung flog eines der Wesen empor in die Luft, schnellte nach unten und packte die Feuerpriesterin Lyra von hinten an den Schultern. Ohne Zweifel versuchte das Wesen Lyra mit in die Luft zu nehmen, um sie dann aus großer Höhe fallen zu lassen. Aber Lyra gelang es sich loszureißen. Nachdem sie zwei der Wesen erschlagen hatten, flog das dritte davon. Aufgrund ihrer Anzahl und ihres Aussehens vermutete Semiramis, dass es sich um Gorgonen gehandelt haben musste (1).

Nach einigen Stromschnellen ging der eben noch reißende Fluss in ein langsam vor sich hin fließendes Gewässer über. Der Fährmann steuerte einen Anleger an und seine Passagiere gingen von Bord. Nachdem sie sich bei ihm für die Überfahrt bedankten, wendete der Fährmann stillschweigend sein Schiff und fuhr ohne irgendwelche Probleme entgegen der Fließrichtung des Flusses fort.

In dieser Gegend dominierten auf dem Boden liegende brennende Särge, aus denen furchtbare Schreie ertönten. Plötzlich zogen leichte Nebelschwaden herauf und gewalttätige Menschen fielen mit erhobenen Waffen hasserfüllt übereinander her. Nur mit viel Glück konnten sie den Angreifern entkommen und durchbrachen unbeschadet die Nebelwand.

Direkt hinter dem Nebel war ein weiteres großes Tor, welches durch einen noch viel größeren Minotaurus bewacht wurde. Doch dieser brüllte die Abenteurer an, dass er sie niemals passieren lassen würde, weil keiner von ihnen ein Mal als Beweis für abgeleistete Strafen trug. Das sie einen anderen Glauben hatten und sie sich in der falschen Totenwelt befanden war ihm vollkommen egal. Lyra hatte eine Idee, die sie sofort in die Tat umsetzen wollte. Sie wirkte „Feuerlanze“ und schoss diese auf den Minotaurus ab. Wutentbrannt packte dieser seine Axt mit einem mannshohen Blatt und rannte auf Lyra zu. Lyra wiederum hatte damit gerechnet und rannte zurück in die Nebelwand. Der Wächter folgte ihr. Semiramis lief zum Tor und öffnete dieses mit ihrer Gabe. Im Nebel versuchte der Wächter die Witterung der Feuerpriesterin aufzunehmen und schwang blind seine Axt. Lyra huschte schnell durch seine Beine und rannte zu ihren Gefährten (20). Schleunigst liefen sie durch das Tor, ehe der Minotaurus ihren Plan durchschaute.

Unterwegs äußerte Shaw und Lyra ihre Bedenken, ob sie es noch rechtzeitig zum Tor der Wiedergeburt schaffen würden. Denn seit ihrem Ableben hätten sie ja nur einen einzigen Tag Zeit, damit ihre Seele wieder in ihren Körper finden würde. Danach wären ihre Körper aufgrund des Verfalls nicht mehr fähig sich zu regenerieren. Und mittlerweile wären schon viele Stunden vergangen. Semiramis beruhigte sie. Einerseits würde die Zeit hier anders vergehen als in der Welt der Lebenden und andererseits bestünde ja die Möglichkeit in einen anderen Körper zu fahren. Mit diesem Gedanken wollten sie sich aber nicht auseinandersetzen.

Sie gelangten in einen alptraumartigen und blattlosen Wald. Die Bäume waren knöchern und missgebildet und die Stämme wiesen menschliche Gesichtszüge auf. Als sie ein Krächzen vernahmen, versteckten sie sich. Von ihrem Versteck aus hatten sie eine gute Sicht auf eine kahle Lichtung. Dort erblickten sie abermals geflügelte Wesen mit ledrigen Schwingen, die die baumgewordenen Menschen ohne Reue angriffen, ihnen ihre hölzernen Gliedmaßen in Form von Ästen abrissen und ihre Gesichter zerkratzten. Es waren Harpyien. Sie beschlossen einen Umweg in Kauf zu nehmen und konnten schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit diesen Wald hinter sich lassen.

Vor ihnen lag nun eine Sandwüste und der Boden flirrte vor Hitze. Alle paar Kilometer durchzog ein tiefer Graben ihren Weg. Zuerst ein Graben mit wehklagenden Personen, dann ein Graben mit Zauberern, die sich versuchten mit ihrer Magie gegen unsichtbare Feinde zu behaupten. Und jedes Mal mussten sie auf der einen Seite herunterrutschen, um nur wenige Augenblicke später auf der anderen Seite den Hang wieder empor zu klettern. Der dabei nachrutschende Sand unter ihren Füßen erschwerte das Vorankommen dabei immens. Der dritte Graben bereitete vor allem Lyra Probleme. Der Boden war nämlich ein Graben mit siedendem Pech und sie mussten von einem Fels zum nächsten Springen, um nicht in der brodelnden Brühe ihren endgültigen Tod zu finden. Lyra rutschte dabei aus und erregte die Aufmerksamkeit eines Teufels. Doch ihr gelang die Flucht. Der Teufel ging danach wieder seiner eigentlichen Arbeit nach und stach mit seinem Dreizack auf die Sünder ein, die versuchten aus dem Pech heraus zu klettern. Im letzten Graben krochen unendlich viele Schlangen am Boden herum, die sich mit ihren Leibern um Sünder wickelten und diese dann entweder zerquetschten oder mit ihren Bissen malträtierten.

Sie hatten schon beinahe ihre Hoffnung verloren in ihre eigenen Körper zurückkehren zu können, da erblickten sie in der Ferne vor sich einen spiralförmigen Berg am Horizont. Das war der Läuterungsberg und das Ziel ihrer beschwerlichen Reise. Mit neuem Mut und Hoffnung liefen sie nun schneller als je zuvor und erklommen diesen in kürzester Zeit. Als sie schließlich vor dem Tor der Wiedergeburt standen bremste sie Semiramis, denn sie musste noch Vorkehrungen treffen. Dafür müsste sie Shaw und Lyra ein Zeichen auf die Stirn einritzen. Wenn sie mit diesem Zeichen das Tor durchquerten würden ihre Seelen wieder in ihre toten Körper einfahren und wiederbelebt werde. Ohne dieses Zeichen würde nämlich nur eine normale Wiedergeburt stattfinden. Das bedeutete, dass sie all ihr Wissen und ihre Erinnerungen durch die Läuterung ihrer Seelen verloren und diese dann in die Körper von Neugeborenen einfahren würden. Das wollten die zwei nicht und ließen sich von Semiramis mit einem ihrer Fingernägel die Zeichen ritzen. Danach zeigte sie ihnen ein weiteres Zeichen, welche sie sich gut einprägen sollten. Sobald sie wiederbelebt wurden sollten sie einen schönen Frauenkörper finden und ihr dieses Zeichen einritzen, damit sich Semiramis Seele dieses Körpers bedienen könnte. Sie selbst wäre nämlich schon zu lange tot, um in ihren richtigen Körper zurück zu können. Shaw haderte und empfand dieses Vorgehen als falsch, denn es wäre gegen den Willen der Götter. Nach diesem Kommentar misstraute Semiramis Shaw und wollte ihn nicht mehr vorgehen lassen. Stattdessen entschied sie, dass Lyra als erste durch das Tor der Wiedergeburt gehen sollte und aktivierte vorerst nur ihr Zeichen mit einem ihrer Ankorale, einem magischen Letter. Sobald Semiramis die Aktivierung des Zeichens spüren würde, würde sie Shaws Zeichen aktivieren und ihr dann gemeinsam mit ihm durch das Tor folgen. Nachdem Lyra das Tor passiert hatte, machte Semiramis Shaw auf eine seltsame im Himmel über ihnen schwebende schwarz gefärbte hölzerne Konstruktion aufmerksam. Shaw konnte sich nicht erklären, was dieses Gebilde überhaupt darstellen sollte. Semiramis erklärte dass dieses Ding die „Büchse des Schicksals“ wäre, eines der Heiligtümer dieser Welt. Und es wäre doch sicherlich witzig, wenn er dieses Heiligtum zerstörte. Seinen Göttern würde er bestimmt damit einen Gefallen tun, wenn er damit in dieser Welt Chaos stiftete und somit einen anderen Glauben torpedierte. Shaw war ihrer Meinung. Also bereitete Semiramis mit zwei ihrer magischen Lettern ein Ritual vor. Shaw müsste nur noch mit seinen Händen die Lettern berühren, um ein Siegel zu aktivieren, welches die Büchse zerstörte. Der Ordenskrieger tat was die schwarz gewandete Frau ihm befahl und augenblicklich schoss ein Blitz empor, durchzuckte und entflammte diese schwebende Konstruktion. Kurz darauf explodierte die Büchse in einem gewaltigen Feuerball und brennende Trümmer fielen auf die Hölle hernieder und zerschellten am Boden. Aus deren Überresten entsprangen dunkle Schemen, welche sich wie ein geschwulstartiger Teppich unaufhörlich ausbreiteten.

Ljosgard: Nach Luft schnappend erwachte Lyra in ihrem eigenen Körper in einem dunklen Gewölbekeller, der nur spärlich mit einigen Kerzen ausgeleuchtet war. Sie erhob sich und erblickte die vielen anderen Toten, die hier in unzähligen Nischen lagen. Nicht alles waren Tote aus ihrem Kloster und viele sahen aus, wie ganz normale Dorfbewohner. Erst langsam realisierte sie ihre Verletzungen, die anfingen zu bluten. Sie heilte sich mit ihrer Magie und begab sich dann auf die Suche nach einem geeigneten Frauenkörper. Dabei fand sie einen schönen geschwungenen Dolch, der wohl zur Durchführung irgendwelcher Rituale angefertigt worden sein musste und steckte sich ihn ein. Schließlich fand sie einen Körper und markierte diesen mit dem Zeichen, welches ihr Semiramis zuvor zeigte.

Chryseische Hölle: Semiramis spürte auf der Stelle, dass Lyra das Zeichen angefertigt hatte und löste ihr Versprechen ein. Mit der Aufopferung ihrer letzten zwei Lettern aktivierte sie das Zeichen von Shaw, als auch ihres. Dann ging alles ganz schnell, denn eine wütende und brüllende Horde Feuerdämonen näherte sich ihnen in einem Tempo, welches schon beinahe an Wahnsinn grenzte. Rechtzeitig sprangen sie durch das rettende Tor.

Ljosgard: Hustend und röchelnd erwachten nun auch Shaw und Semiramis. Lyra kümmerte sich sofort um ihre Verletzungen. Semiramis gefiel ihr neuer Körper und bedankte sich bei Lyra. Als sie wieder wohlauf waren schauten sie sich in diesem weitläufigen Gewölbe um. Anfangs dachten sie noch, ihre Körper wären in einer Art Mausoleum aufgebahrt worden, doch dieser erste Eindruck täuschte. Sie betraten einen Raum mit einem steinernen Tisch auf dem die zersägten Überreste mehrerer Leichen lagen. Auf einem Pult im Hintergrund lag ein Buch in einem ledernen Einband, dessen Inhalt von Nekromantie handelte. Nachdem Lyra und Shaw für diese gepeinigten Seelen ein gemeinsames Gebet einstimmten, platzte Semiramis beinahe der Kragen. Sie spürte nämlich die Gefahr in der sie sich befanden und rief daher zu Eile.

Langsam und vorsichtig schlichen sie eine Treppe zum Erdgeschoss empor und gelangten durch eine Türe in einen langen Wehrgang mit einer Fensterfront zu ihrer Linken. Lyra und Shaw meinten in diesem Gebäude eine alte albische Kirche zu erkennen, die entweiht worden war. Auch wenn Semiramis direkt aus dem nächsten Fenster klettern wollte, um ihren neuen Körper nicht zu gefährden, wollten ihre beiden Begleiter sich noch ein wenig hier umsehen. Als sie so den Gang entlang schlichen hörten sie hinter einer Türe eine Frauenstimme, die jemanden mit der Beschaffung von weiteren Leichen für die Erschaffung eines Leichengolems beauftragte. Die Neugierde packte Lyra und so öffnete sie einen Spalt breit die Türe und spähte hinein. Sie erblickte eine Frau in einem langen mit Rüschen besetzten rosafarbenen (viktorianischen) Kleid, die in Richtung des Altars dieses Andachtsraumes schritt. Sie hatte blutrote leuchtende Augen und ein hochgestecktes Haar, dessen Farbe sich unentwegt änderte. Diese Frau kommandierte einige ihr im Weg stehende Skelette herum, ihr aus dem Weg zu gehen und die Skelette kamen ihrer Forderung ohne zu zögern nach. Vor dem Altar, der mit verstümmelten Körperteilen und menschlichen Schädeln entweiht worden war, kniete sie nieder. Allerdings konnte Lyra von ihrer derzeitigen Position aus nicht den Bereich hinter dem Altar einsehen und somit nicht erkennen, vor wem sich diese Frau verbeugte. Lyra zügelte ihre beinahe unstillbare Wut darüber, dass alle Zeichen ihres Glaubens mutwillig zerstört in einer Ecke herum lagen und zog sich vorerst zurück. Leise beratschlagten sie sich darüber, ob in ihrer aktuellen Lage eine Flucht die beste Idee wäre. Vor allen da sie noch etwas angeschlagen und zudem unbewaffnet waren. Doch diesen Frevel mussten sie noch Einhalt gebieten!

Gegen den Willen von Semiramis liefen sie zurück in den Keller und häuften dort eiligst alle Leichen auf. Diese Frau oben durfte niemals einen Leichengolem erschaffen! Shaw und Lyra sprachen ein Gebet zu den albischen Göttern und entzündeten daraufhin den Berg an toten Leibern. Dann hechteten sie die Treppe hinauf. Vor ihnen wurde plötzlich die Türe zum Andachtsraum hin aufgerissen und die unbekannte Frau stellte sie im Wehrgang. Sie hatte den Geruch verbrennenden Fleisches wahrgenommen und war von der Tat der Abenteurer gar nicht begeistert. Die Gruppe sprang durch die offenen Fenster und suchte ihr Heil in der Flucht durch den umgebenen Wald. Auf den ersten Metern beharkte sie die Frau im rosafarbenen Kleid mit Dutzenden von Blitzen und schnellen Feuerkugeln. Doch dann wurde sie von einer anderen Frau zurück gerufen.

Einige Zeit später mussten sie eine Rast einlegen, denn durch den magischen Beschuss waren sie alle schwer verletzt worden. Sie verbanden ihre Wunden und säuberten sich an einem Gewässer in der Nähe. Obwohl ihre Übereinkunft mit den beiden Glaubenskämpfern abgeschlossen war und sie nun ihres Weges gehen konnte, wollte Semiramis ihre zwei neuen Gefährten noch eine Zeit lang begleiten. Shaw und Lyra hatten nichts dagegen einzuwenden. Stundenlang irrten sie danach durch diesen weitestgehend unberührten Wald, bis sie am späten Nachmittag an einem Waldrand angelangten und auf einen kleinen Weiler blickten.

Ihre Sehnsucht nach Zivilisation war mittlerweile groß geworden und so freuten sie sich bereits im hiesigen Gasthaus eine Mahlzeit einzunehmen und ein paar Bier zu trinken. Doch das Gasthaus hatte zurzeit geschlossen, denn, so erfuhren sie von einem der Bewohnern, der Gasthausbetreiber und amtierende Dorfsprecher von Goldmoor wäre vor zwei Tagen verreist und noch nicht zurück gekehrt. Dann fragten sie den Dörfler noch nach einem Heiler, doch auch dies verneinte er (er wusste nicht, dass Minda eine ausgebildete Heilerin war und hielt sie für eine Kräuterhexe). Aber er erklärte ihnen, dass am gestrigen Tage eine Gruppe Reisender im Dorf aufgetaucht war und ihr Zeltlager am östlichen Waldrand aufgeschlagen hatte. Unter diesen Reisenden war auch eine Elfe, die sich bestimmt mit Heilung auskannte.

Da ihnen nichts anderes übrig blieb verließen sie das Dorf und marschierten zum besagten Zeltlager. Bei ihrer Ankunft dort bereiteten die Lagerer bereits ein Mahl über einer offenen Feuerstelle zu. Diese seltsame Gruppe dort bestand aus einer Elfe, einer Frau aus einem Land weit im Osten, einer Schmiedin, einer Ritterin und einem kleinen adligen albischen Jungen.

 

(Notiz: Von nun an gibt es kursiv geschriebene Absätze an den Enden der jeweiligen Akte. Dies sind Begebenheiten, die parallel zum jeweiligen Akt stattfanden und von denen die Abenteurer und deren Spieler zu diesem Zeitpunkt noch kein Wissen hatten. Zu einem späteren Zeitpunkt könnten diese Handlungen aber noch Einfluss auf das Geschehen der Helden nehmen)

 

Ljosgard: In der entweihten Kirche bat die Frau im rosa Kleid ihre maskierte Herrin um Vergebung. Hätte sie diesen hinterhältigen Angriff nur etwas früher bemerkt, dann wären nicht so viele Leichen verbrannt worden. Doch ihre Herrin vergab ihr. Immerhin könnten die Heerführer der Twyneddin ihr neue Leichen beschaffen. Im Gegenzug würden diese finanzielle Mittel erhalten, um ihr Heer gegen diese albische Pest weiter aufzurüsten. Dieser Vorfall verzögerte lediglich die Erschaffung des Leichengolems. Aber Remilia sollte Vorkehrungen treffen, falls dieser Abschaum wieder versuchen sollte ihren Plan zu vereiteln.

 

Chryseische Hölle: Daimon, der Herr der Unterwelt, war erbost und hielt eine Ansprache zu seinen Generälen. Aufgrund der Zerstörung der „Büchse des Schicksals“ ergoss sich eine endlose Flut an Flüchen und personifizierten Sünden in die Höhlen der Hölle. Sie mussten schleunigst ein Heer aufstellen und sich dieser finsteren Macht entgegenstellen, da die Unterwelt ansonsten dem Untergang geweiht war. Seine besten Kämpfer, die Feuerdämonen der Goldenen Schar, sollten aber eine andere Aufgabe erhalten. Sie sollten sich bereit machen und nach Ljosgard gehen, um die Sünder zu finden, die es wagten der Unterwelt den Krieg zu erklären. Ihnen sollten ewige Qualen in den Feuern der Hölle drohen! Für diesen Rachefeldzug sollte die Goldene Schar auch die Erlaubnis erhalten, die Mischwesen, welche einst von den Arracht erschaffen worden waren, in den Kampf zu führen. Dazu gehörten auch Mantikore und Chimären.

 

Akt 5:

Sturm auf die Gilde der Sklavenjäger:

 

Teilnehmende Abenteurer:

Garoth MacThorne (Ljosgard, Mensch, Alba, Hexenjäger, Grobschmied),

Armadia (Ljosgard, Mensch, Alba, Wildläuferin, Jägerin),

Lathana Tyrell (Ljosgard, Mensch, Alba, Bardin, Botin),

Thorandor (Ljosgard, Mensch, Alba, Schamane, Wirt),

Sledge MacHammer (Ljosgard, Alba, Mensch, Söldner, Grubschmied)

 

Myrkgard: Um Luis aus den Klauen der Sklavenjägergilde zu befreien mussten sie in die andere Stadt Herenas, nach Südwind, reisen. Zwei Wege führten dorthin. Der längere Weg schlängelte sich an der Küste entlang, während der kürzere Weg auf direktem Weg über die Hügelkette und an der Festung König Berians vorbei führte.

Sie nahmen den kürzeren Weg. Als sie die Festung erreichten sahen sie die dortige Großbaustelle mit ihren vielen Baugerüsten. Allem Anschein nach wurde dort gerade ein großer neuer Rundturm errichtet. Sie benahmen sich völlig unauffällig, als sie die dortigen Wachen passierten (20).

Als sie über die letzte Anhöhe gingen konnten sie die am Fuße der Hügelkette liegende Hafenstadt Südwind erkennen. Inmitten der Stadt erhob sich eine alles überragende Rauchsäule und aufgebrachte Menschen schrien in der Ferne. Amadia wirkte „Hören von Fernem“ und vernahm Knall- und Kampfgeräusche von dort. Wurde die Stadt etwa gerade angegriffen? Sie folgten dem Weg weiter und gelangten über die Hauptstraße in die Stadt hinein. Viele Schaulustige drängten sich auf den Straßen, während andere sich in Panik in ihren Häusern einschlossen. Jäh hörten die Knallgeräusche auf. Nachdem sie sich durch die Menschentraube drängten, kamen sie am Rande eines Marktplatzes an. Dort hatten einige Wachen die offene Fläche des Platzes mit Barken abgesperrt. Im Hintergrund lagen etwa zwei Dutzend Leichen auf dem Boden. Die Toten waren teils schäbig gekleidet, andere trugen die Rüstungen der hiesigen Wachen. Zwei blau gewandete Gardisten, ein junger Mann und eine junge Frau, mit Magierstecken inspizierten die Leichen. Die Gruppe schaute genauer hin, doch konnten weder Kinder noch einen Zwerg unter den Todesopfern erkennen. Das erleichterte sie. Hinter diesem Schlachtfeld sahen sie ein riesiges Gebäude, welches lichterloh brannte. Türme, Erker und Teile der Fassade brachen hinunter und der Dachstuhl stürzte in sich zusammen. Als sie auf dem Boden aufschlugen schnellten dichte Rauchschwaden durch die Gassen und erschwerten die Sicht. Mehrere Leiterwagen mit Wasserbehältern wurden heran gekarrt, damit eine Hundertschaft an Feuerwehrleuten und freiwilligen Helfern mit den Löscharbeiten beginnen konnten, ehe sich das Feuer auf die benachbarten Gebäude ausbreitete.

Garoth wandte sich an einen der Schaulustigen und fragte ihn, was hier geschehen war. Nach seinem Kenntnisstand hatte jemand am frühen Morgen versucht die Sklaven aus dem Auktionshaus zu befreien und legte anschließend einen Brand. Auf der Flucht hätten sich diese Eindringlinge ein schweres Gefecht mit den Wachen geliefert. Einige der Sklaven entkamen mit den Angreifern, aber die Gardisten konnten einen Teil der Flüchtigen noch an Ort und Stelle überwältigen und über sie richten. Vermutlich gehörten diese Terroristen dem Widerstand an.

Die Abenteurer waren sich einig, dass sie die Mitglieder des Widerstandes ausfindig machen mussten. Denn vielleicht wussten sie wo sich Luis aufhielt. Aber Sledge befürchtete, der Widerstand hätte mit diesem Angriff zu viel Aufsehen erregt und sich nun vorerst an einen geheimen und ruhigen Ort zurückgezogen, bis sich die Lage etwas beruhigte. Thorandor schlug vor in der Kanalisation nach ihnen zu suchen. Dort würde sie sicherlich niemand vermuten. Da sie sonst keinen anderen Anhaltspunkt hatten, folgten sie Thorandors Vorschlag.

In einem Hinterhof etwas abseits der Menschenmenge öffneten sie einen Kanaldeckel. Grausiger Gestank drang ihnen in die Nase. Sie entzündeten eine Laterne und Thorandor und Lathana stiegen eine Leiter hinab in die Kanalisation. Ihre Kameraden sollten oben warten. So durchstreiften sie die schmalen Ziegelsteintunnel, in denen knöcheltief das Abwasser stand. Die Kanalisation war viel größer und weitläufiger als sie zunächst angenommen hatten. Irgendwann vernahm Thorandor Stimmen. Vorsichtig folgten sie diesen und gelangten zu einem Kreuzrippengewölbe. Dieses war erhöht errichtet worden, sodass sie dort trockenen Fußes waren. In diesem Gewölbe waren mehrere einfache Hütten errichtet worden, in denen zwölf Bettler lebten. Schnell kamen sie mit ihnen ins Gespräch. Die Bettler lebten hier, da sie ihre Steuern nicht mehr bezahlen und nicht als Sklaven enden wollten. Hier unten gäbe es noch mehrere solcher Siedlungen, in denen etwa hundert Personen lebten. Trotz ihrer derzeitigen Lebensweise besaßen diese Bettler tiefgreifendes Wissen um die hiesigen Herrscher und konnten den Abenteurern wichtige Informationen mitteilen. So hatte König Berian von Herena verlautbaren lassen, dass all seine Probleme bald gelöst wären, da er nun eine Möglichkeit fand einfacher an mehr Sklaven zu gelangen. Außerdem waren die Bettler der Ansicht, dass der entführte Freund der Abenteurer sich noch immer in der Sklavenjägergilde „Diener des Adels“ aufhielt. Diese wurde von einem Mann namens Hemford geleitet. Als Dank für diese Neuigkeiten bat Thorandor ihnen an sie alle mit nach Goldmoor zu nehmen.

Die Nacht war bereits hereingebrochen, als Thorandor und Lathana die Kanalisation verließen und zu ihren Kameraden stießen. Beide erzählten ihren Gefährten von den Obdachlosen im Untergrund und dass sich Luis höchstwahrscheinlich im Gildengebäude der Sklavenjäger aufhielt. Zudem erzählte Thorandor einigen Bettlern angeboten zu haben sie mit nach Goldmoor zu führen, um ihnen ein menschenwürdigeres Leben zu bieten und das Dorf auszubauen. Er verschwieg aber, dass es bis zu hundert Obdachlose waren. Aber seine Gefährten hatten keinen Grund ihm zu misstrauen. Erst jetzt fiel ihnen auf, dass trotz der wolkenlosen Nacht nur ausgesprochen wenige Sterne am Himmel strahlten. Zudem war vom Mond keine Spur zu sehen. Ohne die Laternen an den Straßen wäre dies eine sehr finstere Nacht.

Am Hafenbecken wuschen sich Lathana und Thorandor. Danach ging es mit Ramenthur im Schlepptau zum Hauptquartier der Sklavenjäger. Das Gildenhaus glich einem riesigen Palais. Obwohl es schon dunkel war, brannte im Erdgeschoss noch Licht. Daher betraten sie das Gebäude durch den Haupteingang, als wären sie normale Kunden. Amadia blieb aber draußen zurück. Im Foyer wurden sie von einer adrett gekleideten Dame hinter einem Empfangstresen begrüßt. Die Abenteurer gaben sich als interessierte und potentielle Kunden aus dem Norden aus, was ihren Dialekt und Kleidung erklärte, die gerne ihren angeleinten Sklaven eintauschen würden. Sie wären nämlich sehr an einem kleinen Jungen interessiert. Die Dame bat sie daraufhin in einem Nebenzim-mer an einer langen Tafel Platz zu nehmen, während sie den Gildenleiter für das Verkaufsgespräch holte. So nahmen sie an der protzigen Tafel Platz und ließen sich in die bequemen gepolsterten Stühle sacken. Eine Frau in Dienstmädchenuniform erschien und schenkte ihnen einen wohl-schmeckenden Wein ein. Dann trat Gildenleiter Hemford herein und setzte sich zu diesen neuen Kunden. Die Abenteurer wiederholten ihm ihr Anliegen. Ihr derzeitiger Sklave (Ramenthur) war körperlich am Ende und hatte daher ausgedient. Nun wären sie an einem neuen Sklaven interessiert. Dabei dachten sie an einen kleinen Jungen, den sie noch erziehen und formen könnten. Aufgrund eines Anschlages hatte Hemford zurzeit nur noch einen Sklaven „auf Vorrat“, der ihren Vorstellu-ngen entsprach. Für diesen müsste er aber 8.000 Goldstücke verlangen. Wenn sie ihren derzeitigen, gebeutelten Sklaven in Bezahlung geben würden, dann würde sich der Verkaufspreis um 200 Goldstücke reduzieren. Sledge versuchte über den Preis zu verhandeln, hatte aber bei diesem Geschäftsmann keinen Erfolg. Die Gruppe willigte in dieses Geschäft ein. Hemford forderte danach sein Dienstmädchen auf oben seine Angestellten Ina und Christian zu holen. Als sie ging bat Hemford sie um ein wenig Geduld, damit er die notwendigen Papiere holen könnte und verschwand. Einige Augenblicke später wurden sie von einer Dame gebeten die Haupttreppe nach oben zu gehen. Hemford hätte nun die notwendigen Papiere und wartete in seinem Büro auf sie. Sie standen auf, liefen durch das Foyer und betraten die Treppe. Sofort wurden sie von zwei Gardisten in blauen Gewandungen mit Magierstecken aus dem ersten Obergeschoss unter Beschuss genom-men. Rauchsäulen schossen mit lauten Knallgeräuschen aus den Oberteilen ihrer Stecken auf sie zu. Als die Abenteurer ihre Waffen zogen und sich hinter den Ecken der angrenzenden Wände versteck-ten, flohen auch die zwei weiblichen Bediensteten aus dem Erdgeschoss um ihr Leben. Sledge versuchte sich ihnen frontal zu nähern, indem er Ramenthur als lebendes Schutzschild vor sich hielt. Als Ramenthur getroffen wurde und auf der Stelle verstarb, mussten sie schnell handeln, ehe auch sie hier den Tod fanden. Mit erhobenen Waffen stürmten sie nun gemeinsam die Treppe hinauf.

Vor dem Haupteingang des Gildenhauses wartete Amadia, bis sie plötzlich laute Donnerschläge aus dem ersten Obergeschoss vernahm. Sie wusste, dass ihre Kameraden in Gefahr waren. Vielleicht hatten auch die Bediensteten der Gilde ihren ehemaligen Mitarbeiter Ramenthur trotz seiner Verkleidung erkannt (natürlich hatte Hemford ihn erkannt). Schleunigst kletterte sie die reich verzierte Front des Gebäudes empor und schaute durch eines der großen Fenster über dem Eingang. Dort sah sie, wie zwei Gardisten mit ihren Magierstecken eine Treppe herunterschossen. Eine dritte bewaffnete Wache stand mit dem Rücken zu ihr. Amadia fasste Mut, sprang durch das Fenster und mit den Knien voran der Person in den Rücken und nockte sie aus.

Am oberen Absatz der Treppe ging das Gefecht in einen Nahkampf über. Doch die beiden Gardisten, ein Mann und eine Frau, waren gut ausgebildet. Als die Gardistin durch einen Angriff Thorandors etwas abgelenkt war, holte Sledge mit seinem Hammer aus. Durch die Wucht dieses Schlages verlor sie sofort das Bewusstsein. Amadia wollte gerade ihren Kameraden helfen, die sich nur wenige Meter von ihr entfernt befanden, da bemerkte sie noch eine weitere Person, die sich links von ihr hinter einer Türe aufhielt und durch einen Spalt nach draußen lugte. Die Waldläuferin witterte einen Hinterhalt und rannte wie ein Berserker auf die Türe zu und durchbrach diese (St:1). Holzsplitter schleuderten in den dahinter liegenden Raum hinein und in einem weiten Bogen wurde die Person hinter der Türe gegen einen Schreibtisch katapultiert, wo sie leblos liegen blieb (lustigerweise war es kein Hinterhalt sondern ein einfacher Büroangestellter gewesen^^). Als die Gruppe dann gemeinsam ihre Waffen auf den Gardist richteten, stellte dieser sich schützend vor die am Boden liegende Gardistin. Sie war seine Schwester gewesen und daher wollte er keinen weiteren Schritt weichen. Garoth konnte aber erfolgreich auf ihn einreden und ihn überzeugen seine Waffe niederzulegen. Da sie versprachen seiner Schwester kein Haar zu krümmen, senkte er seine Waffe und ergab sich. Die Abenteurer fesselten ihre Gefangenen und kümmerten sich dann um die schwere Kopfverletzung der Gardistin Ina.

Mittlerweile war es weit nach Mitternacht. Christian erklärte ihnen, dass sich die Sklaven im Keller befanden. Danach eilten Amadia, Lathana und Thorandor sofort nach unten, wo sie einen Käfig mit versklavten Frauen befand. Darunter war auch Christine vom Widerstand, die sehr erfreut war ihre alten Freunde aus der anderen Welt zu sehen. Da es ihnen unmöglich war das Schloss des Käfigs zu öffnen suchten sie verzweifelt in dem Kellergewölbe nach dem passenden Schlüssel. Aber sie wurden nicht fündig.

Lathana ging wieder nach oben und stellte den Gardisten Christian zur Rede, wo denn die Schlüssel zu finden wären. Dieser gab ihr die gewünschte Information und so konnten sie endlich die acht im Käfig einsitzenden Frauen befreien. Die Frauen erzählten ihnen, dass die männlichen Sklaven inklusive Barok bereits vor über einem Tag einen erfolgreichen Fluchtversuch unternahmen, aber seitdem nicht wiederkehrten. Außerdem gäbe es im zweiten Obergeschoss dieses Gebäudes neben einigen Büros noch weitere Zellen für die besonderen Gefangenen Hemfords. Christine und Baroks Schiffe wurden auf der Überfahrt nach Herena von drei Schiffen unter dem Banner von König Berian gestellt. Ihre Schiffe wurden beschlagnahmt und der Großteil ihrer Besatzung geriet in Gefangenschaft.

Zeitgleich schaute sich Schmied Garoth die beiden Magierstecken der Gardistengeschwister Christian und Ina etwas genauer an. Von magischen Waffen dieser Art hatte er nämlich noch nie etwas gehört. Christian erklärte ihm aber, dass dies keine Magierstecken, sondern repetierbare Flinten waren. Bevor Garoth weitere Einzelheiten über diese Waffen erfragen konnte, stießen die Personen aus dem Keller zu ihm und Sledge. Thorandor bat die befreiten Frauen friedlich auf ihre vier Gefangenen aufzupassen. Im Gegenzug würde er sie nach Goldmoor, einem sicheren Ort, bringen. Als sich Thorandor dann etwas gegenüber Lathana rechtfertigen musste, wie viele Personen er noch in ihrer Heimat ansiedeln wollte, verriet dieser sich mit seiner etwas zu niedrig angesetzten Zahl an Obdachlosen aus der Kanalisation (1).

Die Abenteurer machten sich bereit und stürmten in das zweite Obergeschoss. Am Ende eines langen Flures versperrte ihnen eine schön verzierte Holztüre den Weg. Das musste das private Büro des Gildenmeisters Hemford sein! Lathana schlich zur Türe und packte den Türgriff. Direkt als sie die Türe öffnete, wurde sie von Hemford, der sich hinter seinem Schreibtisch versteckte, mit einer kürzeren Art dieser Magierstecken angeschossen. Sofort preschten ihre Kameraden in das Büro und machten mit Hemford, der Zeit damit verschwendete seine Waffe vorzubereiten, kurzen Prozess.

Lathana hatte eine stark blutende Wunde von Hemfords Angriff davon getragen. Da keiner außer ihr in der Heilkunst bewandert war und ihr somit niemand helfen konnte, mussten sie sich mit der Suche nach Luis beeilen. Sie fanden ihn dann angekettet in einem Nebenraum und befreiten ihn. Auf dem Weg nach unten sagte er, dass gestern die Bäuerin Marilyn aus ihrem Heimatdorf mit einem komischen Mann hier war. Beide hätten ihn gesehen aber trotzdem zurückgelassen.

Auf der Treppe ins erste Obergeschoss brach Lathana aufgrund ihrer Verletzung zusammen, sodass sich Thorandor um sie kümmern musste. Schnell riefen sie Christine herbei, die sich ihre Wunde anschaute. Christine sagte ihnen, dass sie eine Schusswunde erlitten hatte und nun eine Kugel in ihr Steckte. In Lathanas Lage dürften sie diese aber nicht entfernen, da man dadurch die Verletzung nur verschlimmern würde (20). Christine legte ihr daher nur einen Druckverband an, um die Blutung zu stillen. Die Gruppe zweifelte aber Christines Diagnose an. Zu Unrecht!

Wieder bei ihren Geiseln und den befreiten Frauen sagte Christine, dass der Widerstand mit der Organisation der Klingen vereinbart hatte im Notfall bei ihnen untertauchen zu können. Der Unterschlupf befände sich in einem Hof im Zentrum von Herena-Stadt.

Sie verbanden die Augen ihrer vier Gefangenen und gingen hinab ins Erdgeschoss. Sie wollten sie am Leben lassen und sie zur Befragung dem Widerstand übergeben. Garoth verließ das Gebäude und wunderte sich, weil nirgends Wachen zu sehen waren. Verfügte dieses Königreich etwa nur über sehr wenige Wachen? Und warum begehrte das Volk dann nicht gegen diese grausame Herrschaft auf? Doch er hatte Wichtigeres zu erledigen, als sich jetzt darum Gedanken zu machen. Er ging zur angrenzenden Stallung und wollte für die Frauen und ihre Geiseln einen fahrbaren Untersatz auftreiben. Er hatte die Wahl zwischen einem einfachen Leiterwagen mit einem Käfig auf der Ladefläche und einer luxuriösen und federgelagerten Kutsche. Um nicht aufzufallen, entschied er sich für den Leiterwagen, spannte zwei Pferde vor und fuhr dann vor den Eingang des Gildenhauses. Nachdem alle aufgestiegen waren und sie auch die Waffen von Christian, Ina und Hemford aufgeladen hatten, verließen sie die Hafenstadt zur Küste hin.

Aufgrund der wenigen Sterne und des fehlenden Mondes herrschte außerhalb der Stadt absolute Finsternis. Daher entzündeten sie die am Wagen angebrachten Laternen und fuhren vorsichtig weiter. Garoth fragte Christine wieso kein Mond am Himmel zu sehen war. Doch sie schaute ihn nur verwundert an und fragte, was er mit „Mond“ überhaupt meinte.

Einige Stunden vor Sonnenaufgang erreichten sie Herena-Stadt und bogen wenig später in den besagten Hinterhof ein. Christine klopfte an eine Kellerluke, bis sich jemand meldete und sie hereinbat. Als alle den Unterschlupf betreten hatten, gab sich der Fremde, der eine Maske trug, zu erkennen. Er nannte sich selbst Merowinger und war der Sprecher der Klingen. Dann wurden sie vom heranstürmenden Zwerg Barok unterbrochen, der Christine umarmte und einige Zentimeter in die Lüfte hob. Nachdem einige Mitglieder der Klingen die Gefangenen in die Zellen warfen und die Abenteurer ihre erlittenen Verletzungen versorgt hatten, bat sie Barok mit ihm zu kommen. Er führte die Gruppe in einen Aufenthaltsraum, in dem bereits Christine und Merowinger warteten. Während eines folgenden kleinen Trinkgelages tauschten sie ihre Informationen aus. Bei Baroks Angriff auf das Auktionshaus, in dem für gewöhnlich die Sklaven der Gilde versteigert wurden, tötete einer seiner Freunde den dortigen führenden Lageristen. Bei dieser Aktion entwendeten sie einen Ordner mit Geheimdienstinformationen, den sie den Abenteurern vorlegten (siehe: Seiten 16-18). Da keiner der Abenteurer die Schrift lesen konnte, las Barok ihnen die Schreiben vor. Alle waren begeistert davon, dass der Stadtstaat Julista die Abschaffung der Sklaverei und Sklavenhaltung beschlossen hatte. Davon war Herena noch weit entfernt und irgendjemand musste König Berian aufhalten. Denn vor einigen Wochen entsandte er, wie schon so oft, seine drei Schiffe mit einem Großteil seiner Männer, um an den Küsten der Nachbarländer illegal auf Sklavenjagd zu gehen. Daher blieben König Berian zurzeit vielleicht noch etwa zwanzig Männer. Sledge schlug vor diesen Umstand auszunutzen und den König zu stürzen. Merowinger war dagegen und wollte ihn dabei nicht unterstützen, um seine Männer nicht zu gefährden. Aufgrund solcher Aussagen und da sein gegenüber sein Gesicht hinter einer Maske verbarg, misstraute Sledge Merowinger.

Später unterrichtete Sledge seinen Gefährten noch seine Vermutung, dass es eine schlechte Idee wäre, die Gefangenen in diesem Versteck zu lassen. Wer sagte denn, dass Merowinger die Informationen, die er von seinen Gefangenen erhielt, mit ihnen teilen würde? Er könnte versuchen Kapital daraus zu schlagen oder die gewonnen Informationen zu seinem eigenen Vorteil auszunutzen. Nach einer längeren Beredung waren sie zwar immer noch nicht zu der Ansicht gelangt, dass sie Merowinger oder den Klingen vollends trauen könnten, wollten die vier Gefangenen aber trotzdem hier lassen.

Nachdem sie die Klingen und dem Widerstand berichteten, wo sich das Weltentor befand, verabschiedete sich Thorandor. Im Morgengrauen lief er an der Küste zurück zur Hafenstadt Südwind, um wie versprochen die im Untergrund lebenden Obdachlose abzuholen und sie nach Goldmoor in ein besseres Leben zu führen. Dies hatte sich in der Kanalisation bereits herumgesprochen, doch vielen schien dies zu schön, um wahr zu sein. Aus diesem Grund waren auch nur neun von ihnen bereit Thorandor zu folgen. Dies enttäuschte ihn.

Nach seiner Rückkehr gingen die Abenteurer mit Luis und in Begleitung der Obdachlosen, sowie der befreiten Frauen in das Lagerhaus. Es war unverändert und scheinbar wurde es zwischenzeitig von niemandem mehr betreten. Der König musste zurzeit tatsächlich über sehr wenige Wachen verfügen.

Goldmoor
Goldmoor

A - Haus des Dorfsprechers / Versammlungshaus

B - Haus von Harold und seiner Tochter Libella

C - Haus des ehemaligen Dorfsprechers Isha

D - Haus des Webers Noel

E - Haus des Schäfers Henri

F - Haus von Schweinebauer Marek

G - Haus von Viehzüchter Wallace

H - Schänke und Wohnhaus von Thorandor

I - Brunnen

J - Jagdhütte von Armadia

K - Schmiede und Wohnhaus von Sledge

L - Schmiede und Wohnhaus von Garoth

M - Ledergerberei und Wohnhaus von Corvin und seinem Sohn Luis

N - Haus von Minda

O - Zeltlager

P - Gräberhügel

Q - Tempel der Dheis Albi

R - Hochsitze

Ljosgard: Gemeinsam mit Luis und den Flüchtlingen gelangten sie im Säulenraum der Goldmine an und begaben sich auf ihren Weg nach Goldmoor. Die Säcke mit den zwanzig Zentnern Golderz ließen sie abermals zurück.

Als sie aus dem Waldrand schritten bemerkten sie das kleine Zeltlager am Rande der Ortschaft, in dem sich eine kleine Gruppe Reisender niedergelassen hatte. Doch dafür hatten sie jetzt keine Zeit, denn auf dem Dorfplatz vor dem Versammlungshaus wartete bereits eine Gruppe Menschen auf die Rückkehr des Dorfsprechers. Es handelte sich bei ihnen um sieben Kleriker und Mönche aus dem Kloster „Gnade des reinigenden Feuers“, sowie acht einfache Dorfbewohner. Sie alle kamen aus dem Norden und flüchteten vor den heran nahenden Twyneddin hierher. Ihrer schmutzigen und zerrissenen Kleidung nach hatten sie eine beschwerliche Reise hinter sich und sehnten sich nach einem neuen Zuhause und Sicherheit.

 

Ljosgard: Eine Gruppe Reiter trabte gemächlich durch den Wald in Richtung der Burg MacTuric. Es war Fürst Regis, der mit seinem neuen elfischen Berater Syphael und einer Schar seiner Garde nach hause kehrte. Doch er schien nicht glücklich zu sein. Er kam gerade von den MacRathgars zurück, die ihn zu einer Audienz geladen hatten. Die MacRathgars hatten ihm einen Vorschlag für die Beilegung ihrer Fehde unterbreitet. Doch dafür verlangten sie einen hohen Preis: Ein Viertel des Territoriums der MacTurics. Sie wären aber auch mit einem Zahlungsausgleich einverstanden. Doch obwohl es um weit mehr als diese Fehde ging, konnte Fürst Regis nicht sofort zustimmen und bat um etwas Bedenkzeit. Tatsächlich stand Fürst Regis mit dem Rücken zur Wand, denn er hatte kaum noch finanzielle Ressourcen. Die Grenzkonflikte mit den Twyneddin und den MacRathgars zehrten an allen Ecken. Sein eigenes Clangebiet war ohnehin schon klein und wenn er jetzt noch einen beträchtlichen Teil davon an die MacRathgars überschreiben würde, dann wäre dies für seinen Clan ein wirtschaftliches Desaster. Aber einen offenen Krieg konnte er sich auch nicht erlauben, da er hierfür schlichtweg zu wenige waffenfähige Männer hatte. Zum Glück traf er unterwegs auf einen elfischen Gelehrten. Und wer weiß? Vielleicht könnte er ihm aus seiner misslichen Lage einen Weg weisen?

 

Ljosgard: Nachdem Corvin und seine Frau ihren Sohn Luis wieder in ihre Arme geschlossen hatten, rügten sie ihn für das Betreten der gesperrten Mine. Noch am selben Abend verließ Luis sein Elternhaus kurz, um seinen Kopf frei zu bekommen. In seinem Leben hatte er bereits so viel Unsinn angestellt und Leuten jeden nur erdenklichen Streich gespielt und trotzdem waren gerade diese Menschen, wie Sledge, bereit gewesen sein Leben zu retten. Das musste ein Zeichen der Götter gewesen sein! Am Waldrand setzte er sich auf einen Baumstumpf und betete, da er seine Lektion gelernt hatte und er von nun an sein Leben zum Besseren ändern würde. Er würde in die Lehre gehen und irgendwann so stark sein, wie ein Fels, damit er auch anderen das Leben retten könnte. Kaum hatte er sein Gebet mit diesem Schwur beendet, da erschien wie aus dem Nichts vor ihm ein goldenes Pergament. Es schwebte in der Luft. Anscheinend hatten die Götter ihn erhört, also nahm er das Schriftstück an sich. Obwohl er des Lesens nicht mächtig war, wusste er, was darauf geschrieben stand. Es war nur ein Wort. Ein Name. Medusa. Unter Tränen des Dankes nahm er es an sich. In dem Moment, als eine seiner Tränen auf das Schreiben fiel, hörte er klar eine alles durchdringende Stimme in seinem Kopf: „Hiermit akzeptiere ich deine Tränen und die darin liegenden starken Gefühle, sowie deinen Wunsch als Katalysator. Möge der Heldengeist an deiner Seite dir den rechten Weg weisen!“ Das goldene Pergament verschwand augenblicklich und an seiner Stelle erschien nun ein junges Mädchen unter einem langen Cape. Sie lächelte ihn an.

 

Empyrëum um Myrkgard: Der fliegende weiße Baum, den ein valianischer Beobachter bereits vor über einem Monat entdeckt hatte, erreichte nun den umliegenden Raum der Welt Myrkgard. Der Baum war in Wahrheit die Heimat einer rein weiblichen Kriegerrasse, die sich selbst die Flügel nannte. Obwohl ihr Äußeres den Engeln sehr ähnlich war, waren sie eine dämonische Rasse. Von einem unbekannten Meister in einer weit entfernten und fremden Welt, als selbstständig denkende und handelnde Waffen vor Äonen von Jahren erschaffen, um Götter zu töten und Welten zu versklaven. Ihre Kaiserin entsandte nun einige ihrer Flügel, um die unter ihnen liegende Welt auszukundschaften und um heraus zu finden, mit welcher Gegenwehr sie zu rechnen hätten, wenn sie diese Welt übernahmen. Diese Welt rief regelrecht nach ihnen. Der Kelch rief nach ihnen! Sie mussten einfach hierher kommen! Nur dieses Relikt könnte ihren unstillbaren Durst nach Macht und Krieg stillen.

Vor einigen Jahrhunderten hatten sie von dem Kelch erfahren und waren seitdem auf der Suche danach gewesen. Als sie schließlich seinem Rufen folgten, verstummte dieser vor 800 Jahren plötzlich. Vor zwanzig Jahren schien es, als ob das Rufen für eine kurze Zeit wieder erstarkte. Doch dann war wieder Stille. Jetzt rief der Kelch bereits seit einigen Wochen nach ihnen und sein Rufen wurde stärker. Und nun waren sie so kurz davor ihn zu finden. Niemand dürfte sich ihnen in den Weg stellen! Keiner kann mit Gnade rechnen!

Was die Flügel selbst nicht wussten, ist, dass das Relikt bereits viel älter war und seine Erschaffung beinahe zum Beginn der Zeit zurück reichte. Der erste richtige Versuch der Aktivierung im Krieg der Magier scheiterte. Dann wurde das Relikt durch die Trennung der Welten Ljosgard und Myrkgard vor 800 Jahren in zwei Teile gerissen, wodurch sein Rufen verstummte. Als vor zwanzig Jahren das Weltentor zwischen Ljosgard und Myrkgard für kurze Zeit aktiviert wurde, riefen sich die beiden Teile des getrennten Kelches einander zu. Doch die Verbindung wurde durch das Schließen der Weltentore wieder getrennt. Nun ist die Verbindung zwischen den zwei Schwesternwelten wiederhergestellt und der Kelch mochte um jeden Preis wiedervereint werden. Dazu war ihm jedes Mittel recht. Selbst die Hilfe einer fremden Rasse, wie die der Flügel.

 

Akt 6:

Dunkle Vorzeichen:

 

Teilnehmende Abenteurer:

Salina Ameris aus dem Drachenthal (Ljosgard, Mensch, Küstenstaaten, Ordenskriegerin der Priorei des Goldenen Drachen von Monteverdine, Untersuchungsbeamtin),

Jocelynn MacKenzie, Schmiedin vom Kupferberg (Ljosgard, Mensch, Alba, Schmiedemeisterin, Waffenschmiedin),

Belimone Tinnúviel (Ljosgard, Elfe, Broceliande/Alba, Heilerin, Musikantin),

Kizuna (Ljosgard/Grüne Hügel, Fuchsgeist, TsaiChen-Tal, Musikmeisterin und LüMuSchih, Tänzerin),

Shaw (Ljosgard, Mensch, Alba, Ordenskrieger, Verwalter),

Lyra, die rote Priesterin (Midgard, Alba, Priesterin, Rechtsgelehrte),

Semiramis (Ljosgard, Aran, ???, ???)

 

Anmerkung: Dieser Akt wurde nie gespielt. Er dient lediglich dafür aufzuzeigen, was die Folgen diverser Handlungen waren und um den Spielern neue Handlungsstränge in dieser Sandbox aufzuzeigen.

 

Ljosgard: Da der Dorfsprecher dieses Weilers nicht anzutreffen war, schlug eine Gruppe von fünf Abenteurern ihr Zeltlager am Waldrand von Goldmoor auf. Bei diesen handelte es sich um die Ordensritterin Salina Ameris aus dem Drachenthal, die Schmiedemeisterin Jocelynn MacKenzie, die Musikmeisterin und Wanderschamanin Kizuna, die elfische Heilerin Belimone Tinnúviel und ihren jungen Schützling Wallace MacKenzie von Ruan Ore.

Während ihre Kameraden das Lager fertig vorbereiteten ging Kizuna zurück in den Ort und kaufte Nahrungsmittel für ihre Gefährten bei den ansässigen Landwirten ein. Trotz ihres fremdländischen Aussehens und ihrer eigentümlichen Gewandung waren diese Menschen nicht verwundert über sie und traten ihr offenherzig gegenüber. Es war beinahe so, als ob die Bewohner dieses Dorfes häufiger Besuch von Ausländern hatten, die mit ihnen handeln wollten. Als sie die Umgebung genauer in Augenschein nahm, bemerkte sie an einigen Häusern, unter anderem an der Schänke, kleine mysteriöse Kreidezeichnungen. Waren dies etwa Zauberrunen oder gar Schutzzeichen? Obwohl sie sich den Kopf über diese Zeichen zerbrach, konnte sie ihre Wirkung nicht bestimmen. Daher schlenderte sie voll beladen mit Vorräten zum Zeltlager zurück.

Am Abend saßen sie gemeinsam um das knisternde Lagerfeuer herum, nachdem sie sich ihren deftigen Eintopf haben schmecken lassen. Wallace schaute nun dauerhaft zu Boden und schien in eine Art Depression zu verfallen. Seine vier weiblichen Begleiter wussten um seine beschwerlichen Tage. Bei einem Angriff verlor er sein Zuhause und kam selbst nur knapp mit dem Leben davon. Hinzu kam noch die Ungewissheit, wie es um seine Familie bestellt war. Sofort schnappte sich Kizuna ihre Shamisen und spielte ein feierliches Lied, während Belimone und Jocelynn zu Wallace eilten und ihn in den Arm nahmen.

Als sich Wallace etwas beruhigt hatte, brachte ihn Salina zu Bett. Jetzt konnte Belimone ihren Mitstreitern erzählen, was sie heute im Wald erlebte, ohne den Jungen zu verstören. Sie fand einen guten Ort am Rande einer Lichtung, an der die verschiedensten Kräuter, als auch Champignons und Pfifferlinge wuchsen. Als sie sich niederkniete und anfing die Pflanzen zu pflücken, wurde sie Zeuge von etwas Verstörendem. Auf der Lichtung erblickte sie einen untoten Hirsch, dessen Kopf sich in zwei Hälften spaltete. Mit diesem nun vertikalen und viel größeren Maul, aus denen rippenartige Reißzähne heraus schnellten, riss er am helllichten Tag einen Dachs, zerriss ihn und verspeiste diesen noch vor Ort. Alle waren sich einig. Sie mussten etwas gegen dieses Wesen unternehmen, da dessen bloße Existenz die Harmonie gefährdete. Doch nicht jetzt in der Dunkelheit der Nacht.

Der nächste Tag brach herein. Am Nachmittag, wenn die Sonne am höchsten stand, wollten sie dieser untoten Kreatur das Handwerk legen. Sie hatten gerade ihr Mittagessen vorbereitet, als sie plötzlich Besuch von drei anderen Wanderern erhielten. Es waren die Feuerpriesterin Lyra, der Ordenskrieger Shaw und Semiramis. Auch sie waren auf der Suche nach einer Herberge in Goldmoor angelangt und standen dann vor dem gleichen Problem, wie die fünf. Das Gasthaus hatte geschlossen. Nachdem sie sich ein wenig untereinander bekannt gemacht hatten, lud Kizuna sie zum gemeinsamen Mahl ein. Belimone bemerkte die Verletzungen ihrer Besucher und kümmerte sich um deren Wunden. Natürlich bemerkte Lyra schnell, dass Kizuna kein Mensch, sondern ein dämonenartiges Wesen aus einer anderen Welt war. Aber aufgrund Kizunas Freundlichkeit und ihrer aufgeschlossenen Ader, wollte sie bei ihr mal eine Ausnahme machen. Kizuna bemerkte natürlich, wie Lyra sie musterte und erzählte ihr wahrheitsgemäß, dass sie ein Fuchsgeist war. Davon hatte die Feuerpriesterin aber noch nie etwas gehört.

Kurz darauf erspähten sie eine Gruppe von fünfzehn Personen, die aus nördlicher Richtung ins Dorf gingen. Da Shaw hoffte, dass mit ihnen der Dorfsprecher zurück kehrte, entschuldigte er sich und rannte ins Dorf.

Die Gruppe aus dem Norden scharte sich bereits auf dem Dorfplatz vor dem Versammlungshaus, als Shaw bei ihnen eintraf. Der Dorfsprecher war zwar nicht unter ihnen, dafür erkannte er aber einige Überlebende des Klosters „Gnade des reinigenden Feuers“ wieder. So begrüßte er den Mönch Myrrwhin und die Xan-Priesterin Marie-Ann, von denen er dachte, sie wären bei dem Angriff auf das Kloster gestorben. Dass Shaw selbst und auch Lyra den Tod fanden und von einer angeblichen Totenbeschwörerin wiederbelebt wurden, verschwieg er selbstverständlich. Myrrwhin erzählte ihm, dass auch sie nur knapp entkamen. Nach der Zerstörung des Klosters stellte sich Laird William MacFeoch mit seiner Reiterei dem twyneddischen Heer entgegen und drängte sie in die Wälder im Norden zurück. Aber die Barbaren waren noch nicht geschlagen und vermutlich sammelten sie nun ihre Kräfte für einen weiteren Vormarsch. Falls es ganz schlecht käme, dann würden die Twyneddin mit einem Teil ihrer Streitmacht auf Schiffen dem Tanna-Fluss hinab segeln, um dann von zwei Seiten aus anzugreifen. Dies jedenfalls befürchtete Laird William MacFeoch. Unterwegs hierher trafen die Kleriker noch auf eine Gruppe einfacher Dörfler, die ebenfalls ihre Heimat durch die Twyneddin verloren. Nun warteten auch sie hier auf die Rückkehr des Dorfsprechers, um ein Asylgesuch zu stellen.

Myrkgard: Barok hatte das Verhör von Ina und Christian beendet und setzte sich danach an einen Schreibtisch und fing an, die gewonnenen Informationen zu Papier zu bringen. Christian und Ina waren einst verwahrloste Straßenkinder gewesen, bis sie von den Königswachen aufgenommen wurden. Als Kindersoldaten hatten sie sich dann in der Truppe von König Berian hochgearbeitet und ihm jeden Wunsch erfüllt. Berians wichtigste Gefangene übergab er zur sicheren Verwahrung an seine verbündeten Fischmenschen, die sie dann an einen geheimen Ort brachten, um sie dem Einfluss Valians zu entziehen oder um zu einem späteren Zeitpunkt von deren Wissen zu profitieren. Wer alles derzeit bei den Fischmenschen inhaftiert war, wussten die zwei Gardisten nicht. Merowinger war der Ansicht, dass ihre Gefangenen nicht all ihre Informationen preisgaben und wollte zu Folter zurück greifen. Aber Barok hielt ihn davon ab.

Barok und Merowinger berieten das weitere Vorgehen. Mit einigen Widerstandskämpfern, Aufständigen und Mitgliedern der Klingen wollten sie noch in dieser Nacht das Weltentor in ihren Besitz und an einen sicheren Ort bringen. Das Tor stellte nämlich eine viel zu große Gefahr dar, wenn es sich länger im Besitz von König Berian befand, da er dadurch seine zur Verfügung stehenden Ressourcen mehren könnte. Merowinger hatte auch schon eine Idee, wo man dieses verstauen könnte. Unweit ihres Verstecks befand sich ein leerstehender Gutshof mit einem großen Innenhof und einer angrenzenden Scheune. Dessen ehemaliger Besitzer war kinderlos und verstarb vor knapp zehn Jahren. Seitdem stünde das Anwesen leer und verfiel zusehends.

Im Schutze der Dunkelheit brachen sie mit einem Gefolge von zwanzig Mann und einem von Pferden gezogenen Wagen auf. Als sie sich der Lagerhalle im Zentrum von Herena-Stadt näherten, bemerkten sie, dass die Wachen aufgestockt worden waren und sie ihre Umgebung ganz genau beobachteten. Dies geschah wohl wegen des Übergriffs der Abenteurer aus Ljosgard. Aber ihnen blieb nichts anderes übrig als zu handeln. Würden nämlich Berians Männer innerhalb der nächsten Tage von ihrer Schiffsreise zurück kommen, dann wäre es für sie nahezu unmöglich das Weltentor zu erobern. Lauthals griffen die Aufständigen mit dem Widerstand an und erregten die volle Aufmerksamkeit der Wachen. Dies nutzten die Klingen aus und verschafften sich leise Zutritt zur Halle durch die Fenster. Dann nahmen sie die Wachen in die Zange.

Das vier Meter hohe Tor verluden sie in aller Eile auf den Wagen und banden es mit Seilen fest. Zuletzt warfen sie noch ein großes Leinentuch darüber, um ihre Fracht zu verdecken. Obwohl der zehn Zentimeter dicke Rahmen des Tores aus Metall gemacht schien, strahlte es eine Wärme aus, wie Fleisch. Es war, als ob es leben würde.

Falls es etwaige Verfolger gab, die ihnen auf die Schliche kamen, hatten sie einen zweiten Wagen vorbereitet und darauf eine ähnlich große Fracht unter einem Tuch versteckt. In einer dunklen Seitengasse tauschten sie den Wagen mit einem Händler aus. Dieser verdeckt agierende Herr gehörte ebenfalls zu den Klingen. Während der Händler den Wagen mit dem echten Tor zum Gutshof brachte, fuhr der Haupttrupp zurück zum Hinterhof mit dem Versteck der Klingen. Unterwegs trennten sie sich in kleine Grüppchen auf und schlugen unterschiedliche Richtungen ein. Nur Barok, Christine und Merowinger waren noch beim Wagen. Als sie die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten, warfen sie ihre Oberbekleidung fort und zogen eine andere an. Als sie zurückkehrten, schlossen sie die Flügel des Hoftores hinter sich.

Im Unterschlupf feierten sie die Tatsache, dass ihr Plan so reibungslos verlief und es merkwürdigerweise weder Zeugen noch Verfolger gab. Dann räumte Barok den Tisch ab und breitete die Karte der Insel aus. Nachdem er für Stille sorgte, wollte er nun eine Strategie ausarbeiten, um die Burg zu erstürmen und den König zu stürzen. Merowinger wurde sauer, da er genau diese Unterhaltung vor nicht einmal einem Tag mit Sledge führen musste. Er wollte unter keinen Umständen seine Männern einem solchen Risiko aussetzen. Wo der Diebstahl des Weltentores bereits grenzwertig war, war die Erstürmung der Burg ein einziges Selbstmordkommando! So entbrannte eine verbale Auseinandersetzung zwischen Barok und Merowinger.

Dann kam eine Klinge hereingestürmt und unterbrach die beiden Streithähne. Ein Trupp Stadtwachen wäre gerade dabei alle Häuser dieser Straße der Reihe nach zu durchsuchen. Waren sie womöglich doch gesehen worden? In dem Moment klopfte es bereits am Hoftor und eine Wache forderte alle Anwohner auf ihre Häuser für eine Durchsuchung zu verlassen. Merowinger legte seine Maske zum aller ersten Mal ab. Beim Anblick seines Gesichtes waren alle Anwesenden erstaunt, denn sie rechneten fest mit einem vernarbten und von unzähligen Kämpfen gezeichnetem Gesicht und nicht mit einem Schönling. Auch seine Stimme klang nun völlig anders, viel freundlicher. Die Maske musste verzaubert worden sein. Er öffnete daraufhin das Tor und gab seinen Männern in den beiden angrenzenden Häusern inklusive der Frauen und Kinder, die er hier auf eigene Kosten zur Tarnung wohnen ließ, den Befehl herauszutreten. Barok und die Leute vom Widerstand blieben aber weiterhin im Versteck. Danach betraten zehn Stadtwachen den Hof und durchkämmten die Gebäude. Seine Männer blieben ruhig, wie sie es trainiert hatten. Direkt als die Wachen weiterziehen wollten und jeder dachte sie hätten es überstanden, bemerkte ein Soldat die eiligst mit Heu verdeckte Luke am Sockel einer Wand. Der Hauptmann öffnete die Luke und wollte gerade seine Männer auffordern hineinzusteigen, da sagte Merowinger ihm, dass er dies nicht zulassen könnte. Noch ehe die Stadtwachen reagieren konnten, packte Merowinger die im Heu steckende Mistgabel und rammte sie dem Hauptmann in den Hals. Als ihr Vorgesetzter starb und fast alle Bewohner dieses Hofs versteckte Klingen zückten, brach Panik bei den Stadtwachen aus. Mit nach vorne auf die Mitglieder der Klingen gerichteten Waffen zogen sie sich langsam zurück.

Schnell beratschlagten sich alle, was sie jetzt tun sollten. Doch obwohl ihr Unterschlupf aufgeflogen war, behielt Merowinger einen kühlen Kopf und beruhigte alle Anwesenden. Sie brauchten dringend weitere Unterstützung. In diesem Moment vernahmen sie ein Rufen aus den Zellen. Die gefangenen Gardisten Christian und Ina baten ihre Unterstützung an. Sie würden die Notfallpläne und Taktiken der Stadtwachen bestens kennen. Auch wenn Barok, Christine und Merowinger dabei unwohl war, so standen sie dennoch mit dem Rücken zur Wand. Am Ende einigten sie sich dann doch dazu, sie frei zu lassen. Christian und seine Schwester dienten dem König, da er sie einst von der Straße holte. Doch beiden bereitete seine Gier nach immer mehr Sklaven seit jeher Kopfschmerzen. Daher schlug Christian vor nun Nägel mit Köpfen zu machen. Aber dafür brauchten sie nicht nur mehr Kämpfer für ihre Sache, sondern auch mehr Waffen.

So eilte ein Trupp unter Christian und Barok zum Marktplatz und weckten alle Besitzer der Waffenläden. Wer nicht bereit war ihnen ihre Waffen für das Ende der Terrorherrschaft freiwillig zur Verfügung zu stellen, den enteigneten sie. So konnten sie mehrere Wagen voller Hieb- und Stichwaffen, Rüstungen, Arkebusen, Musketen, Einhandfeuerwaffen, Kugeln und Fässer voller Schießpulver innerhalb kürzester Zeit erbeuten.

Derweil rannten Merowingers Kämpfer durch die nahen Gassen der Stadt und weckten auch dort die Anwohner. Lauthals riefen sie zum Widerstand auf. Wie viele Menschen dieses Reichs sollten noch versklavt oder deren Kinder beraubt werden, nur weil sie die immer weiter steigenden Steuern nicht mehr bezahlen konnten? Und während die wachsende Armut unter dem normalem Volk um sich griff und viele Menschen Probleme hätten ihre Familie mit dem Nötigsten zu versorgen, säße König Berian an seiner Tafel und stopfe sich seinen Wams mit den teuersten Köstlichkeiten voll!

Keine Stunde war vergangen und die Stadtwachen hatten alle ihnen zur Verfügung stehenden Kräfte mobilisiert. Dazu gehörten neben einem Teil der persönlichen Wachen des Königs auch der private Wachtrupp der Gilde der Sklavenjäger. So marschierten sie siegesgewiss die Hauptstraße entlang in Richtung des Unterschlupfs. Aus der anderen Richtung schritten ihnen der Widerstand, die Klingen und einige aufständige Bürger entgegen. Dann standen sich die beiden Parteien waffenstarrend gegenüber. Allen war Angst und Bange, denn keine der Parteien hatte mit so vielen Streitern auf der jeweils anderen Seite gerechnet. Der stellvertretende Hauptmann der Stadtwachen, Bernhardt, erhob das Wort und forderte sie auf ihre Waffen niederzulegen. Doch niemand kam seiner Aufforderung nach. Alle blieben eisern. Direkt in dem Moment, als es so aussah, als würde dieses Aufeinandertreffen in einem Blutbad enden, riss eine ältere Dame im Obergeschoss eines angrenzenden Wohnhauses ihr Fenster auf und beschimpfte die Soldaten aufs Äußerste. Sie hätten ihr die liebste Tochter entrissen! Dann warf sie Tomaten auf die offiziellen Truppen. Das war der Funken, der das Feuer der Revolution entzündete, denn wenige Augenblicke später öffneten sich weitere Fenster in der Umgebung und mehrere Dutzend Stadtbewohner strömten auf die Straße. Unter dem anhaltenden Hagel von Obst, Gemüse und Alltagsgegenständen und der immer größer werdenden Meute blieb den Soldaten nichts anderes übrig, als den Rückzug anzutreten. Ein lauter Jubel hallte durch die Gassen.

Den neuen Freiwilligen ihrer Revolution gaben die Rädelsführer die Anweisungen Holz für den Bau von Barrikaden heran zu schaffen und die in Hafennähe liegenden Lagerhallen des Königs aufzubrechen. Sie sollten alle Waren beschlagnahmen, denn sie benötigten unbedingt mehr Waffen und Munition. Die königlichen Soldaten würden diese Niederlage bestimmt nicht auf sich sitzen lassen und bereits einen Gegenschlag vorbereiten. Zudem müssten ihre Essensvorräte rationiert werden, falls die kommenden Kampfhandlungen länger andauern sollten. Dies war erst der Anfang!

Wenig später in der Nacht führten die ehemaligen Gardisten Christian und Ina einen Trupp Revolutionäre zu den besagten Lagerhallen. Doch von den hier positionierten Wachen fehlte jede Spur. Auf ihrer Suche entdeckten sie dann hinter der nächsten Ecke die zerfetzten und ausgeweideten Überreste. Es war das reinste Massaker! Dann hörten sie ein Lachen über ihnen. Als sie nach oben schauten erblickten sie auf dem Giebel eines Dachs die Silhouette einer weiblichen Gestalt mit Flügeln. War das ein Engel? War das vielleicht sogar ein Zeichen für die Rückkehr der Götter, von denen man heutzutage nur noch in Märchenbüchern las?

Ljosgard: Es war schon beinahe Abend als Kizuna, Salina, Jocelynn, Shaw und Lyra in den Wald gingen, um den untoten und mutierten Hirsch zu erlegen. Derweil blieben Belimone und Semiramis im Zeltlager zurück, um auf Wallace aufzupassen. Dies ging Semiramis zwar gehörig gegen den Strich, aber sie hatte sich freiwillig dafür entschieden, um ihren neuen Körper nicht zu gefährden. Dies erzählte sie aber niemandem. Wallace hatte sogar Angst vor Semiramis, wegen ihrer Übellaunigkeit und strengen Mine. Aber Belimone war eine Meisterin in der Kindeserziehung und konnte ihn erfolgreich mit der Erzählung von elfischen Sagen wieder aufmuntern.

Die Gruppe um Shaw und seiner vier weiblichen Begleiter drang immer tiefer in den Wald ein, bis sie die Lichtung erreichten, von der ihnen Belimone gestern Abend berichtete. Aber weder von einem untoten Hirsch, noch von den Überresten des Dachses war etwas zu sehen. Aber Kizuna beschwerte sich über den süßlichen hier in der Luft liegenden Geruch von Verwesung. Also musste hier etwas sein! Als sie schließlich eine Stelle mit einer eingetrockneten Blutlache fanden, kniete sich Kizuna nieder und roch an ihr wie ein Hund, um die Witterung aufzunehmen. Jetzt wurde Lyra wahrhaft bewusst, dass Kizuna tatsächlich ein Dämon sein musste. Kein normal denkender Mensch würde jemals so etwas tun!

Nachdem Kizuna die Fährte aufgenommen hatte und dann auf allen Vieren voran lief, folgten ihr ihre Gefährten mit gezogenen Waffen. Unterwegs fragten sie sich aber, wie es Kizuna möglich war auf allen Vieren durch den Wald zu hechten, ohne über ihre langen Kleider zu fallen. Dann verließen sie den Wald und kamen auf eine weitläufige Freifläche mit mächtigen und alles überragenden Kegelkarstsäulen. Mitten auf dem Feld stand der Hirsch. Wie es Belimone beschrieb, riss sein Kopf wieder auf und entblößte sein abartiges Gebiss. Bevor die anderen reagierten preschten Lyra und Shaw vor und streckten diese untote Abscheulichkeit nieder. Als alle schon überrascht waren, wie schnell ihre Mission beendet war, strömten unzählige untote Waldtiere aus dem Wald heran und umzingelten die Abenteurer. Damit ihnen die Tiere nicht in den Rücken fielen und um sich gegenseitig zu decken, rückten sie dicht aneinander und bildeten einen Kreis. Wie durch einen direkten Befehl hin griffen die Tiere gleichzeitig an. Kleintiere wie Hasen, Dachse und Biber packten sie an ihren Beinen, Eichhörnchen und Mäuse kletterten auf ihnen hoch und beharkten sie, Raubvögel schossen aus größter Höhe auf sie hinab, Füchse und Rehe verbissen sich in ihnen und Hirsche und Wildschweine versuchten sie niederzuwerfen und zu überrennen. Dann war die Gewaltorgie zu Ende und sie alle hatten überlebt. Irgendwie. Doch trotz dieses Sieges war keiner von ihnen glücklich. Als sie noch blutüberströmt in diesem Meer aus Tierkadavern standen brauchte ein jeder von ihnen seine Zeit, um wieder klar zu kommen und um zu realisieren, was überhaupt gerade geschehen war. Selbst Lyra und Shaw, welche ein Gebet an die albischen Götter richten wollten, um ihnen für ihr Überleben zu danken, fanden nur schwer passende Worte.

Sie verbrachten Stunden damit ihre Verletzungen zu versorgen und ihre Kleidung und sich selbst an einem Fluss zu waschen. Doch egal wie lange sie badeten, sie fühlten sich immer noch schmutzig. Eine wahrhaft finstere Macht musste am Werk gewesen sein. Erst nach Einbruch der Dunkelheit kehrten sie ohne ein Wort zu sagen zum Zeltlager zurück. Nur um Wallace nicht zu verunsichern, tranken und lachten sie. Aber das war nur Fassade, denn alle mussten erst noch das Geschehene verarbeiten.

Am nächsten Morgen gab es abermals einen Menschenauflauf im Dorf. Der Dorfsprecher kehrte mit seinen treuesten Kameraden und einigen neuen Bewohnern ins Dorf zurück.

 

Ljosgard: Semiramis war von der andauernden Freundlichkeit ihrer neuen „Freunde“ genervt. Andauernd fragten sie sie nach ihrer Gemütslage oder nach ihrer Vergangenheit. Möchtest du etwas Essen? Möchtest du Gesellschaft? Magst du einen Schluck von meinem Wein? Sie brauchte etwas Zeit für sich alleine und spazierte in den Wald hinein. Da erschien ihr ein goldenes Pergament mit wechselnden Buchstaben darauf. Es war ein Ankoral, soviel war sie sich sicher. Als sie es an sich nahm verlangte eine in ihrem Kopf dringende Stimme eine Opfergabe als Katalysator. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte und ignorierte diese Stimme vorerst. Falls sie sich dazu entscheiden sollte, das zu tun, was die Stimme von ihr verlangte, dann hätte sie bereits eine geeignete Opfergabe. Die Seele von Shaw, der ihr misstraute. Lyras Seele wollte sie aber unter allen Umständen behalten, denn von ihrer Jähzornigkeit ging eine Gefahr für sie aus. Auch wenn die zwei Kleriker nun wiederbelebt worden waren, so hatte sie, Semiramis, ihre Seelen in der Unterwelt beschworen und konnte nun frei über sie bestimmen, weil das Band von Meister und Knechten noch immer Bestand hielt. Und falls Lyra ihr in den Rücken fallen wollte, konnte sie sie einfach beherrschen und das weit über „Macht über Menschen“ hinaus. Sie waren ihre Sklaven geworden, denen sie nur die Illusion von Freiheit zugestand.

 

Ljosgard: In den Tiefen des Waldes standen sich Syphael und Remilia gegenüber. Dies war kein Zufall gewesen, denn sie hatten ihre gegenseitige Anwesenheit bereits einen Tag zuvor bei der Ankunft Syphaels auf der Burg der MacTurics gespürt. Sie schauten sich tief in die Augen und versuchten die Gedanken des jeweils anderen zu lesen. Und beide wussten, dass sie auf der Suche nach der gleichen Sache waren. Jeder von ihnen wollte den Kelch in seinen Besitz bringen. Dies war ihre Bestimmung, welche sie in ihren Träumen erhielten. Mehr noch. Syphael wusste von der nichtmenschlichen Natur Remilias und dass sie einer Herrin diente. Doch Remilia schwieg über ihre Herrin. Je weniger dieser Dunkelelf wusste, desto besser. Syphael lockte sie und erzählte ihr, dass er bereits über ein goldenes Ankoral zu verfügte. Daraufhin gab auch Remilia zu, dass ihre Herrin eines besäße. Doch keiner von ihnen hatte ihren Heldengeist beschworen, da sie noch immer auf der Suche nach einem geeigneten Katalysator waren. Aber eines wussten sie: Irgendjemand hatte bereits diese Beschwörung vollbracht. Dies hatten sie an einer arkanen Welle gespürt, die für wenige Augenblicke bei der Vollendung dieses Rituals unsichtbar und gleichmäßig in alle Richtungen pulsierte. Doch sie beide wussten noch viel mehr. Beide, sowohl Remilia und ihre Herrin, als auch Syphael, dienten dem selben Mentor. Samiel, der Grüne Jäger! Er war es, der ihnen dieselbe Bestimmung auferlegte. Das war gar nicht ungewöhnlich, denn der Erzteufel und Dämonenfürst war bekannt dafür, dass er seine Schützlinge gegeneinander ausspielte, um den Besten zu bestimmen. Manchmal auch aus purer Freude heraus. So waren sie beide nun, obwohl sie demselben dienten, Konkurrenten. Und jeder würde über Leichen gehen, um den Kelch zu erbeuten und diesen Samiel zu überreichen. Syphael war sich sicher, dass er siegreich sein würde. Immerhin war er einer der obersten Diener Samiels auf diesem Kontinent. Remilias Herrin wäre bestimmt nur eine einfache Hexe, die vielleicht noch über ein wenig Wissen der Ritualmagie oder Nekromantie verfügte. Wenn er wollte, dann könnte er Remilias Leben hier und jetzt beenden. Remilia grinste hämisch, hob ihren Rock und entblößte ihren rechten Oberschenkel. Syphaels Augen weiteten sich und er begann zu schlucken, als er das dortige Zeichen sah. Das Zeichen der zwölf Kinder des Samiel! Remilia war die leibhaftige Tochter seines Mentors! Er fand keine Worte mehr und rannte fort. Remilia fand seine Reaktion urkomisch und fing lauthals an zu lachen. Doch diesen aufmüpfigen Dunkelelfen hier und jetzt zu töten, wäre viel zu langweilig. Außerdem hatte dieses Duell der Magier noch nicht einmal begonnen. Sie wollte viel lieber noch ein wenig Spaß mit ihm haben und ihn leiden sehen. Innerhalb einer Sekunde wuchsen Remilia schwarze Schwingen aus dem Rücken. Dann hob sie ab und flog davon.

 

Akt 7:

Diebe und Intrigen:

 

Teilnehmende Abenteurer:

Garoth MacThorne (Ljosgard, Mensch, Alba, Hexenjäger, Grobschmied),

Mason Uluja (Ljosgard, Mensch, Küstenstaaten, Hexer/Spitzbube, Beruf?),

Armadia (Ljosgard, Mensch, Alba, Wildläuferin, Jägerin),

Fafnir Goldzahn (Ljosgard, Zwerg, Zwergenreich Durheim, Söldner/Thaumaturg, Beruf?),

Lathana Tyrell (Ljosgard, Mensch, Alba, Bardin, Botin),

Lyra, die rote Priesterin (Ljosgard, Alba, Priesterin, Rechtsgelehrte),

Sledge MacHammer (Ljosgard, Alba, Mensch, Söldner, Grubschmied),

Lucius Verus Duber geb. Doran MacConuilh (Myrkgard, Nordlande-Herena, Mensch, Krieger, Büchsenbauer)

 

Ljosgard: Mittlerweile war eine Woche ins Land gestrichen, seit die Abenteurer von Myrkgard zurückgekehrt waren. Zwischenzeitlich hatte Lathana ihr Bulldoggenweibchen vom Hundezüchter erhalten und sich mit einigen der Neuankömmlingen im Dorf bekannt gemacht. Mit der Feuer-priesterin Lyra verband sie nun eine enge Freundschaft. Eines Morgens bat Lyra für sie eine Audienz beim hiesigen Fürsten zu vereinbaren. Sie wollte ihm nämlich vom Angriff der Twyneddin auf das Kloster persönlich Bericht erstatten. Dies bejahte Lathana. Dann brachen sie auch schon auf.

Einige Tage zuvor hatte ein reisender Mann namens Mason Oluja einen Traum. Sein Mentor Arabastrathos wies ihm darin den Weg zu einer Burg hoch im Norden von Alba. Er sah darin das im Wind wehende Banner von Sire Regis MacTuric. Dahinter eröffnete sich ihm kurz der Blick auf einen kleinen im Grünen liegenden Weiler und sein Mentor rief ihm ein Wort zu. Goldmoor. Als sein gesamtes Blickfeld dann von einem reich verzierten Kelch in einem tief liegenden Gewölbe eingenommen wurde, wachte er mit Herzrasen auf. Sofort wandte er sich an seinen langjährigen Kameraden Fafnir und überzeugte ihn davon, ihm nach Goldmoor zu folgen. Sie beide waren Langfinger und dieser Kelch könnte ihnen zu mehr Reichtum verhelfen, wenn sie ihn in ihre Finger bekommen könnten. Doch hatte Mason diesen Wink Arabastrathos richtig gedeutet?

Sledge arbeitete in seiner Schmiede, als er unerwarteten Besuch erhielt. Es war Luis. Er entschuldigte sich vielmals für seine Streiche, die er ihm in der Vergangenheit spielte und die Umstände, die er ihm bereitete. Sledge verzieh ihm. Aber Luis hatte noch eine Bitte. Er würde gerne bei Sledge in die Lehre gehen und eine Schmiedeausbildung beginnen. Er hatte im Vorfeld bereits mit seinen Eltern über dieses Vorhaben gesprochen und diese wären bereit für ihn das Lehrgeld zu zahlen. Dies überraschte Sledge, da er überhaupt nicht mit einer solchen Bitte rechnete. Aber er gab Luis eine Chance und stimmte zu.

Amadia kehrte mit frisch erlegter Beute zurück in ihre Waldhütte. Sie war sehr froh darüber, dass so langsam wieder der Alltag in das Dorf einkehrte. Vor ihrer Haustüre wurde sie bereits von ihrem Wolfsjungen begrüßt, welches sich zwischenzeitlich von seinen Verletzungen weitestgehend erholt hatte.

Wie Sledge hatte auch Garoth seinen gewohnten Schmiedebetrieb wieder aufgenommen. Er hatte sogar Amadias Schild aus den Bruchstücken neu geschmiedet und sowohl die Riemen, als auch den Rand verstärkt. Nach getaner Arbeit wandte er sich den drei Magierstecken zu, die er und seine Gefährten von Herena mitgebracht hatten. Sie lagen noch unberührt auf einer Werkbank in seiner Schmiede. Mit seinem besten und feinsten Werkzeugen nahm er nun einen der zwei langen Stecken auseinander. Doch obwohl er wegen seiner Nebentätigkeit als Hexenjäger in der Magie geschult war, konnte er an den Stecken weder magische Zeichen noch thaumagraphische Siegel erkennen. Er verstand er den Mechanismus einfach nicht.

Lathana und Lyra kamen am Hofe von Fürst Regis MacTuric an. Sogleich machten sie Bekanntschaft mit dessen neuen und überaus freundlichen elfischen Berater Syphael Frühlingswind. Syphael führte sie dann zu Fürst Regis, welcher gerade einige Schriftstücke in seinem Kaminzimmer durcharbeitete. Lathana stellte ihm Lyra vor, die dem Fürsten daraufhin vom Angriff auf das Kloster erzählte. Anschließend bat sie ihn noch um den Bau eines neuen Klosters der Dheis Albi in Goldmoor. Der Fürst gab seine Erlaubnis, da durch eine neue Klosteranlage auch das umliegende Land wirtschaftlich profitierte. Dafür stellte er ihr ein Grundstück in der Nähe des Tempels in Goldmoor zur Verfügung. Angrenzende Grundstücke dürften aber nicht angetastet werden. Eigene Geldmittel konnte er ihr für den Bau aber nicht überreichen, da seine ganzen Mittel bereits anderweitig verplant waren. Zur Finanzierung müsste sie sich daher an die Kirgh wenden.

Mason und Fafnir hatten bereits den Großteil ihres Weges mit einer Kutsche nach Goldmoor zurückgelegt. Nur noch wenige Kilometer lagen vor ihnen. Da entdeckten sie zwei Frauen auf der Straße vor sich und hielten neben ihnen an. Sie begrüßten sich. Die Damen waren Lathana und Lyra. Als sich Mason und Fafnir ihnen gegenüber etwas ungehobelt äußerten, kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung, die darin gipfelte, dass Lyra ihrem Pferd mittels „Flammenhand“ einen leichten Klaps gab. Prompt ging ihr Pferd durch und galoppierte mitsamt der Kutsche und ihren Insassen die Straße hinunter. Wenige hundert Meter weiter gelang es ihnen ihr Pferd unter Kontrolle zu bekommen und brachten ihr Gefährt zum Stillstand. Lyra und Lathana holten sie ein und nach einem klärenden Gespräch hatten sie ihren Streit beigelegt. Zu viert fuhren sie dann auf der Kutsche nach Goldmoor.

Nachdem die vier im Dorf angelangt waren betraten sie die Schänke von Thorandor. Von Thorandor war aber keine Spur zu sehen, stattdessen bedienten nun drei Angestellte die Kundschaft. Thorandor hatte nämlich zurzeit in seiner neuen Position als Dorfsprecher alle Hände voll zu tun, denn er musste den Neuankömmlingen Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Die Kleriker sollten vorerst im Tempel der Dheis Albi wohnen. Die ehemaligen Obdachlosen von Herena, sowie die befreiten Frauen und die vor den Twyneddin Geflohenen erlaubte er übergangsweise zwei leerstehende Häuser am Ortsrand zu beziehen. Damit hätte er sogar zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Die neuen Bewohner des Weilers hätten eine Bleibe und zudem würden die Leerstände nicht weiter dem Verfall überlassen werden.

Als sich die Gruppe um Lathana an einen Tisch setzte, gesellte sich wenig später ein Fremder zu ihnen. Die Kleidung kam Lathana von her Herena bekannt vor. Der Fremde hieß Lucius Verus Duber und gab offen zu aus Myrkgard zu stammen. Er wäre hier, um einen Handelsvertrag zwischen dem Widerstand auf Herena und den hiesigen Händlern abzuschließen. Daher suchte er die Leute hier, die mit dem Widerstand bereits Kontakt aufgenommen hatten. Mason und Fafnir schauten sich an, denn diese Orte hatten sie noch nie gehört. Lathana hingegen war schockiert, dass man solche Informationen einfach in einer öffentlichen Schänke heraus posaunte und versuchte dieses Thema zu überspielen. Doch mit ihrer Reaktion verriet sich Lathana und Lucius redete daher weiter auf sie ein. Da es natürlich auch sein konnte, dass Lucius diese Informationen aus einer anderer Quelle erhielt und über seine Herkunft log, wollte Lathana Beweise sehen. Damit hatte Lucius gerechnet, holte eine Goldmünze aus seiner Geldbörse und legte sie auf den Tisch. Die eine Seite zeigte das Antlitz eines Aristokraten, während auf der anderen Seite eine Schlange zu sehen war, die sich selbst in den Schwanz biss. Das Antlitz zeigte Radamanthus, erklärte er, dem Herrscher des Valianischen Imperiums. Mason und Fafnir waren erstaunt, denn eine solche Prägung war ihnen unbekannt. Hatte diese womöglich einen größeren Wert, als normale Goldstücke? Aber Lathana erkannte diese Prägung sofort wieder, denn sie hatte sie bereits einmal gesehen. Auf Herena. Sie bestand darauf mit Lucius alleine zu sprechen und verließ mit ihm das Wirtshaus.

Lathana führte ihn in die Schmiede zu Garoth. Unauffällig wurden sie dabei von Mason verfolgt, der auf sich den Spruch „Unsichtbarkeit“ gewirkt hatte. Während er das Gespräch im Inneren bespitzelte, bemerkte er zudem, dass die Türe zur Schmiede hin kaum gesichert war. In der Schmiede machten sich Lucius und Garoth bekannt. Lucius berichtete ihnen, dass sich die Lage auf Herena geändert hätte. Der Widerstand war nun aktiv geworden und hatte eine Revolution ausgerufen. Zudem kehrten vor zwei Tagen die Schiffe des Königs mit den mit ihnen verbündeten Fischmenschen zurück. Jetzt herrschte in den Straßen Bürgerkrieg. Da es dem Widerstand an vielen Dingen mangelte, ist er nach Goldmoor gekommen, um Handel zu treiben. Die Bezahlung könnten sie aber erst erhalten, wenn sich die Lage dort stabilisierte. Sie benötigten vor allem Schmieröl, Lampenöl, Kohle, Schwefel, Salpeter, Schießpulver, Holz, Eisen, Nahrungsmittel, Waffen, Werkzeuge, Nägel, Schrauben, Seil und zusätzliche Soldaten. Diese schiere Menge an benötigten Gütern überforderte die Abenteurer beinahe, zumal sie einige Dinge davon nicht einmal kannten. Aber sie versicherten ihrer neuen Bekanntschaft die Dinge, die sie kannten, auch in irgendeiner Weise aufzutreiben. Dann stellte Lucius ihnen noch eine Frage, welchen ihn brennend interessierte, seit er das Weltentor auf dieser Seite verlassen hatte. Warum war das Tor nicht bewacht? Darauf konnte ihm weder Lathana noch Garoth eine zufrieden stellende Antwort geben.

Im weiteren Gespräch erzählte ihnen Lucius mehr von sich. Vieles davon kannte er aber auch nur von Hörensagen seiner Eltern. Er kam einst von Midgard und wurde unweit von hier geboren. Sein eigentlicher Name lautete Doran MacConuilh. Seine Eltern Gerard und Alesia MacConuilh arbeiteten zu dieser Zeit beide für Fürst Beaumont MacTuric, dem Vater des heutigen Fürsten Regis. Vor zwanzig Jahren stießen Bergleute in der nahen Goldmine auf eine unterirdische Anlage mit einem Tor. Weder dem Hofmagier des Fürsten, noch irgendwem sonst, gelang es das Tor zu zerstören oder zu deaktivieren. Um herauszufinden, wohin das Tor führte stellte Beaumont eine Expedition auf, die die andere Seite erforschen sollte. Zu dieser Gruppe gehörten auch seine Eltern, die darum baten ihren jungen Sohn mitnehmen zu dürfen, da sie sonst niemanden kannten, der während ihrer Abwesenheit auf ihn aufpassen könnten. Die Expeditionsteilnehmer kehrten aber nie zurück. Vermutlich war das auch der Grund, warum die Mine versiegelt wurde. Lucius fuhr fort. Die Gruppe war in eine fremde Welt gelangt, die doch Ljosgard in vielerlei Hinsicht ähnelte. Kurz darauf wurde die Gruppe von Soldaten des Valianischen Imperiums aufgegriffen und öffentlich hingerichtet. Den genauen Grund dafür kannte er jedoch nicht. Ihn ließen sie am Leben und so baute er sich dort im Laufe der nächsten Jahre eine neue Existenz auf und erlernte das Handwerk des Büchsenbauers.

Vor der Türe folge Mason jedem gesagten Wort aufmerksam. Dabei fiel ihm am unteren Sockel der Schmiede ein kleines Kreidezeichen auf und inspizierte dies. Schließlich hatte ihm sein Mentor in der Zauberei unterrichtet. Das Symbol war tatsächlich magischer Natur und finster obendrein. Ihm zufolge erwählte dieses Zeichen die Bewohner des Hauses als Opfer für ein magisches Ritual aus (1). Aber das störte ihn nicht sonderlich, da er weder in diesem Dorf wohnte, noch irgendeinen engen Kontakt zu einem der Bewohner pflegte, weil er hier niemanden kannte. Zur Sicherheit fertigte er aber eine Kopie dieses Zeichens an. Man weiß ja nie. Dann verfolgte er das Gespräch weiter. Die Gruppe im Inneren beriet nun, ob sie den Fürsten über alle Geschehnisse in Kenntnis setzen sollten. Doch das wollten sie nicht alleine entscheiden und zuvor noch Amadia mit einbeziehen. Bevor sie die Schmiede verließen, eilte Mason zurück in das Wirtshaus, um seinen Kumpanen Fafnir über die Inhalte des Gesprächs zu informieren.

Garoth, Lathana und Lucius kamen bei Amadia an, wo ihr Garoth feierlich ihr repariertes Schild überreichte. Dies erfreute Amadia über alle Maßen. Nach einem kurzen Gespräch waren sich alle einig, dass sie ihren Fürsten nun in Kenntnis setzen mussten, bevor ihnen die Sache mit dem Weltentor über den Kopf wuchs. Nebenbei wollten sie in den kommenden Tagen auch noch die Güter für den Widerstand beschaffen.

Im Wirtshaus offenbarte Mason seinem Kameraden all jene Informationen, die er vorhin erhielt. Zudem erzählte er ihm, dass die Schmiede nur leicht gesichert war und sich ein Diebstahl dort für sie auszahlen könnte. Als er die Kreidezeichnung an der Hauswand erwähnte, wurde Fafnir hellhörig. Mason holte seine Kopie des Zeichens, welche er angefertigt hatte, heraus und zeigte sie ihm. Als Fafnir sich diese Kopie genauer betrachtete schien er enttäuscht zu sein. Seinem Wissen nach war das Zeichen nicht magisch, sondern lediglich irgendeine Schnörkelei. Womöglich hatten Kinder auch einfach nur mit Kreide gespielt und dabei dieses Zeichen an die Wand gemalt. Mason hätte es besser wissen müssen.

Nach Sonnenuntergang schlichen Fafnir und Mason zu Garoths Schmiede und brachen die Türe auf. Im Schein ihrer Laterne entdeckten sie dabei merkwürdige Magierstecken auf einer der Werkbänke liegen. Einer davon sah aus, als ob er in seine Einzelteile zerlegt worden war. Weil sie sich aber hier im Ort noch länger aufhalten müssten, um den Kelch zu finden und da die Entwendung dieser magischen Relikte vielleicht zu viel Aufmerksamkeit erregen würde, ließen sie sie aber vorerst liegen. Sie ließen es sich aber trotzdem nicht nehmen einen reich verzierten und kunstvoll gearbeiteten Kriegshammer, sowie etwas Roheisen mitzunehmen (Leider übersahen sie dabei das Golderz). Danach verließen sie die Schmiede und zogen die Eingangstüre hinter sich wieder zu.

Eine Elfe schlich ebenfalls diese Nacht durch das Dorf. Als sie zu solch später Stunde noch einen kleinen Lichtschein in der Schmiede bemerkte, versteckte sie sich hinter einer angrenzenden Hauswand. Dann sah sie, wie zwei Gestalten, bepackt mit allerhand Utensilien die Schmiede verließen und in die Nacht entschwanden. Sie hatte sie schon einmal gesehen. Es war heute im Wirtshaus, da war sie sich sicher. Doch noch wollte sie sie nicht auffliegen lassen. Vielleicht konnten ihr diese Gestalten noch zu Nutzen sein (vermasselte Wahrnehmungswürfe^^)!

Am darauffolgenden Morgen ging Garoth zu seiner Schmiede und bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Die Eingangstüre war aufgebrochen! Hastig und wütend zugleich stürmte er hinein, doch zuerst wirkte alles unverändert. Selbst die Magierstecken lagen noch dort, wo er sie verwahrte. Dann fiel ihm alles aus dem Gesicht. Seine Auftragsarbeit, sein schöner fertig gestellter Kriegshammer, war fort! Schnell rannte er zum Dorfsprecher und berichtete ihm aufgebracht, dass in der letzten Nacht jemand in seine Schmiede eingebrochen war. Thorandor konnte den Einbruch zwar nicht mehr rückgängig machen, aber er versprach etwas zu tun, damit es zu keinen weiteren Einbrüchen mehr kommen konnte. Im Sinn hatte er eine Nachtwache aufzustellen. Zurzeit müsste die Dorfgemeinschaft ohnehin die neuen Bewohner durchfüttern, dann könnten sie auch dafür arbeiten.

Es war noch früher Morgen, als sich die Gruppe von Abenteurern inklusive Mason, Fafnir und Lucius, sowie vielen Dorfbewohnern im Tempel der Dheis Albi trafen. Dabei lauschten sie gespannt Lyra, die ein Gebet an den Schmiede- und Feuergott Thurion richtete.

 

Großer Thurion, Gott des Feuers und der Schmiede!

Mit großer Demut und Ergebenheit

entzünde ich mit dem Schmiedefeuer für diesen Ort das Licht.

Halte deine Hände schützend um diesen Ort

und behüte uns vor allem,

was uns und diesem Ort Schaden zufügen möchte.

 

Nach der anschließenden Andacht gingen die meisten Bewohner zu ihrem eigentlichen Tageswerk über. Ein Teil der Mönche halfen den Bauern auf den Feldern, während andere auf dem kleinen Platz vor dem Tempel anfingen das Essen für die Flüchtlinge vorzubereiten. Zufällig betrat Balder Winterhall den Tempel und traute seinen Augen kaum, als er Lucius erkannte. Beide kannten sich von Herena. Bevor Balder sich hoch verschuldete und als Obdachloser endete, war er Harpunist auf einem Walfängerschiff gewesen. Während sich die beiden über Neuigkeiten unterhielten, unter anderem über den nun grassierenden Bürgerkrieg, machten Mason und Fafnir einige unangebrachte Kommentare über den hiesigen Glauben und witzelten darüber. Wie konnten so viele Menschen immer noch täglich so viel Zeit aufbringen, um einer Andacht beizuwohnen? Es gäbe doch sicherlich besseres zu tun. Und wann hätten die Götter denn zuletzt irgendwem geholfen? Lyra hatte ihre unangebrachten Kommentare bemerkt und kochte innerlich. Wie konnte jemand so blind sein und die Taten der Götter nicht bemerken? In einem Anfall von Jähzorn warf sie die beiden aus ihrem Tempel heraus. Balder schaute auf die zwei zurück und meinte, dass er solche Menschen kannte. Zumeist handelte es sich bei ihnen um geldgierige Egoisten, die sich extra über andere lustig machten, um selbst besser dazustehen. Aber sie wirkten auf ihn auch kampferfahren und vielleicht könnte man sie für den Kampf gegen König Berian gewinnen, wenn sie ihnen erzählten, wie viel Gold in seiner Schatzkammer lagerte. Gerüchten zufolge sollte diese nämlich reich gefüllt sein. Zuletzt erzählte er Lucius noch, dass sein ehemaliger und damals ärgster Konkurrent im Büchsenbau, Farengar, sich auch hier aufhalte. Doch so sehr er sich noch weiter mit seinem alten Freund unterhalten wollte, er hatte keine Zeit mehr. Er wurde nämlich vorhin gefragt, ob er aufgrund seines gestählten Körpers nicht eine Nachtwache aufstellen könnte. Diese Bitte nahm er natürlich an und wollte gleich mit seiner eiligst zusammen gestellten Gruppe für den Ernstfall trainieren.

Mason und Fafnir waren erbost über diese Feuerpriesterin. Die Sache gestern mit ihrem Pferd, konnten sie ihr noch irgendwie verzeihen. Und heute dieser freche Rauswurf vor den Augen anderer Menschen? Peinlicher hätte es nicht kommen können! Sie beschlossen nun ihre gesammelten Informationen zu nutzen, weil sie annahmen, Lyra wäre ebenfalls in alles eingeweiht, da sie gestern gemeinsam mit Lathana unterwegs war. Sie wollten es aber dieser Feuerpriesterin Lyra auf jeden Fall heimzahlen und dem Fürsten diese Neuigkeiten zuerst mitteilen. Wenn sie ihr somit zuvorkämen, dann stünde Lyra und ihre Gruppe am Ende mit veralteten Informationen vor ihrem Fürsten und würden ihr Gesicht verlieren! Sie bestiegen ihre Kutsche und fuhren in Richtung der Burg.

Nur wenige Augenblicke später trafen sich Amadia und Lathana und brachen in Begleitung mit Lucius zu Fuß zu ihrem Fürsten auf.

Derweil suchte Sledge mit Luis zusammen Garoth in seiner Schmiede auf. Sie hatten sich für heute verabredet, um gemeinsam die vom Widerstand bestellten Güter herzustellen. Garoth hatte sich auch fest vorgenommen, dass er es diesmal schaffen würde, vernünftige Schrauben zu bewerkstelligen. Auf einmal öffnete ein kleines in einem Cape vermummtes Mädchen die Türe und betrat die Schmiede. Sie brachte Brennmaterial für den Schmiedeofen herein und fing an Luis bei seinen Aufgaben unter die Arme zu greifen. Da weder Sledge noch Garoth sie kannten, nahmen sie an, dass sie einer der Neuankömmlinge war. Sie sprach kein einziges Wort, bis sie Sledge nach ihrem Namen fragte. Dies beantwortete sie mit Lilly. Sledge schlussfolgerte, dass sie die Freundin von Luis war und da sie sie nicht bei ihrer Arbeit behinderte, sondern sogar mit anpackte, erlaubten sie ihr zu bleiben. Als sie wieder die Schmiede verließ, um Holzkohle zu holen, ließen sie es sich nicht nehmen Luis bezüglich Lilly auszufragen. Luis erzählte, dass er sie am Tage seiner Rückkehr im Wald traf. Zu ihrer Vergangenheit konnte er sich aber nicht äußern. Zurzeit wohnte sie in der kleinen Scheune hinter dem Haus seiner Eltern. Mit ihr unbekannten Personen würde Lilly kein Wort wechseln oder mit ihnen verkehren. Dafür wäre sie zu schüchtern. Sie wäre heute auch nur dabei, weil er sie um ihre Mithilfe gebeten hatte.

Mason und Fafnir erreichten die Burg des Fürsten. Nachdem sie angaben wichtige Informationen zu besitzen und ihre Kutsche durchsucht wurde durften sie in Begleitung eines Wachtrupps zum Burghof vorfahren. Unbewaffnet führte der Wachtrupp sie daraufhin in den Burgfried. Hinter der Türe zum Konferenzzimmer waren laute Gespräche zu hören. Dann öffneten die Wachen eine andere Türe und baten die zwei dort Platz zu nehmen. Der Elf in diesem Raum begrüßte die Besucher und befahl den Wachen hinauszutreten. Nachdem die Wachen die Stube verlassen hatten, stellte sich der Elf ihnen als Berater Syphael Frühlingswind vor. Mason und Fafnir hatten sich das Ganze etwas anders vorgestellt und wollten viel lieber direkt mit dem Fürsten sprechen. Doch warum sollte der hiesige Fürst Fremden während eines drohenden Krieges eine Audienz gewähren? Sie fingen an Syphael von den ganzen Begebenheiten in Goldmoor zu erzählen. Von dem magischen Angriff der Feuerpriesterin Lyra auf ihr nun lahmendes Pferd, der Androhung von Gewalt gegen sie bis hin zum Einbruch der Dorfbewohner in die gesperrte Goldmine des Fürsten. Aber von einer Goldmine im Besitz des Fürsten wusste Syphael nichts. Sofort holte er eine Karte der Ländereien des Fürstentums heraus, doch auch dort war keine eingezeichnet. Den genauen Standort dieser Mine konnten ihm seine Besucher auch nicht verraten, da sie es selbst nicht wussten. Mason holte danach noch seine Kopie des Zeichens heraus, das er an der Schmiede von Garoth fand. Aber der Elf versicherte ihnen, dass es sich dabei wohl nur um Kreidezeichnungen von Kindern handelte (1). Mit diesen ungesicherten Informationen wollte Syphael auch keineswegs an den Fürsten herantreten, da dieser aufgrund des Zweifrontenkonfliktes zurzeit mit wichtigeren Angelegenheiten beschäftigt war. Er bot ihnen jedoch zehn Goldstücke inklusive Verpflegung pro Person und Tag an, wenn sie für ihn weitere Informationen sammelten. Sie willigten ein.

Jetzt kamen auch Lathana, Lucius und Amadia an der Burg an. Da die Wachen sowohl die fürstliche Botin, als auch die königlich albische Waldläuferin kannten, konnten sie problemlos passieren.

 

Bariaris: Jonathan hatte die Aufgabe erhalten die Felswüste in der Nähe der Küstenklippen mit zwei anderen Soldaten zu erkunden. Etwaigen Feinden sollten sie dabei aus dem Weg gehen. Es war ein heißer Tag. Die beiden Sonnen brannten und nirgends war eine Wolke zu sehen. Dann krepierte auch noch ihr Wagen und sie konnten ihn nicht mehr instandsetzen. Schöne Scheiße! Sie brachen ihre Mission ab, schulterten ihre Waffen und ihr Gepäck und begaben sich auf den Rückweg. Wenn sie Glück hätten und es keine weiteren Zwischenfälle gäbe, dann könnten sie am Abend des folgenden Tages ihre Basis erreichen. Es wurde immer heißer und sie mussten sich dringend in einem Schatten ausruhen bevor sie dehydrierten. Einer seiner Kameraden sah dann ihre Rettung. Etwas unterhalb des schroffen Steilhanges zu ihrer Rechten stand eine alte Lok mit zahlreichen Wagons. Flirrte dort die Luft oder sahen sie bereits eine Fata Morgana? Egal! Selbst wenn das Flirren nur eine Täuschung wäre, die Bahn war echt. Direkt als sie losrennen wollten, um in den Wagons Schutz zu suchen, bemerkte Jonathan ein großes Gefährt, welches sich ihnen auf der Straße näherte. Schnell sprangen sie in den nahen Straßengraben und duckten sich in der Hoffnung, noch nicht entdeckt worden zu sein. Es war eine vierkettige, selbstfahrende Panzerhaubitze. Scheiß Magitek! Der große Krieg vor knapp zehn Jahren hatte den ganzen Kontinent verwüstet. Sie konnten zwar ihren Feind besiegen, aber ihre Magitek-Maschinen, die sie hinterlassen hatten, bedrohten seitdem alle Länder. Sie hielten die Luft an, als die Haubitze vorbeirollte. Als sie außer Sichtweite war, lachten sie vor Glück. Sie wussten, dass diese Maschine geschaffen wurde, um gegen ein ganzes Bataillon zu bestehen. Zu dritt hätten sie nicht den Hauch einer Chance gehabt. Sie wollten gerade zur Bahn gehen, da tauchte die Haubitze plötzlich aus dem Nichts hinter ihnen auf. Hatten diese Maschinen nun auch noch Illusionsmagie gelernt? Mit dem Integrieren von menschlichen Gehirnen in diese Panzer hatten es die feindlichen Magier einst übertrieben! Sie ließen ihr Gepäck fallen und rannten um ihr Leben. Wenn sie hinter die Bahn gelangten, dann könnten die Sensoren der Haubitze sie womöglich nicht mehr als Ziele detektieren. Unter Beschuss erreichten sie die Bahn, doch dann bemerkten sie ihren Fehler. Die Tankwagons waren mit Warnhinweisen versehen und sie enthielten brennbares Gas! Die Haubitze machte nun ernst und richtete ihr Hauptgeschütz aus, nicht auf sie, sondern auf einen der gefüllten Tanks. Im letzten Moment entdeckten die drei neben den Bahngleisen einen geöffneten Zugang zu einer alten Bunkeranlage aus dem letzten Krieg. Sie rannten darauf zu und hinter ihnen explodierte alles. Dann wurde es dunkel und still um Jonathan. Als er wieder erwachte, versuchte er sich in der Finsternis aufzurichten. Doch es schmerzte. Irgendwie gelang es ihm mit seinen letzten Streichhölzern ein Feuer zu entzünden. Viele Trümmer lagen im Vorraum des Bunkers verstreut und der Eingang war unter Tonnen von Material verschüttet. Er selbst erlitt diverse Verletzungen und Verbrennungen und hatte mindestens zwei gebrochene Rippen. Dann entdeckte er einen seiner beiden Kameraden auf dem Boden liegen. Sein ganzer Körper war verbrannt und er atmete nur noch flach. Er war nicht ansprechbar. Jonathan hatte kein Verbandszeug mehr und opferte sein letztes Wasser, um die Wunden seines Kameraden zu reinigen. Dann begab er sich trotz starker Schmerzen ans Werk und fing an die Trümmer am Eingang fortzuräumen. So vergingen Stunden. Vielleicht auch Tage. Jede Sekunde erflehte er irgendeine Macht um Hilfe an. Es kam aber niemand. Ohne Essen räumte er Tonnen von Material zur Seite und unterbrach seine Arbeit nur, um das Feuer zu nähren. Als er es schließlich schaffte einen kleinen Durchgang nach draußen zu graben, bemerkte er, dass sein Kamerad mittlerweile verstorben war. Mit letzter Kraft schleifte er die Leiche seines Kameraden ins Freie und atmete tief durch. Endlich frische Luft. Vor dem Eingang lag sein anderer Begleiter. Er musste sich inmitten der Explosion befunden haben, denn er war kaum noch als Mensch zu erkennen. Dann bemerkte er wieder dieses Flirren. Es war hier überall über den Trümmern. Es war ihm aber egal. Mit blutigen Händen fing er an ein Grab im steinigen Boden für die zwei Leichen auszuheben, um ihnen die letzte Ehre zu erweisen. Sie starben im Kampf für die Freiheit gegen einen übermächtigen Gegner. Sie waren Helden. Aber er hatte versagt. Seine Mission war gescheitert und er verlor sein gesamtes Team. Dann bewegte sich auf einmal etwas in dem Flirren und er erschrak. Metallische Tentakeln erschienen aus dem Flirren und wurden immer größer. Sie schlängelten um sich herum und formten eine Art zehn Meter großes Tor. Als es sich verhärtete und dann eine gleichmäßige Oberfläche aufwies, füllte eine wässrige blaue Flüssigkeit den Innenraum auf. Was war das? Etwa wieder eine neue Magitek? Dann erklang eine Stimme aus dem Tor und fragte ihn, was er sich am sehnlichsten wünschte. Etwa Macht? Nein! Er wollte nur eines. Endlich Frieden. Kurz darauf erschien vor ihm ein schwebendes, goldenes Pergament. Darauf stand ein Name. Lady Tientai. Er wusste nicht, wie ihm geschah. Womöglich hatte er zwischenzeitlich zu viel Blut verloren und halluzinierte. Er griff nach dem Schriftstück und die Stimme sprach erneut zu ihm. Sie erlaubte ihm als Katalysator sein Blut und das seiner Kameraden zu verwenden, welches er an seinen Fingern hatte. Der Vertrag wurde geschlossen. Dann verschwand das goldene Pergament. Im selben Augenblick tauchte oben am Hang die Magitek-Haubitze auf und richtete ihre Artillerie auf ihn. Schnell griff er die Hände seiner toten Kameraden und lief in das Tor, da er keine andere Möglichkeit zur Flucht sah. Hinter ihm explodierte alles, da nun auch die restlichen Tankwagons entzündet wurden.

Ljosgard: Jonathan durchquerte das Tor und fiel tief. Schnell rappelte er sich auf und sprang zur Seite. Eine gewaltige Feuersbrunst ergoss sich hinter ihm und entflammte die Umgebung. Als schwere Trümmer das Tor passierten, platzten dessen metallischer Rahmen und inaktivierte das Tor. Aufgrund der Anstrengungen musste er das Bewusstsein verloren haben. Jonathan erwachte im seichten Gras liegend und blickte in die Baumwipfel. War das vielleicht alles nur ein Traum? Er stand auf und spürte starke und stechende Schmerzen in seiner Brust. Dann versteinerte sein Blick, als er auf die neue Waldlichtung vor sich blickte. Der Boden war verbrannt und noch warm. Darauf lagen große Überreste eines Kesselwaggons, sowie eine Menge Schutt und Trümmer und dazwischen Teile des Tores von der anderen Seite. Fünf Meter über der Lichtung hing ein intaktes zweites Tor im Geäst der Bäume. Es hatte dieselbe Größe wie das, welches er durchquerte, aber es schien inaktiviert. Vielleicht da das Tor auf Bariaris zerstört wurde. Sofort suchte er die Leichen seiner Kameraden. Einen fand er, von dem anderen aber nur ein Arm. Aus dem Schutt nahm er sich ein stählernes Blech und fing an zu graben. Als er fertig war, beerdigte er die Leichen und legte Blumen nieder. Dann legte jemand eine Hand auf seine rechte Schulter. Es war eine Frau in einem langen, festlichen Gewand, dessen Ornamentik an Vogelfedern erinnerte. Sie sagte, dass dies ein schönes Grab war und er ein gutes Herz hätte. Dann nahm sie ihn tröstend in den Arm und sprach: „Ich bin Lady Tienhai. Sehr erfreut Euch kennenzulernen, Meister“.

Myrkgard: Durch die Wucht der Explosion wurde das Tor auf Bariaris tatsächlich zerstört. Alle Materie, welche sich noch zwischen den Welten befanden, mitsamt der umliegenden Umgebung des Tores wurden in die Ursprungswelt, in der die Tore geöffnet wurden, transferiert. So regneten Gesteinstrümmer auf das Inselkaiserreich Gonfal hernieder und löschten ein kleines Dorf mitsamt seiner Bewohner aus. Zu Letzt stürzte auch die Magitek-Haubitze aus größter Höhe in das Trümmerfeld und zerschellte am Boden. Vor der Küste der Hauptinsel des Königreichs Arcadis in der Waelingsee westlich des Zweikronenreichs erschien von einer Sekunde auf die andere eine neue Insel. Sie bestand aus groben Gesteinsbrocken, Gleisen und den Überresten des Zuges. Die anwesenden Fischer trauten ihren Augen kaum.

 

Myrkgard: Im Staat Prussia erhielt Flottenadmiral Strewitz ein Telegramm mit neuen Anweisungen von der Militärführung. Er sollte mit sofortiger Wirkung zu einer Friedensmission nach Herena aufbrechen. Der dort ausgebrochene Konflikt könnte nämlich das Hauptaugenmerk des Valianischen Imperiums wieder auf den Kontinent Vesternesse richten. Dies musste unbedingt verhindert werden. Außerdem könnte Prussia mit dieser Friedensmission seine Vormachtstellung und seinen Einfluss in den von Valian kontrollierten Gebieten weiter ausbauen. Strewitz verlor keine Zeit. Er wollte unverzüglich mit seinem Turmschiff als Flaggschiff und einem Verband an Linienschiffen in See stechen.

 

Akt 8:

Eine Frage des Glaubens:

 

Teilnehmende Abenteurer:

keine Spieler, Geschichte aus der Sicht von NPCs

 

Anmerkung: Akt 8 überschneidet sich mit dem Ende von Akt 7 und spielt dann parallel zu den Akten 9 und 10. Dieser Akt wurde auch nie gespielt. Er dient lediglich dazu aufzuzeigen, was die Folgen diverser Handlungen waren und um den Spielern neue Handlungsstränge in dieser Sandbox aufzuzeigen.

 

Myrkgard: Ein Teil des Widerstandes und der aufstrebenden Bevölkerung erkannte in dem kürzlich erschienenen Engel den ersten Götterboten seit beinahe 800 Jahren. Viele hofften darauf, dass die Götter, die sie nur aus Märchenbüchern kannten, zurückkamen und ihnen im Kampf gegen das Valianische Imperium zur Seite zu standen. Angehimmelt von seinen neuen Gläubigen erklärte dieser weibliche Engel, die sich selbst Jilas Ytharia die Erste nannte, die Stadthalle von Herena-Stadt zu ihrem Domizil und ließ sich beschenken und durch Gefälligkeiten verwöhnen. Sie stand auf und breitete ihre Arme vor der schieren Menschenmasse, die sich vor ihr versammelt hatte, aus. Sie sollten jetzt hinausziehen und weitere Menschen von ihrer Göttlichkeit erzählen und sie zu ihrem Gott bekehren. Den Namen ihres Gottes und Schöpfers erwähnte sie damit mit keinem Wort. Mit vereinter Kraft sollten sie die Anbetungsstätten dieses falschen Gottes Radamanthurs niederreißen und seine Reliquien stehlen und einschmelzen. Ihr Licht gäbe der Menschheit Hoffnung auf Freiheit und Erlösung. Wer sich ihnen dabei in den Weg stellte, der solle mit seinem Blut bezahlen.

Kurz darauf erhielt der Engel die Botschaft, dass ein Schiff im Hafen vor Anker ging. Dies mussten Verbündete des Königs sein! Den Einwand einiger weniger, dass das Schiff zu einem neutralen Staat gehörte, ignorierte sie, denn dies war der perfekte Zeitpunkt, um ihren Gläubigen ihre Macht vor Augen zu führen. Auf einer Sänfte ließ sie sich zum Hafen tragen und sah dort das Schiff. Es hatte die Flagge von Wyeningar gehisst. Dass es sich um ein Handelsschiff handelte interessierte sie immer noch nicht. Sie faltete ihre Hände zusammen und konzentrierte eine Menge Energie in ihnen, ehe sie diese Kraft auf das Schiff abschoss. Unter lauten Jubel zerriss das Handelsschiff in einer Feuersbrunst in zwei Hälften. Schreiende Seeleute sprangen brennend ins Wasser und versuchten an Land zu schwimmen. Doch der aufgeheizte Pöbel bescherte ihnen dort bereits mit Mistgabeln, Spießen und Knüppeln einen netten Empfand. Wer dabei nicht sein Ende fand, der ertrank armselig in den Wassern der Hafenbucht.

Merowinger verfolgte das Geschehen vom Rande aus und zog sich danach zurück. Engel oder nicht, diesem Wesen konnte er keinesfalls trauen. Er kehrte in das Versteck der Klingen zurück, welches mittlerweile zur Basis des Widerstandes geworden war. Dort erzählte er der neuen Führung Christine, Barok, Christian und Ina von seinem Erlebnis. Sie stimmten überein, dass dieser Engel Unheil brachte, doch mussten sie sich vorerst auf König Berian konzentrieren, ehe sie sich mit anderen Dinge beschäftigten.

Auf dem zentralen Marktplatz versammelte der Engel nun all seine Jünger. Diese Menschen waren zu einfach zu manipulieren, dachte sie. Vor allen Anwesenden verkündete sie nun den Anbeginn eines neuen Zeitalters. Da landete ein weiterer weiblicher Engel und kniete sich neben ihr nieder. Eine Untergebene. Jilas Ytharia gab dem niederen Engel den Auftrag auf eigene Faust loszuziehen, um den verschollenen Kelch ausfindig zu machen. Sofort hob dieser ab und flog in Richtung der Scheune des alten Gutshofs. Ein Informant hatte ihnen nämlich schon zuvor berichtet, dass sich dort ein Weltentor befand. Zufälligerweise war dort auch das Rufen des Kelchs am lautesten zu vernehmen. Die zwei Wächter, die das Tor bewachten, ließen den Engel einfach passieren. Auch sie sahen in diesen himmlischen Geschöpfen die Rückkehr der alten Götter.

Ljosgard: Der Aufbruch Lathanas mit ihren Gefährten zur Burg von Regis MacTuric blieb nicht unbemerkt. Eine Elfe hatte ihre Unterhaltungen im Wirtshaus, als auch in Garoths Schmiede und in der Waldhütte Amadias beobachten lassen. Wozu eine Maus als Gefährte doch zu allem gut war. Wenn sie dem hiesigen Fürsten von der Goldmine und dem Weltentor berichteten, dann hätte dies erhebliche Auswirkungen auf ihren Auftrag. Sowohl sie selbst, als auch die Sternenprinzessin könnten dann wohl kaum die unterirdischen Gewölbe unbemerkt betreten. Aber sie könnte die zwei Einbrecher Mason und Fafnir benutzen, um an Informationen aus dem Untergrund zu gelangen. Dann müsste sie sich nicht einmal die Hände schmutzig machen. Schließlich hätten diese zwei bestimmt auch Interesse daran, dass ihr Diebstahl nicht bekannt werden würde.

Der Mönch und ehemalige Verwalter des Klosters „Gnade des reinigenden Feuers“ Nicholas machte es sich zur Aufgabe den Heimstein seiner alten Klosteranlage zu bergen. Falls die Feuerpriesterin Lyra das Geld für einen Neubau hier in Goldmoor auftreiben könnte, dann würden sie diesen Heimstein wieder in das Fundament einsetzen. Dafür hatte er bereits eine zufällig vorbei reisende Gruppe Abenteurer gebeten ihn zu bergen. Einer der Flüchtlinge aus dem Norden, Jonathan MacRathgar, wollte diese Gruppe dabei unterstützen. Nicholas hatte ihnen genau beschrieben, wo sie diesen gesegneten Stein finden konnten. Nicht im Fundament oder in den Katakomben, sondern direkt unter dem Altar. Zudem sollten sie einem Gerücht auf die Spur gehen. Unweit des zerstörten Klosters im Weiler Methven wurde eine neue Glaubensgemeinschaft gegründet. Sie nannten sich selbst die „Getreue des Anfangs“. Viel wusste er nicht über diese Gemeinschaft, doch er nahm an, dass sie von anderen Überlebenden aus dem Kloster geführt wurde. Zeitlich passte dies immerhin. Nicholas segnete diese Gruppe, bevor sie Goldmoor nach Norden hin verließen. Mögen die Götter ihre schützende Hand über sie halten.

Etwas später auf der Burg von Regis MacTuric. Syphael arbeitete sich gerade in seine neue Tätigkeit als Berater des Fürsten ein und sortierte die Bilanzen. Um das Vermögen seines neuen Herrn war es nicht gut bestellt. Wenn die Ausgaben durch den drohenden Konflikt noch weiter zunahmen, dann müssten Kredite beantragt werden. Er hatte eigentlich gehofft für seine Zwecke einige Mittel abzweigen zu können, doch unter diesen Umständen sah es schlecht aus. Schade. Dann spürte er plötzlich eine Präsenz und blickte aus seinem kleinen Burgfenster hinaus zum Wald. Hinter einem Baumstamm blickte eine Elfe in einem langen, Kleid zu ihm empor. Es war aber keine gewöhnliche Elfe, denn ihre Aura war weitaus stärker und ihre betörende Schönheit stellte alles in den Schatten, was er je sah. Dann ging ihm ein Licht auf und er wusste was sie war. Hasserfüllt schaute er sie an. Es klopfte an seiner Türe. Schnell zog er den Vorhang zu, setzte sich hastig an seinen Schreibtisch und bat den Störenfried herein. Wachen hatten Besuch für ihn mitgebracht, die angeblich über äußerst wichtige Informationen verfügten. Es waren Mason und Fafnir.

In Goldmoor herrschte reges Treiben und ein jeder ging seiner Arbeit nach. Da landete auf einmal ein himmlisches Wesen, ein Engel, auf dem kleinen Dorfplatz vor dem Tempel der Dheis Albi. Ein Zeichen der Götter! Sofort warfen sich die Mönche und die meisten der Bewohner, welche Zeugen dieses Auftauchens waren, auf die Knie und stimmten ein Gebet ein. Dann erhob dieser weibliche Engel das Wort. Dieser Ort war von den Göttern vor langer Zeit auserwählt worden. Jeder sollte seine Arbeit niederlegen und eine Reliquie in Form eines goldenen Kelchs im nahen Umland suchen. Dieser befände sich irgendwo im Untergrund. Wer diesen Eingang dazu fände, den sollte das ewige Glück erwarten. Sofort eilten viele der Dorfbewohner los, um sich mit Spaten auf die Suche zu begeben. Andere Menschen baten den Engel in die Kirche und überschütteten ihn mit Opfergaben. Als sie dann anfingen für sie eine wohnliche Bettstatt beim Altar herzurichten und Wein zu holen, empfand der Engel dies als standesgemäß. Vielleicht waren diese Menschen doch zu etwas zu gebrauchen.

Die Xan-Priesterin Marie-Ann traute diesem Engel nicht. Der Engel war zu selbstgefällig und fordernd. Sie selbst hatte zwar noch nie einen echten Engel gesehen, doch etwas stimmte mit seinen Flügeln nicht. Es konnte doch unmöglich sein, dass alle Engelsstatuen in den Tempeln falsch waren! Aber sie traute sich nicht alleine vor ihn zu treten und ihn darauf anzusprechen. Daher eilte sie zu einem der Dorfhelden. Zu Garoth.

In der Schmiede von Garoth MacThorne arbeitete dieser gerade mit Sledge, Luis und Lilly zusammen, um die Bestellung für den Widerstand vorzubereiten. Dann bemerkte Luis, dass Lilly etwas angespannt wirkte. Sie forderte ihn im Flüsterton auf zu gehen, da sie die Ankunft einer gefährlichen Präsenz im Dorf spürte. Aber Luis konnte jetzt seinen neuen Handwerksmeister und Ausbilder Sledge nicht einfach so im Stich lassen und vertröstete Lilly. Als Lilly gerade im Begriff war die Fassung verlieren, weil sie ihren Meister Luis auf jeden Fall beschützen musste, wurde die Eingangstüre aufgestoßen und keuchend fiel Marie-Ann in die Stube.

 

Ljosgard: Remilia schritt gerade durch die Halle der ehemaligen Kirche, als sie das Erscheinen einer ihr unbekannten Wesenheit in wenigen Kilometern Entfernung spürte. Sie konzentrierte sich und konnte dann die Umrisse des fremden Wesens wahrnehmen. Ein Engel! Sie informierte prompt ihre Herrin darüber. Sofort ließ ihre Herrin die Arbeit am Leichengolem links liegen und ärgerte sich darüber, dass sie abermals bei dessen Erschaffung unterbrochen wurde. Remilia schlug vor nun ihre neu entwickelten infektiösen Untoten in den Kampf zu schicken. Doch ihre Herrin war dagegen. Die albischen Götter hatten diesen Engel höchstwahrscheinlich entsandt, da sie ihre finstermagischen Rituale nicht mehr duldeten und nun einen Schlussstrich ziehen wollten. Um gegen einen Engel zu bestehen musste sie größere Geschütze auffahren. Doch zum Glück hatte sie bereits Vorkehrungen getroffen. Immerhin war sie eine der größten Nekromanten, die die Welt je sehen würde.

Kurz darauf erhob sich eine riesige Knochenbestie vom Vorplatz der Kirche. Die großen Schwingen trugen den gewaltigen Leib des Knochendrachens schnell in Richtung Goldmoor. Aber wenig später bremste er in der Luft ab, denn etwas anderes hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Aus dem Wald unter ihm stieg ein Feuerdämon mit Hörnern und langem Schwanz zu ihm herauf. Seine Hände zierten lange Krallen und unter seiner Schuppenhaut brannte ein loderndes Feuer. Zufällig hatte dieser Dämon, zuvor in Menschengestalt, diese Perversion in seine Richtung fliegen sehen. Aber was tot ist, sollte wieder zurück, wo es hingehörte. In die Hölle! Der chryseische Feuerdämon beschwor eine lange Flammenpeitsche und schnellte auf seinen Gegner zu. Doch dieser wich problemlos aus. Er war stärker, als er zunächst angenommen hatte. Der Knochendrache konterte mit einem Blitzstrahl und verfehlte den Dämon. Dann machten sie ernst und lieferten sich einen regen Schlagabtausch in luftiger Höhe. Als der Drache ihn mit seinen Klauen fingierte, wickelte sich sein knöcherner Schwanz blitzschnell um den Körper des Feuerdämons. Doch ehe der Drache seinem Opfer den Kopf abbeißen konnte, beschwor dieser drei Harpyien herbei, die den Knochendrachen beharkten. Mit ihren vogelartigen Krallen lösten sie seine Gelenke um die Flügeln, sodass er nicht mehr fliegen konnte und beide in die Tiefe fielen. Größtenteils zerstört rappelte sich der Knochendrache im Wald noch einmal auf, doch es brachte nichts. Der Feuerdämon wirkte mehrere „Feuerlanzen“ und durchlöcherte seinen Widersacher. Brennende Knochenfragmente verteilten sich in der Umgebung. Der Feuerdämon hatte zwar den Sieg errungen, doch leider war auch er schwer verletzt worden und zudem hatte eine seiner Harpyien den Tot gefunden. Sie war ihm immer die Liebste gewesen. Er nahm Abschied, doch wusste er, dass er ihren Geist in der chryseischen Hölle wiedersehen würde. Den Leichnam der Harpyie legte er auf die Überreste des Knochendrachens. Dort sollte sie über ihren Peiniger für immer thronen. Mit letzter Kraft nahm er wieder menschliche Gestalt an und schickte seine anderen beiden Begleiter zurück.

Remilias Herrin ging jetzt zur magischen Kugel, um damit durch die Augen ihrer Knochenbestie zu sehen und sie besser führen zu können. Aber die Kugel blieb schwarz. Hieß das, ihre Bestie war bereits vernichtet worden? Es musste dieser Engel gewesen sein! Jetzt hatte sie keine andere Wahl, als ihren Triumph auszuspielen, bevor dieser Engel ihr hier in ihrem Versteck einen Besuch abstattete. Da sie noch immer keinen für sie zufrieden stellenden Katalysator gefunden hatte, breitete sie ihr goldenes Ankoral aus und opferte willkürlich den Großteil ihrer Leichen. Das Ankoral nahm dieses Opfer an.

Remilia lächelte aber hinter dem Rücken ihrer panischen Herrin. Wenn sie nun einen schwächeren Heldengeist durch ein viel zu unwürdiges Opfer beschwor, dann hätte sie einen Konkurrenten weniger, um den sie sich Gedanken machen musste. Ihre Herrin war schließlich auch nur ein Werkzeug, welches ihr zu ihrem eigenen Schutz zur Verfügung stand. Und sie merkte nicht einmal, dass sie ihr nur die hörige Dienerin vorspielte. Ihr Heldengeist war immerhin viel mächtiger und seine „Magieabschirmung“ verhinderte, dass sie überhaupt als einer der Meister von anderen erkannt werden würde.

 

Ljosgard: Den Brief seines Informanten in den Händen haltend ging der grau bemantelte Kommandant voraus. Endlich hatten sie nach langer Suche eine Spur zu den Tätern gefunden, die es gewagt hatten sich gegen das albische Königtum zu stellen. Für solch dreiste Mörder, die es fertig gebracht hatten einen ganzen Clan auszulöschen, gab es nur eine mögliche Strafe: den Tod! Jedoch erst nachdem sie mehr Informationen über ihre Hintermänner herausfanden. Für den Kommandanten war klar, dass die Beweggründe hinter ihren Zielpersonen politischer Natur waren. Denn bei dem Attentat auf die MacKeith wurden alle Clansmitglieder umgebracht und danach deren Stammsitz niedergebrannt, jedoch nichts von Wert gestohlen. Diese vier Frauen und der Knabe, die sie verfolgten, mussten Profis sein, denn wie sonst hätten sie sich solange vor ihnen versteckt halten können?

Aber während der Großteil des Reiches vom König regiert wurde, gab es nur zwei Landesteile, in die der Arm des Königs kaum bis gar nicht reichte. Zum einen das Gebiet westlich von Thame, welches von einem mächtigen Städtebund geführt wurde und sich auf Selbstständigkeit besann und sich bis zum heutigen Tage vehement gegen die politische Einmischung der Clans wehrte. Andererseits die nur schwer zu verteidigenden Gebiete nördlich des Devern. Es war ein kluger Schachzug von den Attentätern gewesen sich in den Norden zurück zu ziehen. Aber vor ihnen, der Grauen Garde, gab es kein Entkommen!

 

Akt 9:

Falscher Engel:

 

Teilnehmende Abenteurer:

Garoth MacThorne (Ljosgard, Mensch, Alba, Hexenjäger, Grobschmied),

Lucius Verus Duber geb. Doran MacConuilh (Myrkgard, Nordlande-Herena, Mensch, Krieger, Büchsenbauer),

Shaw (Ljosgard, Mensch, Alba, Ordenskrieger, Verwalter),

Lathana Tyrell (Ljosgard, Mensch, Alba, Bardin, Botin),

Lyra, die rote Priesterin (Ljosgard, Alba, Priesterin, Rechtsgelehrte)

 

Ljosgard: Lucius kam in der Zwischenzeit mit Lathana und Amadia im Burghof an. Aber die Wachen am Eingang des Burgfrieds verwehrten Lucius den Eintritt, da sie ihn nicht kannten. Dies verärgerte Lucius, da es nun so aussah, als ob er diesen weiten Weg umsonst gegangen war. Lathana vertröstete ihn und versprach ihm zugleich, dass sie dem Fürsten nun die Wahrheit über alles berichten wollte und alles zu versuchen, damit der Handelsvertrag zwischen den beiden Welten zustande kam. Lucius setzte sein gesamtes Vertrauen in sie. Als seine beiden Begleiter den Bergfried betraten, wandte er sich einer Wache zu und bat auch sie um eine Audienz beim Fürsten. Da der Fürst aber erst vor Kurzem zurückkehrte und nun einige Angelegenheiten aufholen musste, würde er zurzeit keine fremden Besucher empfangen. Aber die Wache hatte einen guten Tag und könnte ihn zum neuen Berater Syphael führen. Dieser hätte nämlich ohnehin gerade zwei Besucher empfangen und wirkte weltoffen. Lucius lehnte ab und begründete dies damit, dass ein Berater sicherlich keine Befugnis hätte ein Militärbündnis abzuschließen. Diese Worte irritierten die Wache. Am Ende bat er die Wache trotzdem noch um einen Gefallen. Der hiesige Schreiber sollte im Archiv nach den Namen seiner Eltern Gerard und Alesia MacConuilth suchen, die bis vor zwanzig Jahren im Dienste des ehemaligen Fürsten Beaumont standen. Falls dieser danach Interesse an einem persönlichen Gespräch mit ihm hätte, sollte er sich bei ihm in Goldmoor melden. Die Wache versicherte ihm, dies Schreiber Marius auszurichten. Als sich Lucius danach umwendete, erblickte er die Kutsche von Fafnir und Mason. Nun war ihm auch klar, welche Besucher Berater Syphael gerade empfing. Kurz spielte er mit dem Gedanken die Kutsche zu manipulieren, um diesen frechen Halunken eine Lektion zu verpassen. Doch er schluckte seinen Ärger runter und lief dann zurück ins Dorf.

Lathana wurde zu Fürst Regis vorgelassen und bat ihn um ein wenig Zeit und Aufmerksamkeit, weil sie ihn dringend über einige wichtige Dinge aufklären musste. Als sie zu Beginn ihrer Erzählung die Goldmine, in der das Weltentor stand, erwähnte, schaute Regis irritiert und unterbrach sie. Von der Existenz einer Goldmine in seinen Ländereien wusste er nämlich gar nichts. Sofort rief er seinen Hauptmann Lance herbei und gab ihm den Auftrag mit einigen Rittern an den von Lathana beschriebenen Ort zu ziehen, um ihre Erzählung auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu untersuchen. Als der Hauptmann loszog, erzählte Lathana weiter. Von der Herrschaft des Valianischen Imperiums, über König Berian, der in Regis Land Ressourcen stahl und Menschen entführte, bis hin zum dort tobenden Bürgerkrieg. Dabei ließ sie kein Detail aus. Obwohl der Fürst ihr aufmerksam zuhörte, bemerkte Lathana, dass Regis, je mehr sie erzählte, ihr immer weniger Glauben schenkte. Ihre Erlebnisse mit dem Tor waren einfach zu unglaubwürdig in den Ohren eines Menschen, der all dies nicht selbst erlebt hatte. Als sie fertig war schickte er sie nach draußen, um zu warten. Nach etwas über zwei Stunden kehrten die Ritter zurück und berichteten Regis von dem, was sie in der Mine sahen. Umgehend ließ Regis nach seiner Botin rufen. Er glaubte ihr nun. Diese Goldmine würde all seine Probleme lösen. Er könnte den Grenzkrieg mit den Twyneddin nun finanzieren und die Fehde mit dem Clan der MacRathgars beilegen und somit endlich seine geliebte Tochter freikaufen. Doch so brennend Lathana auch die Sache mit seiner Tochter interessierte, schwieg sie zu diesem Thema. Das Einzige, was Regis jetzt noch im Weg stand, um all seine Probleme zu lösen, waren also die Feinde auf der anderen des Tores. Diese würden ihm sicherlich nicht die Herrschaft über die Goldmine freiwillig überlassen. Und dass, obwohl die Goldmine in seinem Land war. Regis befahl seinem Hauptmann, dass er sofort mit seinen Männern in die umliegenden Ortschaften ausreiten sollte, um dort waffenfähige Männer anzuwerben. Jeder der sich freiwillig meldete, sollten vier Gold pro Tag zustehen – das war viel mehr, als die einfache Landbevölkerung verdiente. Bereits in drei Tagen sollte sein Heer stehen und jede Waffe in seiner Waffenkammer einen neuen Besitzer gefunden haben. Dann würde er persönlich dafür sorgen, dass das Tor von beiden Seiten aus gesichert war.

In der Schmiede von Garoth wurden gerade die metallenen Hilfsmittel und Werkzeuge für den Widerstand hergestellt. Da stürmte plötzlich Marie-Ann herein. Unter den verdutzen Blicken von Garoth, Sledge, Luis und Lilly warf sie die Türe hinter sich in die Angeln und schloss in Windeseile die Fensterläden. Dann erzählte sie ihnen vom Auftauchen des Engels hier im Dorf und dass nun ein Großteil der Dorfgemeinschaft verrückt spielte. Sie würden mit Schaufeln und Spaten bewaffnet in das Umland ziehen, um irgendeine Reliquie, von der sie niemals zuvor etwas hörte, zu bergen. Außerdem sagte ihr ihr Gespür, dass dieser Engel nicht echt war.

Derweil kam Shaw aus dem Wald zurück. Doch irgendetwas schien seltsam. Anstatt dass die Landwirte sich um ihre Felder kümmerten, Gemüse ernteten oder die Äcker mit ihren Ochsen pflügten, begannen sie nun an einigen Orten mit dem Ausheben von Löchern. Er ging zu einer Gruppe von ihnen hin und fragte nach dem Grund. Von ihnen erfuhr er, dass vorhin ein Engel im Dorf erschien. Dieser hatte ihnen offenbart, dass die Götter ihr Heimatdorf für etwas Großes erwählt hätten. Nun kämen sie dem Wunsch dieses Engels nach und suchten einen Zugang zu einem alten Gewölbe, in dem eine Reliquie verborgen war. Bis sie dieses heilige Relikt geborgen hätten, würde der Engel solange in ihrem Tempel residieren. Shaw dachte nach. Vielleicht könnte man mit Aufspürungszaubern wie „Erkennen der Aura“ oder „Erkennen von Zauberei“ diese Reliquie einfacher finden. Dann wäre auch niemand dazu gezwungen die Felder umzugraben. Ihm kam direkt sein Bekannter Garoth in den Sinn. Als Hexenjäger müsste er doch über diese Zauber verfügen.

Auch Lucius kehrte nun nach Goldmoor zurück. Natürlich fiel auch ihm das merkwürdige Benehmen der Dorfbewohner auf und dass viele Bewohner mit Speisen und Geschenken zum Tempel rannten. Was war hier bloß los? Da er sich nicht einmischen wollte, ging er gemächlich zu seinen hiesigen Bekannten.

Fast gleichzeitig mit Lucius kam auch Shaw an der Schmiede an, wo sich dann beide kennenlernten. Shaw bat Garoth den Dorfbewohnern bei der Suche nach der Reliquie mit seinen Aufspürungszaubern zu helfen. Marie-Ann fiel fast alles aus dem Gesicht, dass nun auch noch Shaw als Ordenskrieger bei dieser Verrücktheit mitmachte und klärte ihn daraufhin über ihre Vermutung, dass es ein falscher Engel war, auf. Als Lucius dies hörte, kam ihm wieder etwas in den Sinn. Kurz bevor er Myrkgard durch das Weltentor verlassen hatte, war nämlich auch dort ein Engel erschienen. Dies konnte kein Zufall sein! Und im Gegensatz zu den Geschichten, die er hörte, ragten die Flügel dieses Engels aus seiner Taille heraus. Aus der Taille? Shaw fand diese Tatsache mehr als merkwürdig und höchst verdächtig. Daher wollte er diesem angeblichen Engel auch umgehend im Tempel einen Besuch abstatten. Lucius und Garoth boten an ihn zu begleiten, während alle anderen die Arbeiten in der Schmiede fortsetzen sollten. Marie-Ann wünschte ihnen viel Erfolg.

Sie kamen am Tempel der Dheis Albi an und traten durch das Eingangsportal hindurch. Das Innere war von den Dorfbewohnern mit vielen Blumengestecken und Stoffbahnen zeremoniell verziert und ausgeschmückt worden und zahlreiche Kerzen leuchteten das Kirchenschiff aus. Vor dem Altar war mit vielen Kissen und Decken eine bequeme Bettstatt errichtet worden, auf der dieser weibliche Engel saß und unzählige Geschenke von den Bewohnern entgegen nahm. Diese Engelsfrau wirkte freundlich, aber nur mit einem kurzen blauen Rock bekleidet auch sehr freizügig. Ihr langes blondes Haar mit einigen dunkleren Strähnen fiel über ihre Schultern. Auf ihrem Kopf zierte sie ein kleiner Federschmuck und ihre weißen Flügel, die ihr tatsächlich aus der Taille wuchsen, endeten in braunen Spitzen. Obwohl dieser Engel gutherzig wirkte und dieses Dreiergespann sogar hereinbat, hatte Shaw ein ungutes Gefühl. Sein Gefühl wurde bestätigt, als Garoth im Flüsterton anmerkte, dass von ihr eine dämonische Aura ausginge. Aber wie konnte ein Dämon das Haus der Götter überhaupt betreten? Über diese Frage konnten sie sich anschließend Gedanken machen, denn Shaw hatte nun alles gehört, was er wissen musste. Er schnellte vor und zog noch während seines Sturmangriffs seine Waffe, um diesen falschen Engel zu überraschen. Aber dieser griff blitzschnell mit seiner linken Hand die Klinge seines Schwertes und verpasste ihm mit einem finstermagischen Schlag seiner Rechten eine schwere Verletzung. Die Augen des Engels leuchteten nun Feuerrot und sein Grinsen war das eines Wahnsinnigen. Dieser falsche Engel zeigte nun sein wahres Gesicht! Die unbeteiligten Dorfbewohner, die sich hier aufgehalten hatten, schrien auf und rannten panisch davon. Auch Garoth und Lucius zogen jetzt ihre Waffen. Garoth hatte keine Zeit mehr Schutzzauber auf sich anzuwenden und versuchte nun gemeinsam mit Shaw diese Dämonin in die Zange zu nehmen. Aber diese durchschaute ihr Vorhaben und tänzelte um den Altar herum, um ihren Angriffen auszuweichen. Diese Zeit nutzte Lucius, um mit seinen zwei Pistolen sorgsam sein Ziel anzupeilen, um nicht seine Kameraden zu treffen. Als die Dämonin die Schnauze von ihren Widersachern gestrichen voll hatte, griff sie mit einer Hand neben sich in die Luft und zog eine schwarze, Nebel umwobene Sense aus einem sich kurz auf tuenden Spalt. Jetzt schoss Lucius seine beiden Pistolen ab, doch obwohl er sein Ziel verfehlte, erschrak die Dämonin aufgrund des Knalls und der Qualmwolken so sehr, dass sie für den Bruchteil einer Sekunde abgelenkt war und Garoth und Shaw ihr einige Hiebe versetzten konnten. Nun zog auch Lucius seine Klingen und stürzte sich ins Getümmel. Am Ende gelang es ihnen diese Dämonin niederzustrecken.

Völlig hysterisch schrie eine Dörflerin, die gerade durch die Eingangstüre trat, als ihr Engel den Tod fand. Doch sie war nicht allein, denn es kamen immer mehr Gaffer. Panisches Gerede und erste Vermutungen verwandelten sich in böse Gerüchte. Die Abenteurer befürchteten bereits ihren guten Ruf mit dieser Tat zerstört zu haben, da hatte Garoth eine Idee. Vor aller Augen entnahm er etwas vom Weihwasser auf dem Altar und goss es über die beflügelte Leiche am Boden. Als das Wasser die Haut der Dämonin berührte, verbrannte es die Haut und übelriechender Dampf stieg auf. Dies war der Beweis, dass sie ein Dämon war und kein Engel. So langsam begriffen auch die Zuschauer, dass sie bereit waren blind einem Dämon zu folgen.

Betrübt und wütend auf sich selbst errichteten die Dorfbewohner einen Scheiterhaufen vor dem Tempel und verbrannten unter dem Klang von Gebeten den Leichnam der Dämonin. Hätten sie bereits über den Heimstein verfügt, dann wäre es nie soweit gekommen. Alle waren sich einig, dass diese Sache niemals geschehen war und es darum auch keinen Eintrag in die Dorfchronik geben würde.

Noch während das Feuer brannte suchte Lucius seinen Freund Balder auf und bat ihn darum durch das Tor nach Myrkgard zu reisen, um Christine und Barok vom Widerstand vom falschen Engel zu berichten. Balder versprach ihm sobald wie möglich aufzubrechen.

Der Abend brach bald herein und Garoth verstaute die Sense der Dämonin vorerst in seinem Lager. Aber allem Anschein nach ging von dieser Waffe keine Gefahr aus (1), da sich der schwarze Nebel verzogen hatte. Eine Sache beunruhigte Garoth jedoch. Die Dämonin hatte geblutet und ihr Körper löste sich nach ihrem Tode auch nicht auf. Dies könnte bedeuten, dass sie keine Beschwörung und demnach auch keine Projektion in dieser Sphäre war. Könnte es sein, dass der Dämon in Wirklichkeit Menschen besetzte und diese dann kontrollierte? Dann hätten sie nur seinen Körper vernichtet, aber der Geist des Dämons könnte sich im Dorf einen neuen Wirt suchen. Diese Theorie wollte er dann am nächsten Tag mit seinen Freunden genauer besprechen. Nun hatte er sich zu viele Gedanken gemacht und brauchte dringend eine Ablenkung. Daher holte er die Sense wieder aus dem Lager heraus und versuchte sie im hoch geheizten Schmiedefeuer zu bearbeiten. Dann züngelten schwarze Flammen um die Klinge herum. Beinahe wirkte es so, als ob das Feuer ein Eigenleben entwickeln würde. Schnell zog er die Sense aus dem Feuer und der Spuk endete. In den Aufzeichnungen seines Großvaters, von dem er einst das Handwerk des Hexenjägers erlernt hatte, suchte er nach einer vergleichbaren Waffe oder einem Eintrag über schwarze Flammen. Er wurde nicht fündig. Hatte er vielleicht etwas übersehen? Er nahm die Sense noch einmal genauer in Augenschein, da entdeckte er auf einmal unter reich verzierten Schnörkeleien am Griff ein Wort, welches immer wieder auftauchte. Akat´joll.

Am Tag darauf hatten die Dorfbewohner alle Spuren des Vorfalls beseitigt und das Tagesgeschehen nahm wieder seinen gewohnten Lauf. Amadia und ihre Gefährten hatten zwischenzeitlich einen ersten Wagen mit den Hilfslieferungen für den Widerstand neben Garoths Schmiede bereit gestellt. Er war beladen mit Werkzeugen, Holz und Nahrungsmitteln.

Im Wirtshaus trafen sich die Abenteurer wenig später bei einem Frühstücksbier mit Thorandor. Dort erzählte Garoth ihnen von seiner Theorie, dass der Dämon höchst wahrscheinlich noch gar nicht tot war, sondern bereits einen neuen Menschen besessen haben könnte. Und vor allem, was für eine Reliquie suchte er ausgerechnet in diesem abgelegenen Dorf? Um den Dämon endgültig zu überführen mussten sie irgendwie alle Dorfbewohner auf eine Besessenheit überprüfen. Leichter gesagt als getan. Dann kam ihnen die rettende Idee. Thorandor sollte in zwei Tagen eine Versammlung aller hier im Dorf ansässigen Menschen einberufen, um mit ihnen gemeinsam über den Vorfall in der Kirche zu sprechen. Währenddessen sollte dort Garoth mittels „Erkennen von Besessenheit, Zauberei und Aura“ die Anwesenden unbemerkt untersuchen. Dann wurden sie jäh in ihrer Besprechung unterbrochen, denn Harold kam in die Taverne und verlangte nach dem Dorfsprecher. Er fragte ihn, was mit dem Gehöft von Brandon und Marilyn MacManson geschehen sollte. Sie wären nun schon seit über einem Monat spurlos verschwunden. Thorandor hatte zwar von Luis erfahren, dass die zwei nach Myrkgard gegangen waren, hielt dies jedoch vor Harold geheim. Er gab ihm dann die Anweisung, dass er auch dieses Haus den Neuankömmlingen zur Verfügung stellen sollte, bis zu dem Tag, an dem dessen Besitzer wieder zurück kämen.

Am Nachmittag arbeitete Garoth in seiner Schmiede, als Minda herein trat. Bei ihm bestellte sie ein neues Messerset, sowie eine neue Sichel, da ihre alten Arbeitsgeräte für die Bewirtschaftung ihres neuen Kräutergartens, die sie aus ihrer Heimat mitgebracht hatte, mittlerweile zu abgenutzt waren. Dafür verlangte er achtzig Goldstücke. Aber Garoth war zurzeit sehr ausgelastet mit seiner Arbeit und vertröstete sie, dass die Fertigung wohl etwas länger dauern könnte. Er könnte aber ihre Bestellung den anderen vorziehen, wenn sie für ihn einen kleinen Gefallen tun würde. Sie müsste lediglich herausfinden, wer oder was Akat´joll war, immerhin war sie als Heilerin ja auch in der Magie geschult. Minda versprach ihm sofort in ihren Büchern nachzusehen.

Im Dorf kamen zwei Wachen des Fürsten an und suchten Lucius auf, der sich noch immer im Wirts-haus aufhielt. Sie richteten ihm aus, dass Schreiber Marius etwas über seine Eltern, welche vor zwanzig Jahren aufgrund ungeklärter Ursachen verschwanden, herausgefunden hätte. Lucius sollte daher morgen Vormittag Marius in seiner Schreibstube aufsuchen, weil dieser ein persönliches Gespräch mit ihm wünschte. Lucius willigte ein.

Jetzt stand die Planung der Abenteurer also fest. Morgen Früh eine private Unterhaltung mit dem Schreiber des Fürsten und in zwei Tagen die Dorfversammlung. Einen Tag darauf würden sie alle nach Myrkgard aufbrechen und dem Widerstand im Kampf gegen König Berian von Herena unterstützen.

Da Balder bisher noch nicht wieder von Herena zurück war, wollte Lucius unbedingt in der Höhle nach dem Rechten sehen. Und wenn er schon einmal dort hingehen sollte, dachte er, dann könne er auch den ersten Wagen mit Vorräten mitnehmen. Da ihn Shaws Kampfkunst gegen die Dämonin überzeugt hatte, bat er den Ordenskrieger mitzukommen und er willigte ein. Nachdem sie den Wagen vorbereitet und ein Pferd vorgespannt hatten fuhren sie in Richtung der Goldmine. Wegen der zahlreichen Besucher hatte sich zwischenzeitlich schon ein fester Trampelpfad zur Mine hin festgetreten. Dennoch war es schwer ein Fuhrwerk dorthin zu führen, weshalb ihre Reise einige Zeit in Anspruch nahm. Unterwegs dorthin erzählte Lucius Shaw, was sie bereits alles über das Weltentor wussten, aber dieser hielt es bisher noch für ein Märchen. So etwas wie ein dauerhaftes Tor zu einer anderen Welt hätte sich doch schon längst herum gesprochen! Dann erreichten sie den Eingang zur Mine und machten den Wagen fest.

Unten im Säulenraum erblickte Shaw das Weltentor. Die Geschichten, die Lucius vorhin erzählte, stimmten also. Dann schritten sie hindurch.

Myrkgard: Als sie das Tor auf der anderen Seite verließen, war Lucius ein wenig erstaunt. Das Tor wurde nämlich nicht mehr von vielen Wachen gesichert. Dann erschien Merowinger. Dieser erklärte, dass sie nun fast alle Männer abgezogen hatten, um diese Stadt zu sichern. König Berian hatte nämlich in der Zwischenzeit Verstärkung von Fischmenschen erhalten und die feindlichen Truppen verschanzten sich nun auf der Burg und in der Hafenstadt Südwind. Zudem versuchten die königstreuen Truppen sie zu zermürben, da sie zwei Schiffskanonen auf dem Burghügel aufgestellt hatten und willkürliche Ziele in dieser Stadt beschossen. Seine Männer waren auch alle übermüdet, weil keiner mehr richtig schlafen konnte, da die feindlichen Soldaten nachts vor den Toren der Stadt Lärm machten. Außerdem gäbe es noch eine Sache die Merowinger beunruhigte. Ein kleiner Teil der Bevölkerung sah in dem kürzlich aufgetauchten Engel wohl so etwas wie einen Messias. Balder hatte ihre Warnung bezüglich des Engels überliefert und helfe seitdem bei der Verteilung von Vorräten und Proviant. Viele würden aber die Warnungen über den Engel ignorieren und schützten ihn seitdem in der Stadthalle. Merowinger selbst hatte gesehen, wozu der Engel imstande war, aber da sich dieser bisher gegenüber dem Widerstand neutral verhielt und teils sogar den Aufständigen half, wollten sie bisher nicht gegen ihn vorgehen. Dann schickte Merowinger einige seiner Männer durch das Tor, um die von den Abenteurern bereit gestellten Waren zu holen. Bevor sie sich verabschiedeten, machten sie noch einen Code aus, den jeder beim Durchqueren des Tores sagen sollte. Dann wüssten die jeweils anderen, dass man es mit Freunden zu tun hätte. Dieser Code lautete von nun an „Wir sind von den Dheis Albi“.

Ljosgard: Dann kehrten Lucius und Shaw wieder zurück in ihre Welt. Als sie die Mine verließen und gerade den Wagen besteigen wollten, hörte Lucius ein schweres Atmen. Es kam irgendwo vom Rande der Lichtung. Als sie mit gezogenen Waffen dem Geräusch folgten, sahen sie einen völlig erschöpften und schwer verletzten Mann auf dem Boden hinter einem Baumstumpf liegen. Er trug merkwürdige, gefleckte Kleidung und eine zerrissene Weste. Als dieser Mann die beiden sah, stammelte er irgendwelche unverständlichen Worte. Sie halfen ihm auf und legten ihn auf den Wagen. Dann brachten sie ihn unverzüglich zu Heilerin Minda, die sofort bereit war sich um seine Verletzungen zu kümmern.

Es dämmerte. Garoth zerbrach sich in seiner Schmiede immer noch den Kopf über den Namen, den er auf der Sense fand. War es vielleicht gar kein Name gewesen, sondern hatte es vielleicht eine andere Bedeutung? Dann wurde er plötzlich aus seinen Gedanken gerissen, als er im Augenwinkel ein goldenes Licht hinter sich bemerkte. Etwas war direkt hinter ihm! Er packte seinen Schmiede-hammer, um sich gegen einen potentiellen Eindringlich zur Wehr zu setzen und drehte sich um. Da sah er eine goldene Schriftrolle, die in der Luft schwebte. Was war das? Er fasste sie nicht an, sondern versuchte sie aus einiger Entfernung zu deuten. Auf diesem Schreiben waren Buchstaben und auch andere Zeichen zu erkennen, die sich immerzu neu anordneten. Teils waren sie valianischen Ursprungs, aber den größten Teil der Zeichen kannte er nicht einmal.

In der folgenden Nacht schenkte der albische Feuer- und Schmiedegott Thurion der Feuerpriesterin Lyra einen Traum, der alles ändern sollte. Wie in einem Schnelldurchlauf erlebte sie darin die Entführung von Brandon und Marilyn MacManson aus dem Dorf. Außerdem dass die Twyneddin auf geheimen Wegen die Leichen der im Grenzkrieg Gefallenen an die maskierte Dämonen-beschwörerin in der verlassenen und entweihten Kirche im Wald verkauften, um mit deren Erlös ihren Feldzug zu finanzieren. Die Beschwörerin wiederum benötigte ihrerseits die Toten, um mit der Hilfe von Remilia einen Leichengolem zu erschaffen. Aber Remilia, die in Wahrheit eine Tochter des Erzteufels Samiel war, spielte nur die folgsame und ergebene Dienerin ihrer Herrin, um sie für ihre eigenen Zwecke auszunutzen. Zudem hatte Remilia Kontakt zum neuen Berater des hiesigen Fürsten, zum Elfen Syphael. Und beide, Remilia und ihre angebliche Herrin, waren im Besitz einer goldenen Schriftrolle. Außerdem wurde ihr bewusst, dass Daimon, der Herr der chryseischen Unterwelt, seine Goldene Schar entsandte, um sie und Shaw zur Rechenschaft zu ziehen. Und seine Feuerdämonen waren ihnen bereits dicht auf den Fersen und hatten sich schon einen Kampf im nahen Wald mit einem Knochendrachen von Remilias Herrin geliefert. Ihr wurde auch bewusst, dass der Dorfjunge Luis mehr in die ganze Angelegenheit verwickelt war, als sie dachte. Denn er kam selbst in Besitz einer dieser mysteriösen goldenen Schriftrollen und beschwor damit ein Mädchen mit Namen Medusa. Auch sah sie einen riesigen fliegenden Baum im Empyrëum um Myrkgard, von der aus engelsgleiche Wesen ausströmten. Aber es waren keine Engel. Sie waren Dämonen! Sie folgten eisern dem Ruf eines Kelchs, dessen zwei Teile auf beiden Welten lagen und nun wiedervereint werden wollten. Sie erkannte auch die Rolle dieser Dämonen, welche sich selbst Flügel nannten, und welchen Einfluss sie bereits im Bürgerkrieg auf Herena spielten. Und auch die Tatsache, dass dieser Konflikt dort bereits die Aufmerksamkeit anderer Staaten erregt hatte, wie der von Prussia. Lyra wurde Angst und Bange, was sie als nächstes sah. Semiramis war eine Yamakönigin aus der Hölle KanThaiPans und verfügte ebenfalls über ein goldenes Pergament. Außerdem besaß sie noch immer die Kontrolle über Shaws und ihre Seele, seit sie sie im Totenreich beschworen hatte. Sie waren ihre Sklaven! Falls Semiramis sterben sollte, wäre dies auch ihr Todesurteil! Danach sah sie Fafnirs und Masons Einbruch in Garoths Schmiede und dass sie dabei von einer Elfe, die sich in Goldmoor aufhielt, gesehen wurden. Diese Elfe wollte die zwei zu einem späteren Zeitpunkt mit ihrer Tat erpressen und bespitzelte das ganze Dorf. Vor allem aber die Abenteurer. Dabei konnte Lyra einen Einblick in Masons bisheriges Leben werfen und dass er ein grauer Hexer war, der sich einem anderen Dämon verkauft hatte. Aber Thurion schenkte ihr noch mehr. Ihr wurden die wahren Hintergründe von Belimone, Jocelyn, Christian, Ina, Syphael und Jonathan, dem Verletzten in Mindas Obhut, bewusst, als deren Wendepunkte in ihren Leben vor ihrem geistigen Augen abliefen. Auch dieser Jonathan war in Besitz einer goldenen Schrift gewesen, sodass ihm ein Heldengeist namens Lady Tienhai diente. Er kam aus einer völlig anderen Welt mit einem zweiten Weltentor, von der sie bisher nichts wussten. Als ihr dann zuletzt die Hintergründe um die Fehde zwischen Fürst Regis MacTuric und den MacRathgars offenbart wurden, wachte sie plötzlich auf. Ihr Herz pochte so heftig, dass sie befürchtete, es könnte ihre Brust zerreißen und sie war so schweißgebadet, dass ihr Nachthemd regelrecht triefte. Sie versuchte beinahe verzweifelt alle Informationen, die ihr Thurion schenkte, in ihrem Kopf zu ordnen. Diese schiere Masse an neuem Wissen brachte sie an den Rand der Überforderung. Trotz starker aufkommenden Kopfschmerzen, die bis an die Grenzen des Erträglichen stießen, packte sie Feder und Tinte und fing an zu schreiben.

 

Myrkgard: Vor den Mauern des auf einer Halbinsel gelegenen Stadtstaates tauchte ein humanoides Wesen mit Knochengesicht auf und forderte laut die Stadtwachen auf, dass der Herrscher ihres unbedeutenden Landes ihm sein ganzes Territorium überlässt. Die Wachen lachten sich beinahe zu Tode über diese Forderung und forderten ihn wiederum auf zu gehen. Doch das Wesen blieb. Ein Trupp Soldaten verließ daraufhin die Mauern, um den Störenfried des Platzes zu verweisen. Als sie ihm dann mit Waffengewalt gegenüber traten, fielen die Soldaten einfach tot um. Die Wachen auf den Mauern waren entsetzt und läuteten sogleich den Alarm. Sie hatten es hier womöglich mit einem Dunklen Meister zu tun. Sofort nahmen die Wachmannschaften das Wesen mit Langbögen und Ballisten ins Visier. Doch das Wesen kümmerte es nicht im Geringsten. Als dies die Soldaten bemerkten schickten sie ihre Reiterei und eiligst zusammengestellte Fußsoldaten entgegen. Nun war das Wesen gezwungen worden ernst zu machen und es entbrannte ein fürchterliches Gefecht vor den Toren der Stadt. Am Ende stand es auf einem Berg von hunderten von Leichen. Und er war erbost. Wie konnten diese mickrigen Maden es wagen sich ihm in den Weg zu stellen? Er hob seine Hände und murmelte einige Zauberworte. Daraufhin standen viele der toten Soldaten zu seinen Füßen wieder als Untote auf, während andere als Tribut für Beschwörungen einfach verschwanden und an ihrer Stelle einige schwer gerüstete Dämonen auftauchten. Beim Anblick dieses unheiligen Heeres wurden die Führer der Stadt schwach und erklärten ihre sofortige Kapitulation. Aber der Magus akzeptierte diese Kapitulation nicht mehr. Sie hatten es gewagt sich über ihn lustig zu machen, seine friedfertige Aufforderung in den Wind geschossen und ihn dann noch erzürnt. Jetzt mussten sie auch die Konsequenzen ihrer Tat ertragen. Der Magus gab seinem neuen Heer den Befehl zum Angriff. Mit Leichtigkeit durchbrachen sie das Tor und jagten jeden unerbittlich, der eine Waffe trug oder aussah, als hätte er etwas mit der Politik in dieser Stadt zu schaffen. Am Ende des Tages lagen große Teile der Stadt in Trümmern und vielerorts brannte es. Den Mitgliedern des Stadtrates legte er magischen Schmuck an, die sie für die Dauer des Tragens unsterblich machten und ließ sie daraufhin vor den Stadttoren, als Warnung an all diejenigen, die mit dem Gedanken spielten sich aufzulehnen, pfählen. Die Toten dieser Schlacht erweckte er zu neuen Untoten und erwählte einige von ihnen als Heerführer aus. Ihnen gab er den Auftrag allen überlebenden Zivilisten Halsketten anzulegen, als ein Zeichen, dass sie nun ihre Freiheit verloren aber ihr Leben behielten. Danach sollten sie ihre gewohnte Arbeit wieder aufnehmen. Immerhin musste er für seinen neuen Plan, die angrenzenden Länder zu erobern, auch eine intakte Wirtschaft haben.

Am Tag darauf stand der Magus auf der Festungsmauer von LeMonde und ließ seinen Blick über das weite Meer schweifen. Eine Halbinsel wie diese hier zu seinem Stützpunk zu machen, war eine gute Idee, dachte er. Sie ließe sich im Ernstfall leicht verteidigen. Morgen schon würde er sich Gedanken machen, wie er es mit den angrenzenden Kleinstaaten Habirien, Larinia und Prussia aufnehmen könnte. Von einem Händler unterwegs hierher hatte er erfahren, dass diese drei Stadtstaaten sich zwar selbst regierten, aber offiziell zu den Nordlanden gezählt wurden. Wenn er also einen Krieg mit den Kleinstaaten vom Zaun brechen würde, dann hätte er also die Nordlande gegen sich. Dabei hatte er weder eine Ahnung von den Nordlanden, noch vom Rest dieser Welt. Und einen Feind anzugreifen, von dem man nichts wusste, wäre dumm. Daher hatte er es vorerst auch nur auf diesen freien Stadtstaat abgesehen. Er brauchte dringend weitere Informationen! Warum hatte er nur den Händler umgebracht und nicht versklavt oder in einen untoten Diener verwandelt? Dann erregte eine Flotte von vorbeifahrenden Schiffen am Horizont sein Aufsehen (Prussische Flotte unter Strewitz, die von einem geheimen Außenposten im Norden kamen). Schnell rief er seinen neuen dämonischen Diener Prissum herbei und beauftragte ihn mit der Verfolgung dieser Schiffe. Ohne ein Wort zu sagen breitete Prissum seine schwarzen Schwingen aus und erhob sich in die Lüfte. In was für einer interessanten Welt war er hier gelandet?

 

Myrkgard: In der Stadthalle von Herena-Stadt hörte die angebliche Engelsfrau gespannt den Erzählungen ihrer neuen Jünger zu. Je mehr sie über diese Welt lernte, desto eher könnte sie sie beherrschen und den Kelch in ihre Hände bringen. Dann könnte sie endlich ihrem Erschaffer begegnen. Zudem waren ihr diese Menschen genannten niederen Geschöpfe gehorsam und könnten ihr noch mehr zugunsten sein. Aber ihre bisherigen Informationen reichten ihr noch nicht, daher fragte sie ihre Gegenüber, wo sie denn noch mehr über die Länder und die Kulturen erfahren könnte. Schnell verwiesen sie sie zur Bibliothek. Diese sollte sofort in ihrem Namen eingenommen werden, befahl sie und bestimmte einen Mann in ihrer Runde als neuen Propheten ihres Glaubens. Voller Demut und Freude bedankte sich der Mann bei ihr daraufhin. Allerdings gäbe es da ein kleines Problem bei diesem Vorhaben. Als der Bürgerkrieg ausbrach war eine Gruppe Priesterinnen des Gottesstaates Larinia in der Stadt. Sie fanden Zuflucht in der hiesigen großen Bibliothek und erklärten diese bis zur Beendigung der Kampfhandlungen zur offiziellen Botschaft Larinias. Dies musste jeder akzeptieren und daher dürften sie dort weder eindringen noch intervenieren. Mit freundlichster Stimme und großen Augen sagte sie ihm, dass diese Priesterinnen ebenfalls wie die valianisch stämmigen Menschen hier einem falschen Gott huldigten. Ihr Wort reichte dem Propheten. Ein falscher Glauben durften sie hier keineswegs dulden. Sofort trommelte er einige Männer zusammen und marschierte zur unweit entfernten Bibliothek. Sie durchschritten die Eingangstüre und erblickten die Priesterinnen, die gerade dabei waren im Lesesaal Speisen an die gebeutelte Zivilbevölkerung auszugeben. Der Prophet forderte sie auf die Bibliothek zu verlassen, doch die Priesterinnen weigerten sich. Trotz der Bedenken einiger Mitstreiter erklärte der Prophet diese Frauen und all jene, die ihnen folgten, zu Feinden ihres Glaubens. Was dann folgte sollte hinter vorgehaltenen Hand als das „Bibliotheksmassaker“ beschrieben werden. Die Engelsfrau Jilas war jedoch überglücklich dort in der Bibliothek ein neues Zuhause und einen Quell des Wissens gefunden zu haben, sodass sie jedem an dieser Aktion Beteiligtem die Absolution erteilte. Für ihren Propheten hatte sie aber ein ganz besonderes Geschenk, denn er durfte mit ihr, einem Engel, die Nacht verbringen.

 

Myrkgard: Das Segelschiff unter Kapitän und Hexerkönig Angmar hatte sein Ziel fast erreicht. Nicht mehr lange und sie würden die Hauptinsel vom Heljard-Archipel erreichen. Wie lange waren sie nun schon unterwegs gewesen? So viele Wochen schwärmte Angmar seiner neuen Crew nun von den Annehmlichkeiten seines Höhenpalastes vor, dass er es selbst kaum noch erwarten konnte, zurück zu sein.

Dann endlich erreichte er sein Domizil, aber alles wirkte schon von Weitem verlassen. Und als sie anlandeten bewahrheiteten sich seine schlimmsten Vorahnungen. Sein Palast lag in Trümmern und alle hier lebenden Menschen waren tot. Riesige Krater verschandelten die Landschaft und die einstigen fruchtbaren Böden. Seine Crewmitglieder lagen sich tröstend in den Armen und schluchzten, als sie diese Gräueltat sahen. Angmar kannte diese Art der Zerstörung bereits, denn in den vergangenen Monaten hörte er mehrfach von solchen Angriffen auf entlegen Kleinreiche. Er wusste, wer dahinter steckte!

Atalanta, die Stimme, die nach der Aktivierung seines Ankorals auftauchte, sprach zu ihm und versuchte ihn zu beruhigen. Noch wäre nicht alles verloren. Wenn er sich so wie sie die Freiheit für seine Untergebenen wünschte, dann sollte er nach Herena zurückkehren. Dort könnte sie sich endlich manifestieren und ihm dann erklären, was genau er tun müsste, damit sich sein Traum endlich erfüllt – eine freie Welt. Sie warnte ihn aber dennoch: Niemals wieder dürfte er nur um der Freiheit Willen das Leben eines Kindes gefährden. Angmar gelobte Besserung, vor allem darum, da er nun den wahren Schmerz des Verlustes kennengelernt hatte.

 

Akt 10:

Die Suche nach dem Heimstein:

 

Teilnehmende Abenteurer:

Romana Hardick (Ljosgard, Alba, Zwergin?, Heilerin),

Lazerus (Ljosgard, Alba, Mensch, Priester-Chaos),

Boba Doan (Ljosgard, Alba, Mensch, Kopfgeldjäger(Söldner)),

Lux Nabali (Ljosgard, Eschar, Mensch, Ermittler),

Jonathan MacRathgar (Ljosgard, Alba, Mensch, NPC)

 

(Anmerkung: Akt 10 spielt parallel zu den Akten 8 und 9)

 

Ljosgard: Eine andere Gruppe Reisender kam gerade von einem langen Abenteurer aus dem hohen Norden von Vesternesse zurück. Sie waren erleichtert endlich wieder albischen Boden unter ihren Füßen zu spüren. Zu ihnen gehörten die Heilerin Romana Hardick, der angebliche Priester der Dheis-Albi Lazerus mit seinem Esel, der Kopfgeldjäger Boba Doan mit seinem Colli namens Mett, als auch der scharidische Ermittler Lux Nabali. Unterwegs hatten sie bereits vom Angriff eines twyneddischen Heeres hier im Norden erfahren, welches nur mit der vereinten Reiterei der Lairds William MacFeoch und Regis MacTuric zurückgeschlagen werden konnte. Als sie an einem verregneten Spätnachmittag den kleinen Weiler Goldmoor erreichten freuten sie sich schon auf eine warme Mahlzeit und ein kaltes Bier. Um die Gunst der hiesigen Dorfbewohner zu erhalten stimmte Lazerus einen Kehlkopfgesang an, den Boba mit seinem Instrument musikalisch untermalte. Leider fand dies bei den eiligst vorbei huschenden Dörflern aufgrund des anhaltenden Regens keinen Anklang. Zu ihrer Enttäuschung mussten sie wenige Augenblicke später sogar noch feststellen, dass die hiesige Schenke geschlossen hatte, da sich der Besitzer zurzeit auf einer Reise befand. Als sie so da im Regen standen kam der Mönch und Verwalter Nicholas auf sie zu und begrüßte die Fremden und lud sie daraufhin in die Dorfkirche ein.

In der Kirche erklärte ihnen Nicholas, dass das Dorf in den letzten Jahren eine sehr schwierige Zeit durchmachen musste. Neben den wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die den widrigen Bedingungen nördlich des Devern geschuldet waren hatte den Einwohnern auch eine lang anhaltende Dürreperiode zu schaffen gemacht, weshalb viele Menschen auswanderten, um sich ein neues Leben woanders aufzubauen. Seither standen vor allem am Dorfrand viele Häuser leer. Doch nun hatten sich durch äußere Einflüsse die Zeiten geändert und man blickte nun frohen Mutes in die Zukunft. Lux schaute sich um und bemerkte, dass die Mönche Seite an Seite mit den Frauen der Priesterschaft hier direkt im Andachtsraum lebten und auch nächtigten. Das war überaus seltsam, fand er. Dies wäre nur eine Übergangsmöglichkeit, erklärte ihm der Verwalter. Eigentlich gab es in diesem Dorf keinen Klerus, lediglich einmal im Monat verirrte sich ein Wanderpriester hierher. Sie alle wären erst vor Kurzem in diesen Weiler gekommen und waren gerade erst dabei sich neu einzurichten.

Da fragte Nicholas sie auch schon, ob sie an einem kleinen Auftrag interessiert waren. Eine ihrer zwei Priesterinnen, Lyra, hatte die Idee sich hier dauerhaft im Ort niederzulassen und diese Kirche in ein offizielles Kloster auszubauen. Doch neben der Erlaubnis des Landesfürsten benötigten sie dafür noch einen Heimstein, um diesen Ort zu weihen. Daher bat er sie um die Bergung des alten Heimsteins aus ihrer alten Anlage „Gnade des Reinigenden Feuers“, welches kürzlich durch einen Angriff twyneddischer Horden zerstört wurde. Er war sich sicher, dass der Heimstein, der in den Sockel des Altars eingelassen worden war noch dort sein musste. Allerdings konnten sie sie derzeit nur in Form von Naturalien bezahlen. Zudem würde er auch darüber hinweg sehen, wenn sie in dem Kloster gefundene Dinge als weitere Bezahlung einsteckten. Lieber sehe er solche Fundsachen in den Händen treuer Anhänger der Kirgh, als in den Händen von Ungläubigen. Nachdem die Gruppe diesen Auftrag annahm, lud Nicholas sie zum gemeinsamen Essen ein und bot ihnen eine warme Unterkunft für die Nacht an. Später fragte Lazerus noch nach einem Chorbuch, welches er für seine priesterlichen Pflichten auf seinen kommenden Wanderungen benötigte. Freilich wurde ihm eines übergeben.

Am nächsten Morgen fanden sie sich auf dem kleinen Platz vor der Kirche ein. Dort stellte ihnen Nicholas Jonathan MacRathgar vor, der sie auf ihrer Reise begleiten sollte. Jonathan war stämmig und hochgewachsen mit braunem wallenden Haar, trug eine etwas abgeranzte Lederkluft, als auch ein gut gepflegtes Claymore. Seine Narben zeugten von lebenslanger Kampferfahrung. Schnell war allen klar, dass dieser Mann ein linientreuer Albai und womöglich fanatischer Anhänger der Kirgh war. Allerdings hatte der Verwalter noch eine zusätzliche Bitte an die Gruppe. Von einem anderen Reisenden hatte er vernommen, dass es in der Nähe der Klosteranlage im Dorf Methven eine neue Glaubensgemeinschaft mit dem Namen „Getreue des Anfangs“ gab. Womöglich handelte es sich bei ihnen um andere Überlebende des Angriffs. Daher sollten sie dort auf ihrem Rückweg einen Halt einlegen und sich umhören.

Vor ihnen lag nun ein Marsch von knapp fünfzig Kilometern. Doch auch wenn Jonathan diese Strecke innerhalb eines Tages zurücklegen wollte, überzeugte die Gruppe ihn davon eine Rast in der Nacht einzulegen. Als sie ihr Lager aufschlugen rekapitulierten sie ihr Wissen über ihr Ziel. Das Kloster „Gnade des Reinigenden Feuers“ war das größte im Norden gewesen. Aufgrund der niedrigen Motivation des albischen Adels ihre Residenzen direkt an der Grenze zum Feindesland zu errichten und der desaströsen wirtschaftlichen und finanziellen Lage dieses wilden Landstrichs wurden dort seit langer Zeit auch die Verteidigungsanlagen vernachlässigt. Die Kleriker des Klosters übernahmen darum schon vor Jahren die Betreuung der Flurstücke und Planung der Infrastrukturmaßnahmen dort, welches eigentlich die Aufgaben der Fürsten waren. Als neue ordnende Macht im Norden, sowie durch Gelder der Kirgh und die Spenden der Bewohner umliegender Ortschaften wurde das Kloster auf einer Anhöhe immer weiter ausgebaut und zu seinem Schutze sogar mit einem Ringwall umgeben. Wegen der Rodung des umliegenden Waldes konnten sich etwaige Eindringlinge auch nur sehr schwer bis gar nicht der Anlage nähern, ohne entdeckt zu werden.

Während der Nacht stand Lazerus auf und schlenderte in den Wald hinein, um sein Geschäft zu erledigen. Zur Reinigung nahm der Chaospriester dazu Seiten aus dem Chorbuch, welches ihm Nicholas gegeben hatte. Vor vielen Jahren war Lazerus ein richtiger Priester in einem Ylathortempel in der Nähe von Deorsted gewesen. Einem Finstermagier und ehemaligem Dunklen Meister gelang es sich in das Innere des Tempels zu schleichen und dort im Brunnenschacht ein Portal in eine finstere Welt zu öffnen. Aus diesem stürzten Dutzende von untoten Kreaturen heraus, die des Nachts über die Bewohner herfielen. Auch Lazerus wurde nicht verschont, denn die Untoten rissen ihn gewaltsam mit in den Brunnen und in ihre Welt. Etwas später schaffte es einer Gruppe mutiger Helden in den Tempel vorzudringen, die Untoten niederzustrecken und das Portal im Brunnen zu verschließen. Somit war Lazerus über Jahre hinweg in der fremdartigen Unterwelt gefangen, bis es ihm irgendwann gelang sich zu befreien und einen Weg zurück nach Ljosgard zu finden. Seit diesem Tage an war seine Ansicht vom Glauben an die Götter nie wieder derselbe.

Am Mittag des Folgetags erreichten sie schließlich ihr Ziel, den Rand der Anhöhe, auf der sich die Klosteranlage befand. Doch zuvor blieben sie am Waldrand stehen und beobachteten die Ruinen, um nicht in einen Hinterhalt von Twyneddin zu geraten. Nachdem sie keine Bewegungen erkannten beschlossen sie zur Sicherheit das Kloster entlang des Waldes zu umrunden. Dabei bemerkten sie zahlreiche Hufabdrücke von schwerer Reiterei, sowie unzählige Abdrücke von Fußtruppen, die die Wiesen so sehr in Mitleidenschaft gezogen hatten, sodass bis jetzt die Spuren im Gras noch nicht verschwunden waren. Zudem entdeckten sie noch tiefe Abdrücke, die auf Belagerungsgeräte und Fuhrwerke hindeuteten.

So wagten sie es in Richtung des Ringwalles zu marschieren. Als sie das zerstörte Torhaus durchquerten rief Romana lauthals nach Überlebenden. Wegen ihres überraschenden Rufes zogen allesamt sofort ihre Waffen. Doch es blieb ruhig. Lux machte seinem Ärger Luft, da solch eine Tat jeden Hinterhalt augenblicklich auf sie aufmerksam machen würde. Sie gingen dann weiter. Alle hölzernen Gebäude im Inneren des Ringwalls waren abgebrannt. Sie machten sich auf zum Haus des ehemaligen Verwalters. Aber als sie durch die aufgebrochene Türe blickten, sahen sie, dass auch dieses zerstört worden war. Die Reste des verbrannten Daches lagen mitsamt allen Zwischenböden als Trümmer im Erdgeschoss, sodass nur noch die bruchsteinerne Fassade stand.

Danach wandten sie sich dem Kirchengebäude zu. Die Torflügel der Eingangspforte existierten nicht mehr und als sie ins Innere blickten erkannten sie tausende Fliegen und ein ekliger Gestank von verwesendem Fleisch drang ihnen in die Nasen. Der Boden war gesäumt von verkohlten Leichen, das Dachgebälk war durch ein Feuer in den Innenraum gebrochen und die einstigen bunt verzierten Fensterscheiben waren durch ein gewaltiges Feuer zerborsten. Heilerin Romana wandte sich den Leichen zu und untersuchte sie. Sie schienen auch innerlich verbrannt zu sein, weswegen sie schlussfolgerte, dass die Menschen noch lebten, als das Feuer tobte. Für Lux war die Sache klar. Die Angreifer hatten die Bewohner in der Kirche eingepfercht und das Gebäude danach mitsamt der Menschen in Brand gesteckt. Sie begannen sich genauer in den Überresten umzusehen und nach Schätzen zu suchen. So fanden sie neben goldenem Altarschmuck auch noch Kelche, einen Anhänger, der eine Weizenähre zeigte und eine Monstranz, welche man während Prozessionen vor sich hertrug. Laut Lazerus ging von dieser Monstranz eine göttliche Aura aus. Als Romana und Jonathan kurz die Kirche verließen ging Lazerus zum Altar, denn er wollte unbedingt den Heimstein unbemerkt mit dem Zauber „Bannen von Götterwerk“ belegen. Allerdings erkannte er, dass irgendjemand bereits den Heimstein sorgfältig aus dem Sockel des Altars entfernt hatte. Sofort dachte er an die „Getreuen des Anfangs“.

Sie verließen das Gebäude und für den Chaospriester schien der Auftrag vorzeitig beendet worden zu sein. Seine Kameraden waren aber der Ansicht auf dem Rückweg noch einen Abstecher in Methven machen zu müssen, da auch sie zu der Überzeugung gelangten dort den Heimstein finden zu können. Doch was wäre, wenn auch die Überlebenden in Methven mithilfe des Steins ein neues Kloster errichten und einweihen wollten? In diesem Fall wäre Jonathan dafür ihnen ihn zu überlassen und den Mönchen dort von den Überlebenden in Goldmoor zu berichten. Auch dann wäre in seinen Augen der Auftrag ein Erfolg und würde nichts an ihrer Bezahlung ändern. Außerdem handelte es sich nur um einen kleinen Umweg von nur wenigen Stunden. Als sie fortgingen schwor Romana nach dem Auftrag hierher zurück zu kehren, um die Toten ordentlich zu bestatten.

Als die Sonne im Begriff war unterzugehen kamen sie in Methven an. Der Ort, welcher mitten in einer dicht bewaldeten Talsenke lag, war klein und nur etwa halb so groß wie Goldmoor. Das Versammlungshaus war hell mit Fackeln erleuchtet worden und von dort aus drang ein lauter und melodischer Sprechgesang. Lazerus kannte das Lied noch aus seiner Zeit im Ylathor-Kloster. Es war ein Lied für die Einweihung einer Kirche und ein Beweis dafür, dass die Bewohner über dem Heimstein verfügten. Doch eines kam ihm seltsam vor. Denn anstatt des Namens einer der albischen Götter tauchte im Refrain immerzu der Name Aed-Xan auf. Doch auch die Geschichte um den Namen kannte er nur zu gut (20). Aed-Xan war der Göttervater der Albai, welcher durch seine sechs Kinder, die heutigen albischen Götter, getötet wurde. Auch wenn es sich dabei um den Stammvater der Götter dieses Landes handelte, würde jeder treue Priester die Anbetung eines toten Gottes als Häresie bezeichnen. Allerdings gefiel Lazerus diese Vorstellung und hegte leichte Sympathien für diese Glaubensgemeinschaft.

Ortschaft Methven
Ortschaft Methven

Lazerus hatte einen Einfall. Sie alle sollten das Lied singend das Haus betreten und sich unter dem Vorwand, sie wären Anhänger Aed-Xans, dem Heimstein nähern und ihn in einem ungesehenen Moment entwenden. Gesagt, getan. Doch mit so vielen Menschen darin hatten sie nicht gerechnet. Auf einer niedrigen Empore auf der gegenüber liegenden Seite des Eingangs standen sieben Männer in Roben im Halbkreis um den gesuchten Heimstein und davor versammelte sich die gesamte Dorfgemeinschaft. Noch während des Singens des Liedes verhaspelte sich Romana kurz und sang den richtigen Liedtext, dies ging jedoch im Gesang der Menschen unter. Als der Gesang vorüber war erklärte Lazerus, dass sie sich ihrer Gemeinschaft anschließen wollten, da sie Auserwählte von Aed-Xan wären. Er näherte sich dem Stein und wollte diesen angeblich segnen, doch die Priesterschaft durchschaute sein Vorhaben und ließ ihn nicht näher heran treten. Wenn diese Reisenden tatsächlich Auserwählte wären, dann sollten sie dies mit ihren Taten unter Beweis stellen und das Dorf von den Kreaturen der Nacht befreien. Falls ihnen dies gelänge, dann würden sie den Heimstein nicht mehr zum Schutze des Dorfes gegen diese finsteren Wesen benötigen und ihnen diesen freiwillig überlassen. So willigten die Abenteurer ein.

Daraufhin verließen alle Dorfbewohner mit den Abenteurern das Haus und führten sie unter dem Schein von Dutzenden von Fackeln in den Wald hinein. Die Prozession stoppte erst, als sie ein Loch im Boden zu Fuße eines großen Berges erreichten. Unterwegs wurde ihnen erzählt, dass diese Kreaturen Nachts aktiv waren und sich dann ins Dorf schlichen, um Vieh und unvorsichtige Menschen raubten. Der geweihte Heimstein sollte die Dorfgemeinschaft daher schützen. Ihnen wurde nahegelegt auch einen Beweis für ihre Heldentat mitzubringen, denn andernfalls könnten sie ihnen unmöglich den Heimstein überlassen. Das Loch im Boden war ein eingestürzter Stollen eines alten Bergwerks. Was dort vor langer Zeit abgebaut worden war war nicht überliefert worden. Als die Gruppe eine heruntergelassene Strickleiter hinab kletterte und sogar Bobas Colli mitnahmen, stimmten die Menschen oben noch ein feierlich klingendes Lied zum Abschied ein. Lazerus Esel ließen sie bei aber ihnen zurück. Einer der Priester rief ihnen nach, dass sie immerzu auf dem Hauptpfad bleiben sollten und niemals von ihrem Weg abweichen dürften. Laut ihrem Kenntnisstand würde sich das Nest der Wesen in den tiefsten Tiefen befinden.

So gelangten sie in den Stollen (A) und von oben her hörten sie noch immer den andauernden Sprechgesang. Da der Weg hinter ihnen verschüttet war folgten sie dem Stollen in die andere Richtung. Wenige Schritte später kamen sie an einer Viererkreuzung an. Als sich Lazerus umhörte meinte er ein Klopfen unter sich aus dem festen Felsgestein zu hören (1). Sie schauten sich um und bemerkten einen schwachen Luftzug, der ihnen aus dem mittleren Weg entgegenkam und einen leicht süßlichen Geruch, der an Verwesung erinnerte, mit sich brachte. Als sie diesem folgten mahnte Lazerus an, dass er fortan an jeder Kreuzung ihren abgegangenen Weg mit Tusche markieren würde, damit sie sich nicht verliefen.

Dann gabelte sich der Stollen. Lux kniete sich nieder und schaute nach etwaigen Spuren. Dabei entdeckte er neben Schleifspuren auch menschliche Fußabdrücke, welche an Kratzern an den Wänden endeten. Konnten sich diese Wesen etwa auch mit Krallen an den Wänden fortbewegen? Romana hatte von so etwas schon einmal gehört und erzählte eine Geschichte, in der es um Menschen ging, welche unter Tage verschüttet wurden. Nachdem die Verschütteten tagelang keine Nahrung mehr zu sich genommen hatten verzweifelten sie und nährten sich anschließend von ihresgleichen. Aufgrund ihrer nicht zu entschuldigenden Tat wurden sie von ihren eigenen Göttern verflucht, sodass sie fortan als Schattenmenschen ihr Dasein fristen mussten. Diese Erzählung erinnerte Lux an Ghoule und Garste. Als sie den rechten Gang einschlugen ging ihnen der Gedanke durch den Kopf, ob man vielleicht die Monstranz gegen diese Wesen einsetzen könnte.

Oberer Teil - das alte Bergwerk
Oberer Teil - das alte Bergwerk

Ein paar Schritte weiter bemerkten sie einen steilen Schacht, welcher in einem Meter Höhe zur ihrer Linken nach oben führte (C). War dies etwa ein Abluftschacht gewesen, mit dem man zu früheren Zeiten für Frischluft hier im Untergrund sorgte? Ihre Untersuchung ergab aber, dass dort hinter wohl eher die Wohnräume der ehemaligen Bergarbeiter lagen, um schneller zu ihrer Arbeitsstätte zu gelangen (1).

Kurz darauf sahen sie einen zweiten Schacht dieser Art (D). Hier führten laut Lux auch einige Spuren nach oben. Vorsichtig versuchte er in den Schacht zu klettern, doch auf dem losen Geröll unter seinen Füßen konnte er keinen Halt finden und rutschte ab. Daher gab er sein Vorhaben auf. Um nicht plötzlich von hinten angegriffen zu werden verschloss Lazerus diesen Schacht mit Hilfe seines Zaubers „Eiswand“.

Der Stollen machte einen Linksknick (E) und genau dort führte auch eine grob aus dem Stein gehauene Treppe nach oben. Auch wenn diese Stufen ihr Interesse weckten, so folgten sie den Spuren auf dem Hauptpfad.

Der Gang endete in einem Raum mit einem tiefen Loch im Boden (F). Direkt über dem Loch waren an dem noch vorhandenen Deckengebälk Haken eingelassen. Das war wohl ein alter Aufzugschacht gewesen. Laut dem einem Priester aus dem Dorf Methven mussten sie in die Tiefe. Lux nahm eine entzündete Fackel und ließ sie herunterfallen. Er schätzte, dass es mindestens drei Stockwerke tief sein musste. Auch alle Schleifspuren und Abdrücke führten laut Bobas Einschätzungen in das Loch (20). So banden sie ein Seil an einem der Haken fest und ließen Boba samt seines Hundes nach unten hinab.

In etwa fünf Metern Tiefe sah Boba einen abzweigenden Seitengang. Doch dieser war eingestürzt. Er ließ sich einen Stock weiter runter, wo zwei andere Stollen abgingen. Einer dieser Gänge endete an einer hölzernen Türe. Jetzt kletterten auch Lux und Ramona am Seil herunter. Lux schwang sich in den einen Seitengang und öffnete die vorher von Boba entdeckte Türe. Dahinter offenbarte sich ihm ein Lagerraum, welcher angefüllt war mit alten Werkzeugen für den Bedarf der Bergmänner. Für seine Gefährten deckte er sich dort mit Laternen und Lampenöl ein. Derweil kam Ramona als erste am Grund des Schachtes an und wartete dort auf den Rest ihrer Gruppe, welche sich noch immer in den beiden darüber liegenden Stockwerken befanden.

Von hier an ging Heilerin Romana voraus. Vor ihnen führte ein abschüssiger unbefestigter und ungestützter Schacht weiter in den Berg hinein (H). Als Lazerus im Fackelschein ein Glitzern an der Wand bemerkte hielt er kurz inne, um es sich anzuschauen. Es waren kleine eisblaue Kristalle, welche an einem kupfernen Flöz aus der Wand herausragten. Einen brach er heraus ehedem er seinen Kameraden folgte. Der Stollen endete an der Seite eines weiteren groben Ganges. Da die Spuren nach links führten folgten sie ihnen auch.

Mittlerer Teil - natürliche Höhlen und Kaverne
Mittlerer Teil - natürliche Höhlen und Kaverne

Nach nur wenigen Schritten war auf der rechten Seite ein kleiner Durchbruch zu erkennen. Als sie hindurch spähten, erkannten sie dahinter eine steil nach unten führende Höhle mit riesigen Kristallen (I). Laut Lazerus Kenntnisstand handelte es sich bei diesen um natürlich entstandene Kristallstrukturen. Romana wand sich durch die Spalte und trat versehentlich auf die spiegelglatte Oberfläche eines umgestürzten Riesenkristalls. Sie rutschte nahezu unkontrolliert aus und schlitterte nach unten, konnte sich aber noch im letzten Augenblick am einem Felsen festhalten, ehe sie sich an den Spitzen der Kristalle weiter unten aufspießte. Dort bemerkte sie eisige Luft und ein unheimlich lautes Rauschen von irgendwoher hallen. Jetzt folgten ihr auch die anderen. Als sie schließlich zu Romana aufstießen entdeckte der Chaospriester unter einem der Monolithen einen engen kristallinen Schacht, welcher nahezu senkrecht in die Tiefe führte. Er überzeugte Lux erfolgreich davon sich von ihnen an einem Seil festgebunden in den Schacht herunter zu lassen. Teils musste sich Lux bei diesem Unterfangen an den mineralischen Spitzen vorsichtig vorbei winden, um sich nicht zu verletzen. Irgendwann endete der Schacht und er gelangte an einen Vorsprung, auf dem er sogar stehen konnte. Zwei Meter unter ihm war ein von Wasser überfluteter Gang, von dem aus in einigen Abständen kleine Wellen auf ihn zu schlugen. Da er alleine sicherlich kein solches Risiko eingehen wollte kletterte er wieder zu den anderen empor. Die Abenteurer wunderten sich aber, wo das ganze Wasser hier überhaupt herkam, doch Jonathan kannte die Antwort. Es konnte sich dabei nur um Grundwasser oder um einen unterirdisch verlaufenden Fluss handeln, denn immerhin hatte es in den letzten Tagen sehr viel geregnet. Sie rappelten sich auf und folgten weiterhin der Höhle. Die Luft wurde noch kälter und Raureif machte die ohnehin sehr glatten Oberflächen der am Boden liegenden Kristalle noch weitaus rutschiger. Dann kamen sie an einer Klippe an und blickten in die weit reichende Schwärze einer ausgedehnten Kaverne. Sie war so groß, dass selbst das Licht ihrer Fackeln und Laternen nicht ausreichte, um sie zur Gänze auszuleuchten.

Sie knoteten ihr letztes Seil an einem der Kristallsäulen fest und seilten sich ab (J). Boba beschloss aufgrund der Gefahr eines Absturzes seinen treuen Colli Mett oben an der Klippe zurück zu lassen. Das Klettern wurde ihnen durch die ihnen entgegenschlagende Gischt eines nahen Wasserfalls erschwert, doch irgendwann gelangten sie auf festen Boden an. Da hörten sie auch schon das andauernde ängstliche Wimmern Metts, den sie oben in der absoluten Finsternis alleine gelassen hatten. Lazerus hatte Mitleid und versuchte verzweifelt Boba zu überzeugen seinen Colli zu holen, doch dieser ließ nicht mit sich reden.

Am Fuße der Kaverne speiste ein eiskalter Wasserfall einen See, an dessen Ufern sie sich nun befanden (K). Da erspähten sie eine angefressene Leiche. Der Kleidung nach könnte diese eines der von den Kreaturen der Nacht entführten Dorfbewohner aus Methven sein. Den Spuren zufolge wurde dieser von der Klippe geworfen und danach hierher geschleift. Seine Wunden wiesen menschliche Gebissabdrücke auf und ein Teil seiner Knochen waren gänzlich abgenagt worden. Als sie sich umblickten meinte Lazerus aus den Augenwinkeln heraus kurz einen Schatten an einer der Wände zu sehen, der dann wieder in der Dunkelheit verschwand. Schnell wirkte er „Erkennen der Aura“ und wurde sich einer finsteren Aura bewusst. Doch kurz darauf war sie verschwunden. Was es auch immer gewesen war, es bewegte sich sehr schnell an der steinernen Wand entlang. Da sie sich nicht sicher waren, ob der Leichnam zu neuem Leben erwachen könnte, baten sie Jonathan sich um ihn zu kümmern. Er packte seine Handaxt, holte weit aus und köpfte die Leiche mit einem einzigen kräftigen Hieb. Nun änderte Boba seine Meinung und sorgte sich doch um seinen tierischen Begleiter, der immerzu jammerte und damit womöglich das Wesen auf sich aufmerksam machen könnte. Er ging zum Seil zurück und kletterte nach oben. Als er auf der Hälfte der Höhe angelangte hörte er ein Klacken und Kratzen rechts neben sich. Doch es war zu spät, um zu reagieren, denn schon wurde er am Seil hängend von einem nackten und haarlosen Menschen mit grauer Haut, weißen, großen Augen und langen Krallen angesprungen, welcher sich daraufhin an seinem Rücken festklammerte. Er verletzte ihn mit seinen messerscharfen Klauen an einem Auge und versuchte ihn in den Hals zu beißen. Boba konnte sich in dieser Situation nicht wehren und griff zu einer Verzweiflungstat in acht Metern Höhe. Er ließ das Seil los und versuchte einen Rückenplatscher auf dem etwas unter ihm hervorragenden Felsvorsprung zu landen, um seinen Angreifer zu zerquetschen. Er verfehlte bei seinem Vorhaben den Felsvorsprung, aber konnte zum Glück noch rechtzeitig das Seil wieder ergreifen. Das Wesen hatte nicht soviel Glück und fiel ganz nach unten, wo es unsanft auf dem Boden aufschlug. Doch obwohl es sichtlich verletzt war sprang es blitzschnell auf und griff sofort die nächststehende Person, Jonathan, an. Alle zogen ihre Waffen und stürzten sich auf diesen Feind, doch am Ende gelang es Lazerus das Wesen mit dem Wirken des Zaubers „Verletzen“ zu erlegen. Zu ihrem Erstaunen blutete das Wesen, weshalb es sich nicht um einen Ghoul handeln konnte. Während Lux den Colli holte und sich Romana um Bobas Verletzungen kümmerte, schnitt Lazerus den Bauch der Kreatur mit einem Messer auf, um es zu untersuchen. Es war ein Mensch, keine Frage! Wurden etwa die entführten Dorfbewohner durch irgendeine finstere Kraft in diese Wesenheiten verwandelt? Wäre es vielleicht auch nicht einfacher mit dem Kopf der Kreatur als Beweis nach Methven zurück zu kehren, um damit den Heimstein einzufordern? Damit hätten sie ihren Auftrag auf jeden Fall erfüllt. Doch was wäre, wenn es mehrere dieser Kreaturen gäbe und auch die Dorfbewohner davon wüssten? Würden sie dann von ihnen als Betrüger abgestempelt und verurteilt werden? Oder noch schlimmer: Was wäre wenn die „Getreuen des Anfangs“ hier absichtlich Menschen in die Höhle schickten, um die Kreaturen zu nähren oder sie in diese Kreaturen zu verwandeln? Er gab es auf darüber nachzudenken.

Von der Leiche aus folgten sie den Kratzspuren an der Wand, die diese Wesen mit ihren Krallen hinterlassen hatten. Sie führten sie zu einer hohen und ziemlich engen Spalte an der gegenüber liegenden Seite der Höhle. Andere Spuren wiederum folgten der Wand weiter zu einem überfluteten Tunnel in der Mitte des Sees (L). Da sie ungern einer nach dem anderen durch die Spalte gehen wollten und sich darin womöglich nicht einmal gegen einen Angriff wehren könnten, wirkte Lazerus eine horizontale „Eiswand“ am Ufer, welches sie als eine Art improvisiertes Floß verwenden konnten. Alle bestiegen das Floß und stießen sich ab, um die Mitte des Sees zu erreichen. Dort wurde ihr Floß von der hier herrschenden Strömung gepackt und in den überschwemmten Tunnel getrieben.

Zu Beginn war die Strömung nicht sonderlich stark. Aber irgendwann ragte vor ihnen ein großer Fels aus dem Wasser, der bei einer Kollision das Potenzial besaß ihr Floß zu zerstören. Ohne Ruder paddelten sie wild mit ihren Händen im Wasser und umfuhren somit diese Gefahr. Doch es wurde nicht besser. Die Strömung nahm zusehends zu und so trieben sie hilflos in unterirdische Stromschnellen hinein. Aufgrund des wilden Wankens des Eisfloßes konnten sich Lux und Jonathan nicht mehr auf ihren Füßen halten und stürzten von Bord in die eiskalten, reißenden Fluten. Nur mit Hilfe ihrer Kameraden konnten sie zurück auf das Floß gezogen werden.

Doch das Schicksal gab ihnen keine Zeit aufzuatmen, denn vor ihnen teilte sich der Strom (M). Da sie schnell erkannten, dass der linke Tunnel eine scharfe Kurve einschlug, die ihr Behelfsfloß unmöglich unbeschadet überstehen würde, falls sie dabei mit einer der Felswände kollidieren sollten, steuerten sie den rechten Tunnel an.

Die Geschwindigkeit des Wassers nahm abermals zu, als sie vor sich eine rauschende Gischt bemerkten (N). Ein Wasserfall! Eiligst löste Lazerus seinen Zauber und damit das Floß, auf dem sie sich befanden, auf, damit sie beim folgenden Sturz nicht auch noch von diesem erschlagen wurden. Unschön stürzten sie hinab in das Nass. Doch zu ihrem Erstaunen war der Wasserfall niedriger, als sie befürchteten. Völlig durchnässt, unterkühlt und erschöpft schleppten sie sich an das rettende Ufer und verschnauften kurz. Durch das ganze Wasser waren ihre Fackeln unbrauchbar geworden und nur noch eine einzige Laterne funktionierte. Zu ihrem Entsetzen fanden sich hier keine Spuren mehr, denen sie folgen konnten. Aus diesem Grund folgten sie fortan dem einzigen möglichen Weg, einem natürlich entstandenen Tunnel, der vielleicht einmal das alte Flussbett des unterirdischen Flusses gewesen war.

Nur etwas später führte links des Ganges eine grob aus dem Fels geschlagene, überaus steil aufragende Treppe in einem Schacht nach oben ab (O). Ihr Wunsch endlich wieder frische Luft atmen zu können gab ihnen die Kraft die geschätzten hundertfünfzig Höhenmeter zu erklimmen, auch wenn Boba zusätzlich seinen Hund tragen musste. An den Rändern des Schachtes fanden sich vereinzelt eingetrocknete Blutreste, Haarbüschel und Kratzspuren. Dann endlich wurde die Luft frischer und sie gelangten auf einem Felsplateau ins Freie und atmeten tief durch. Der Morgen war noch nicht herein gebrochen und durch die Wolken funkelten einige helle Sterne hindurch. Lazerus schaute in die Ferne und entdeckte weit entfernt die Lichter eines Dorfes. Das konnte nur Methven sein. Wegen ihrer Erlebnisse unter Tage misstrauten sie den dortigen Bewohnern immer mehr und unterstellten ihnen nun auch absichtlich unschuldige Menschen in diese Löcher geworfen zu haben, um diese Kreaturen der Nacht zu füttern und ihnen somit Opfergaben darzubieten. Womöglich wurden sie sogar von ihnen absichtlich gezüchtet. Daher unterbreitete ihnen Lazerus die Idee noch im Schutze dieser Nacht zurück ins Dorf zu schleichen, um den Heimstein aus dem Versammlungshaus zu entwenden, solange die Dorfbewohner noch am Höhleneingang warteten.

 

Ljosgard: Archibald, ein schwarzer und großgewachsener Kater, schlich durch das Grün des spätsommerlichen Waldes. Sein Zuhause hatte er schon vor langer Zeit hinter sich gelassen, um seine Abenteuerlust zu befriedigen und um die Welt kennenzulernen. Dann hörte er nahe des Waldrandes etwas in einem Gebüsch rascheln und seine Nase verriet ihm, dass es sich um eine große Echse handeln musste. Tatsächlich tauchte wenige Augenblicke danach ein kleiner Hausdrache auf, der scheinbar auf Futtersuche war. Interessiert blickten sich beide gegenseitig an, ehe sie sich annäherten und gegenseitig beschnupperten. „Endlich ein Spielkamerad!“, dachte der Drache erstaunt.

 

Ljosgard: Im geheimen Unterschlupf der Vesterness-Abordnung von Arcana, der Arkanen Ordnung, hatte ein Mann, der sich selbst nur Irmin nannte, die Mitglieder zu einer Versammlung eingeladen. Zu seinem Bedauern waren nicht einmal die Hälfte aller geladenen Mitglieder erschienen. Doch auf die Abwesenden konnte er hier und jetzt keine Rücksicht nehmen, da sein Anliegen von äußerster Dringlichkeit war. So erzählte er ihnen, was er heute Morgen aus den Sternen gelesen hatte. Jüngst wurden einige mächtige Siegel, welche vor Urzeiten von einer ihm unbekannten Macht im Nichts verborgen wurden, gebrochen. Er befürchtete nun, dass es sich bei diesen Siegeln um jene aus dem Buch Antagwen handelte, welches einst ein Alfar verfasst hatte. Bewahrheitete sich seine Befürchtung, so könnte dieses Ritual von der Mächtigkeit von Weltenmagie in den falschen Händen das Schicksal dieser Welt zum Ungunsten der gesamten Menschheit führen. Um genau solch eine Katastrophe, wie eine Wiederholung der vergangenen drei Kataklysmen, zu verhindern, wurden die Magiergilden nach dem Untergang des Valianischen Imperiums gegründet, aus deren höchsten Mitgliedern sich dieser Orden gebildet hatte. Die Teilnehmer waren sich einig in dieser Angelegenheit intervenieren zu müssen, denn Irmin hatte in seinen zweihundert Lebensjahren noch niemals falsch gelegen.